Er ist vielleicht weniger «sexy» als andere Bereiche der ICT, aber der Netzwerkmarkt gehört zu den schnellstwachsenden Segmenten der gesamten IT-Industrie. Gemäss IDC wächst der Netzwerkmarkt, insbesondere der Markt für Netzwerkinfrastruktur in Unternehmen (LAN-Switches), zeitweise weltweit bis doppelt so schnell wie der Server-, Storage oder Software-Markt.
Gleiches gilt auch für die Schweiz: Wenn auch der Netzwerkmarkt (ohne das Privatkundengeschäft) gemäss dem Schaffhauser Marktforschungsunternehmen
MSM Research mit 788,6 Mio. Franken in diesem Jahr bloss rund 5 Prozent der gesamten Ausgaben ausmacht, die Schweizer Unternehmen in die Informations- und Kommunikationstechnologien investieren werden, so verzeichnet er auch weit grössere Wachstumsraten als der Gesamtmarkt und die meisten Teilbereiche davon. Gemäss MSM Research wird der gesamte Netzwerkmarkt dieses Jahr um 4,9 Prozent zulegen, am meisten Zuwachs werden dabei die Bereiche W-Lan mit 9,9 Prozent Wachstum und Netzwerkmanagement-Software mit 10,9 Prozent erzielen. Mobile Netzwerktechnologien (Access Points und Gateways) machen am gesamten Netzwerkmarkt erst 5,6 Prozent aus, während rund ein Viertel (26,5 Prozent) auf Software für Netz- und Systemmanagement entfällt. Router und Bridges beanspruchen 16,2 und Hubs und Switches den Löwenanteil von 47,6 Prozent für sich.
Wachsende Ansprüche
Die grossen Treiber sind dabei einerseits Bedürfnisse, die in den Unternehmen selbst entstehen, und technologische Veränderungen. Der Netzwerkmarkt profitiert anwenderseitig von der steigenden Nachfrage nach Mobilität und ständiger Verfügbarkeit, einer steigenden Gerätezahl pro Nutzer, erhöhter Vernetzung von Unternehmen mit deren Aussenstellen, Lieferanten und Kunden oder bedingt durch Firmenübernahmen (Stichwort Bandbreiten-Management) und in diesem Zusammenhang die Entwicklung hin zu IP-basierten Anwendungen wie Videokonferenzen, Unified Communication und Kollaborations-Lösungen, erhöhten Sicherheitsanforderungen, auch infolge gesetzlicher Regulierungen. Nicht zu unterschätzen sein werden in Zukunft die Nachfrage nach Mietsoftware-Lösungen sowohl im Bereich der Unternehmens-Software (ERP) als auch auf IT-Seite, etwa für System-Management.
IP-Telefonie und die Folgen
Aus technischer Sicht treiben unter anderem das Verschmelzen von Netzwerk- und Speicherinfrastrukturen oder die Virtualisierung von Server, Clients und Netzwerken den Markt an. Immer stärker greift aber vor allem die Konvergenz von IT und Telefonie, nachdem die IT-Verantwortlichen sich nun seit Jahren auf die Sprach-Schiene vorbereitet haben. Es gibt also viel Nachholbedarf diesbezüglich, und viele Telefonie-Anlagen müssen endlich auf den neuesten Stand gebracht und in die IP-Welt migriert werden.
Doch nicht nur die Nachfrage nach Voice-over-IP-Lösungen beschleunigt den Markt, die Lösungen selbst ziehen weitere Investitionen in die Netzwerkinfrastruktur nach sich. Denn anders als etwa bei ERP-Applikationen, wo man eine Verzögerung von ein paar Sekunden noch hinnimmt, haben Nutzer von IP-Telefonie höhere Ansprüche. Weil das menschliche Ohr sogar Verzögerungen von nur 50 Millisekunden wahrnimmt, generiert jeder Franken, der für IP-Sprachanwendungen ausgegeben wird, weitere drei bis fünf Franken für die Infrastruktur.
IT-Hersteller gewinnen an Wichtigkeit
Aus diesen Voraussetzungen ergibt sich zwangsläufig, dass IT-Hersteller eine immer wichtigere Rolle im Kommunikations-Bereich übernehmen, insbesondere was Sprach- und Video-Technologien angeht. «Microsoft und die Telefonie-Anbieter werden unbehagliche Partner bleiben», hiess es letztes Jahr im IDC-Report «Worldwide Enterprise Networking 2007 Top 10 Predictions», und daran wird sich auch 2008 nichts ändern. Denn die enorme und weiterhin steigende Verbreitung von Microsoft Outlook macht es einerseits für klassische Telefoniehersteller wie beispielsweise Notel unumgänglich, mit Microsoft zu partnern. Andererseits wird Microsoft im Collaborations- und Kommunikationsbereich mit Anwendungs- und Infrastruktur-Software im Enterprise-Bereich eine immer wichtigere Rolle spielen.
