Warren Buffett, der reichste Mann der Welt, weilte neulich in der Schweiz und verriet dort im Gespräch mit Professoren der Elite-Universität IMD seine Definition von Erfolg. Er meinte, dass er sich dabei auf die Worte einer guten Freundin stütze, welche als polnischstämmige Jüdin den Holocaust überlebt hat. Diese sagte einst zu ihm, dass sie sich schwer tue, Freundschaften zu schliessen, da sie sich immer frage: «Würden die mich in der Not verstecken?» Buffets Schlussfolgerung: Wer am Ende seiner Tage mehr Leute kennt, die ihn verstecken würden, war erfolgreich. Wer niemanden hat, ist ein Versager.
Das berufliche Leben ist geprägt von Hochs und Tiefs. Immer wieder kommt es vor, dass man Fehlentscheidungen trifft, auf die falschen Kunden oder Mitarbeiter setzt und sich dabei selber ins Abseits manövriert. Gerade in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten kann dies im Vertriebsumfeld die Konsequenz nach sich ziehen, dass man entlassen wird. Wer es verpasst hat, im Laufe der Jahre ein tragfähiges Netzwerk aufzubauen, trifft eine Kündigung umso härter. Denn jetzt würde es sich auszahlen, sich ab und zu an Kunden- und Sponsoringanlässen gezeigt zu haben und mit Kollegen, Geschäftspartnern und Kunden das informelle Gespräch gesucht zu haben.
Doch der eigene Fokus lag nicht in der Pflege von internen und externen Beziehung. Man war selbst so mit der Erfüllung des eigenen Auftrages beschäftigt, sodass für alles andere keine Zeit mehr blieb. Und genau das rächt sich nun bitter. Der Aufbau eines eigenen Netzwerkes ist wichtig und sichert einem das langfristige berufliche Überleben. Wer niemanden zu seinen Freunden zählen kann, wird auf die Dauer weniger erfolgreich sein. Das gilt besonders für einen so transparenten und überschaubaren Markt wie der IT-Branche.
Was gilt es zu beachten, wenn man sein bestehendes Beziehungsnetz pflegen und weiter ausbauen möchte?
Qualität vor Quantität
Jeder kennt sie: Die immer gleichen Gesichter an Networking-Partys, welche mit Cüpli und Chips bewaffnet jeden ansprechen. Solche Leute sind nicht nur lästig, meist haben sie mit ihrer Vorgehensweise auch keinen Erfolg. Viel empfehlenswerter ist es, sich pro Jahr höchstens sechs bis acht Anlässe auszusuchen, an denen man selber teilnehmen will und auf die man sich vorher auch entsprechend vorbereitet. Zu einer seriösen Vorbereitung gehört unter anderem die Durchsicht der Teilnehmerliste nach Personen, welche man unbedingt kennenlernen will. Durch entsprechend im Vorfeld des Anlasses gemachte Recherchen, zum Beispiel via Internet, kann man viel über eine Person in Erfahrung bringen. Das erleichtert einem dann auch die Kontaktaufnahme vor Ort.
Reference Selling
Ebenfalls effizient ist es, Termine mit Personen einzuplanen, die bereits zum Netzwerk gehören und ebenfalls am Event teilnehmen. Hat man mit der betreffenden Person ein konkretes Anliegen zu besprechen, umso besser. Wenn nicht, so ist es durchaus legitim darauf zu verweisen, die bestehende Beziehung wieder auffrischen zu wollen. Das Gute dabei: Aus solchen Treffen an öffentlichen Anlässen ergeben sich vielfach Kontakte zu anderen Personen, wird man doch vom eigenen Bekannten wiederum seinen Kollegen und Freunden vorgestellt. Was unter dem Begriff «Reference Selling» im Vertrieb längst üblich ist, nämlich die Referenzierung bei einem potentiellen Neukunden auf einen bestehenden, sollte man sich auch bei der Erweiterung seines Netzwerkes zu nutze machen.
Drum prüfe, wer sich bindet
Es gibt immer wieder Leute, die mit ihrem vermeintlich grossen Netzwerk prahlen und behaupten, alle wichtigen Entscheidungsträger im Markt zu kennen. Häufig sind ihre Kontakte aber nicht viel wert. Abgesehen davon ist es nicht empfehlenswert, jeden zu kennen und allen möglichst nahe zu stehen. Ein solches Verhalten kann gefährlich sein. Wer jeden ungefragt in sein Netzwerk hineinlässt, ist angreif- und verwundbar. Denn wer heute vielleicht noch der beste Geschäftsfreund ist, ist morgen unter Umständen der erbittertste Feind. Und so gelangen dann auf einmal pikante geschäftliche und private Details, die nicht nur verletzen, sondern Karrieren schädigen oder für immer ruinieren können, an die Öffentlichkeit.
Pflege des Netzwerks
Grosses Augenmerk aber sollte man auf die kontinuierliche Pflege und Intensivierung der bestehenden Kontakte richten. Dies erreicht man nicht von heute auf morgen, denn wirkliches Vertrauen aufzubauen dauert mitunter Jahre. Doch genau dies scheinen viele zu vergessen: Sie lassen nur etwas von sich hören, wenn man ihnen einen Gefallen tun soll, meinen sie doch, Netzwerke seien genau dazu da. Wer sich so verhält, ist berechnend und wird durchschaut. Langfristig können so Beziehungen kaum wachsen und werden irgendwann einmal im Sande verlaufen. Denn das Leben ist so wie der Verkauf ein stetes Geben und Nehmen. Das Gefühl ausgenutzt zu werden, ist für niemanden erbaulich. Menschen möchten nicht als Objekt, sondern als Individuum wahrgenommen werden. So spielt der eine leidenschaftlich Fussball, ein anderer ist begeisterter Hunde-Fan und der Dritte raucht am Abend mit Genuss eine edle Zigarre. Wer von den Vorlieben seiner Netzwerkkontakte weiss und sich im richtigen Moment daran erinnert, bringt damit dem anderen jene Wertschätzung entgegen, die im Berufsleben häufig zu kurz kommt. Wer es schafft, eine persönliche und vertrauensvolle Bindung zu seinen Netzwerkpartnern aufzubauen, wird auch keine Probleme haben, diese anzusprechen, wenn er sie einmal wirklich braucht.
Das nächste Mal
Obwohl allgemein angenommen wird, dass es in der IT-Branche gut läuft, zeichnet sich bereits eine Trendwende ab. Lesen Sie im nächsten Heft, was dies für Vertriebsmitarbeiter bedeutet und was Firmen tun müssen, wenn sie jetzt neue Verkäufer einstellen.
Der Autor
Markus Schefer (40) ist selbständiger Personalberater. Daneben ist der ausgebildete Primarlehrer Dozent für das Fach «Verkauf» an der Fachhochschule Nordwestschweiz in Basel. Er verfügt über langjährige Vertriebserfahrung im In- und Ausland, unter anderem bei
IBM und Reuters.
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