Wenn der Geduldsfaden reisst

Sunrise-Geschäftskunden beklagen sich über den schlechten Kundendienst des Telcos. Wartezeiten von über einem Monat sind an der Tagesordnung.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2008/10

     

Nach Bekanntwerden der schlechten Zahlen von Sunrise im ersten Quartal 2008 platzte mehreren Geschäftskunden des Telekommunikationsanbieters der Kragen: «Kein Wunder, so wie Sunrise seine Firmenkunden behandelt», klagt der IT-Verantwortliche eines Zürcher KMU-Betriebes gegenüber IT Reseller. «So extrem, wie die Qualität dort nachgelassen hat, könnte ich mir vorstellen, dass noch der eine oder andere Kunde davonlaufen wird», fügt ein weiterer Betroffener hinzu.

Je nach Kunde sind Antwortzeiten auf E-Mail-Anfragen von einem bis gar zwei Monaten offenbar keine Seltenheit. Die Liste der Vorwürfe ist lang: Manchmal sei bloss der Anrufbeantworter zu erreichen und auf hinterlassene Nachrichten erfolge teilweise keine Reaktion. Längst gekündigte Dienste werden weiter verrechnet und bei Nichtbezahlen folgen Mahnungen. «Oft wird erst reagiert, wenn man sich an den Chef des Kundendienstes persönlich wendet», sagt ein Kunde.


Das Problem habe mit dem Konzern­umbau Anfang 2007 begonnen. Damals wurde Sunrise in die beiden Geschäftsbereiche Privat- und Geschäftskunden gegliedert. Ein betroffener Kunde will von einem Sunrise-Mitarbeitenden erfahren haben, dass der Kundendienst aufgrund von Entlassungen schlicht unterbesetzt sei und täglich mehr Anfragen ankommen würden, als bearbeitet werden können. Tatsächlich verringerte sich der Personalbestand des Anbieters von Anfang bis Ende 2007 um gut 200 Vollzeitstellen, «grösstenteils ohne Kundenkontakt» zwar, wie dem Geschäftsbericht des Mutterhauses TDC zu entnehmen ist.

Trendwende in Aussicht?

Dass die Probleme des Kundendienstes auf den Stellenabbau zurückzuführen sind, will Sunrise nicht gelten lassen: «Wir sind uns bewusst, dass wir unseren Geschäftskunden im vergangenen Jahr nicht den hochstehenden Service anbieten konnten, den sie zu Recht von uns erwarten», gibt Sun­rise-Sprecher Konrad Stokar auf Anfrage von IT Reseller zu. Sunrise habe die Kapazitäten im Kundendienst im vergangenen Jahr jedoch nicht abgebaut, sondern seit Mitte 2007 um 50 Prozent aufgestockt. «Seither konnte der Service-Level gesteigert und die Antwortzeiten verkürzt werden», so Stokar. Die Zahl der Geschäftskunden habe im letzten halben Jahr um 15 Prozent zugenommen. «Ich bin daher fest davon überzeugt, dass wir die Trendwende geschafft haben.»
Gebrodelt hat es in der Geschäftskundensparte offenbar schon länger: Per 20. Februar verliess deren Leiter Carl Wich das Unternehmen nach gerade mal einem Jahr Tätigkeit. Als Begründung wurden «unterschiedliche Auffassungen über die Umsetzung der Strategie» angeführt. Ein Indiz, worin diese unterschiedlichen Strategieauffassungen bestehen, liefert ein weiterer Abgang: Im April 2008 warf auch Paolo Carbotti, damaliger Head of Customer Relation, den Bettel hin. Zu seinen Beweggründen äusserte er sich auf Anfrage nicht.

IT Reseller meint:

Immer wieder weist Sunrise auf die übermächtige Marktposition von Swisscom hin. Tatsächlich hat der Ex-Monopolist seine Konkurrenten nach wie vor fest im Griff. Der Staat als Hauptaktionär hat wenig Interesse daran, Sunrise und Co. die Möglichkeit zu geben, als echte Konkurrenten aufzutreten. Doch manche Probleme von Sunrise sind hausgemacht: Nicht erst seit gestern ist bekannt, dass ein schlechter Support weit mehr Kunden vergrault als ein teures Produkt. Wenigstens dort, wo man das Heft in der Hand hält, sollte man seine Hausaufgaben machen. (Markus Gross)


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