Aber nicht nur
Microsoft, auch andere IT-Hersteller drängen immer stärker in den klassichen Netzwerkmarkt. Durch die Virtualisierungsbemühungen und die steigende Konvergenz von Netzwerken und Speichersystemen sind auch Unternehmen wie
Oracle,
IBM oder
EMC immer stärker ins Netzwerk-Geschäft eingebunden. Oder
HP: Der Hersteller der Procurve-Switches erfreut sich bei Unternehmen steigender Beliebtheit. So macht der Marktanteil von HP im Lan-Bereich mittlerweile in der Region Europa, Naher Osten und Afrika gemäss IDC zwischen 14 und 15 Prozent aus. Und während Marktführer
Cisco, der etwas mehr als die Hälfte der Verkäufe für sich verbuchen kann, nur noch etwa gleich schnell (14 bis 15 Prozent) wie der Markt wächst, legt HP übers Jahr gesehen (je nach Quartal) bis zu 20 und mehr Prozent zu. Leidtragende sind die klassischen Netzwerk-Grössen wie beispielsweise die drittplatzierte
3Com. Bei den Layer-3-Switches ist HPs Marktanteil mittlerweile fast dreimal so gross wie der von
Nortel, und von den modularen Switches (Chassis) verkauft HP mittlerweile fünf mal mehr als Nortel.
Schweizer Firmen geht es prima
Trotz sinkender Preise und Margen bleibt das Netzwerkgeschäft dementsprechend auch für Schweizer Dienstleister weiterhin interessant - und dies sowohl für die Cisco/Microsoft-Seite als auch für die klassischen Netzwerker wie zum Beispiel Nortel-Partner Burkhalter-Networks. Gemäss dem PR-Verantwortlichen Hans Legler hat Burkhalter Networks im letzten Jahr «die Umsatzzahlen stetig gesteigert und neue Mitarbeiter rekrutiert». Als grösste Treiber sieht Legler naturgemäss Voice over IP sowie Technologien wie Unified Commication (UC), Collaboration, Videokonferenzen etc. «Da diese Technologien übergreifend sind», sagt Legler, «und ohne Bandbreitenmanagement keine professionelle Voip- oder Videokonferenzlösung möglich ist.» Burkhalter Networks will denn auch in Zukunft auf UC, Unified Messaging sowie Drahtlos- und mobiles Computing setzen.
Der Cisco-Weg
Hört man sich im Cisco-Umfeld um, so kommen heitere Auskünfte zurück. So konnte der mehrfach preisgekrönte Cisco-Partner Netcloud, der übrigens am eben zu Ende gegangenen
Cisco Partner Summit in Honolulu, Hawaii mit dem europäischen Mobility Award ausgezeichnet wurde, im letzten Jahr den Umsatz um sage und schreibe 100 Prozent auf 26 Mio. Franken steigern. Gemäss Sales Manager Patrick Hempele ist die Steigerung vor allem auf Cisco-Hardware zurückzuführen. «Durch Zuwachs von Engineering-Experten konnten wir aber auch unser angestammtes Geschäft weiter ausbauen», sagt er. Netcloud hat sich in den letzten Jahren stark auf das Gesundheitswesen spezialisiert. «Wir verstehen die Bedürfnisse immer besser und sprechen die Sprache dieser Branche», sagt Hempele, der in weiteren Branchen die Vertikalisierung weiter ausbauen möchte. Netcloud beschäftigt derzeit 43 Mitarbeitende in Winterthur, Bern und Basel. Die Teams sollen in den Bereichen Sicherheit, Mobilität, Datacenter, Unified Communications und Netzwerkmanagement weiter ausbauen.
Der Multi-Hersteller-Weg
Während Netcloud ausschliesslich auf
Cisco setzt, wählte Econis, die letztes Jahr den IBM-Partner Systematics Soft Solution übernommen hatte und mittlerweile 63 Leute beschäftigt, auf eine Multi-Hersteller-Strategie. Econis verfügt mittlerweile ausser über Cisco-Zertifikate auch über Citrix-, Microsoft-, VMware-, Juniper- und IBM-Spezialisten. «Durch den Zusammenschluss wurde das Portfolio und die technischen Ressourcen zweckmässig ergänzt, um die Kunden in Infrastrukturthemen mit durchgängigen Leistungen zu unterstützen, sagt Marketingleiter Urs Rutschmann.«Diese Strategie hat merklich zur Verbesserung der Positionierung von Econis auf dem Markt beigetragen.
Rutschmann will in der näheren Zukunft auf Server-, Speicher- und Client-Virtualisierung setzen, unter anderem um Verfügbarkeitsbedürfnissen und Umweltschutzgedanken von Kunden entsprechen zu können. Erhöhte Nachfrage sieht Rutschmann auch für Unified Communication, Drahtlos- und Weitdistanznetz-Optimierung, Sicherheit, Mobile Computing und Notfallrechenzentren. «Zudem sind es weitere, über den Themenkreis Netzwerk hinausgehende Bereiche wie Managed Services, SAN, Storage, Client Server und Software on Demand, welche eine positive Entwicklung der Infrastruktur begünstigen», sagt Rutschmann.
Er sieht für Mietsoftware (Software-as-a-Service, Saas) grundsätzlich Potenzial in der Schweiz. «Gegenwärtig ist Saas aufgrund der Lizenzierungsmodelle aber noch nicht attraktiv genug für infrastrukturnahe Software. Das grosse Potential sehen wir bei den Applikationsanbietern, zum Beispiel ERP-Hersteller.» (Markus Häfliger)