Die Schnüffelaffäre um die deutsche Telekom zieht immer grössere Kreise. Erst bestätigte Hans-Jürgen Knoke, ehemaliger Sicherheitschef des Konzerns, in einem Interview mit Spiegel TV die Spitzelaktionen, die noch in der Ära von Vorstandschef Ron Sommer begonnen haben: "Der Vorstand hat Unzufriedenheit bekundet, dass permanent Interna in die Presse gelangen. Das ging klatsch, klatsch, klatsch, jeden Tag 'ne neue Meldung. Dann haben wir Massnahmen ergriffen. Wir haben observiert. Man steht an der Ecke und schaut." Dazumals seien aber noch keine Abhörmassnahmen getätig und keine Bewegungsprotokolle erstellt worden.
Daraufhin ging Vorstands-Chef René Obermann in die Offensive. Der "Bild am Sonntag" sagte er: "Ich habe von einem ersten Fall von Datenmissbrauch bei der Telekom im Sommer des vergangenen Jahres erfahren und danach nichts vertuscht, sondern die nötigen personellen und organisatorischen Konsequenzen gezogen." Obermann will die Verantwortlichen "ohne Ansehen von Rang und Person" zur Rechenschaft ziehen. Er betonte, Datenschutz sei für die Telekom und ihn persönlich ein zentrales Anliegen: "Ich kann unseren Kunden versichern: Ihre Daten sind bei der Telekom sicher. Daran ändert das Fehlverhalten einiger weniger schwarzer Schafe in der Vergangenheit nichts."
Derzeit ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den ehemaligen Telekom-Aufsichtsratschef Klaus Zumwinkel und Obermanns Vorgänger Kai-Uwe Ricke. Gemäss einem Bericht der "Süddeutsche Zeitung" gingen die Spähaktionen bei der Telekom weiter als vorerst angenommen: Nicht nur Telefonverbindungen von Journalisten und Aufsichtsräten sollen ausgespäht worden sein, sondern auch Bankdaten. Zudem sollen von einzelnen Personen auch Handy-Bewegungsprofile erstellt worden sein.
Indessen hat sich auch der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) zu den Vorkommnissen geäussert. Gegenüber der "Neuen Osnabrücker Zeitung" sparte BDK-Chef Klaus Jansen nicht mit Kritik gegenüber Innenminister Schäuble: "Es reicht nicht, sich nach den unfassbaren Vorgängen bei der Telekom zu Kaffee und Plätzchen zu verabreden. So wird der Branche signalisiert, dass alles halb so wild ist, obwohl strikte Vorgaben dringend erforderlich wären." Stattdessen müsse die Kontrolle der Wirtschaft durch Datenschützer massiv ausgebaut werden. (cdb)