IT Reseller: Herr Amat, in der Jubiläumsausgabe von IT Reseller haben Sie gegen die Glasfaserstrategie der EWZ gewettert und demgegenüber die oft gescholtene Swisscom etwas in Schutz genommen. Wie waren die Reaktionen darauf?Ramon Amat: Einerseits hat mich ein Herr von den St. Galler Stadtwerken angerufen und sehr freundlich nach einem formellen Gesprächstermin gefragt. St. Gallen will ja ähnlich wie Zürich das städtische Glasfasernetz mit öffentlichen Geldern subventionieren, 78 Millionen sollen es sein. Andererseits hat mich der Asut, der Schweizerische Verband der Telekommunikation, zu einem Workshop über Fibre to the home eingeladen. Ich bin froh darüber, als kleiner ISP mit 25 Angestellten stärker wahrgenommen zu werden, denn wir können uns keine PR-Offensiven wie die grossen Players leisten.
In der aktuellen Glasfaser-Diskussion gibt es grob gesagt drei Positionen. Swisscom will ein eigenes Glasfasernetz bauen und anbieten. Grosse Anbieter wie Sunrise oder Orange wollen mit den Elektrizitätswerken kooperieren. Und die Cablecom baut ihr eigenes Netz aus. Wo stehen Sie?Wir stehen mittendrin. Wie schon gesagt, war und ist Swisscom für uns der einzige verlässliche Partner. Im Gegensatz zu den Elektrizitätswerken versteht eine Swisscom das Telco-Business. Sunrise und Orange haben keine nennenswerte Infrastruktur. Daher auch der Schulterschluss mit den Elektrizitätswerken, die vordergründig den Wettbewerb beleben möchten, aber tatsächlich ein neues Geschäftsfeld mit öffentlichen Geldern und Quersubventionen aus dem Elektrizitätsgeschäft eröffnen. Das alles unter der Flagge der Wettbewerbsbelebung, das ist absurd.
Aber das EWZ-Netz ist doch diskriminierungsfrei, sie können darauf genauso Dienstleistungen anbieten, wie andere ISP auch.
Theoretisch können wir das. Nur sind halt ganz viele Fragen offen und die Spiesse nicht gleich lang. Ich warte zum Beispiel seit einem Monat auf die Vertragsunterlagen einer EWZ, während die für Pilotprojekte verpflichtete
Orange mit den Dumping-Angeboten für Private uns bereits erste KMU-Kunden streitig macht. Mobiltelefonie-Provider können zudem die Preise drücken, indem sie quersubventionieren,
Sunrise hat das mit Free Internet schon vorgemacht. Dagegen haben wir preislich keine Chance.
Was sind ihre Pläne? Wie bringen Sie ihr Geschäft über die Runden?Ein Vertreter der EWZ hat mir gesagt, wir müssten halt unser Geschäftsmodell wechseln, wenn wir uns nicht mehr über die Einzigartigkeit unseres Netzes positionieren können. Vermutlich hat er da recht. Wettbewerbsbelebung hat offensichtlich viel mit Verdrängung zu tun. Nur womit können wir uns dann noch abheben? Als Callcenter und Planungsbüro für die Inhouse-Verkabelung? Als Marketing- und Verkaufsorganisation? Was wir brauchen ist ein Wholesale-Modell der EWs, wo Private und Firmen nicht durchmischt werden. Das ist meine grösste Sorge.
Das ist so im Wettbewerb, nur die Stärksten überleben.
Es ist aber kein richtiger Wettbewerb, weil die Infrastrukturen mit öffentlichen Geldern aufgebaut werden und von privaten Grossunternehmen zur Kundengewinnung genutzt werden. Wir haben dagegen aus eigener Kraft in unser Netz investiert.
Also beackert, gesät, geerntet. Das ist Marktwirtschaft. Aber darauf steuern wir im Moment mit den offenen Transportnetzen der EWs nicht zu.
Ist denn ein Infrastrukturwettbewerb überhaupt möglich und sinnvoll?
Momentan glaube ich, wird der Preis für Endkunden sinken; aber die Qualität auch. Zum jetzigen Zeitpunkt sind noch viele Fragen offen, die Entwicklung ist sehr dynamisch. Möglich, dass man Telekom-Infrastruktur im Endeffekt wieder regulieren muss. (Interview: Claudio De Boni)