«Stellenabbau!», «Rezessionsgefahr!», «Schlimmste Krise seit den 30er Jahren!» Mit solchen Negativschlagzeilen werden wir aktuell Tag für Tag bombardiert. Auch wenn sich der wirtschaftliche Abschwung momentan noch in Grenzen hält, schauen viele pessimistisch ins neue Jahr. «Viele Leute spüren eine diffuse Angst. Gleichzeitig sehen sie in ihrer unmittelbaren Umgebung aber noch wenig konkrete Alarmsignale.» So fasste Thomas Daum, Direktor des Arbeitgeberverbandes, im Sonntagsblick die Stimmungslage der Schweizerinnen und Schweizer treffend zusammen. Zum gleichen Ergebnis kommt auch eine vom US-Meinungsforschungsinstitut Gallup durchgeführte Studie, wonach 60% der Befragten davon ausgehen, dass es im Jahr 2009 in der Schweiz wirtschaftlich abwärtsgehen wird. Insbesondere die Angst um den Arbeitsplatz ist den letzten Monaten wieder stark gestiegen. So befürchten 75% der von Gallup befragten Personen, dass die Arbeitslosigkeit in der Schweiz 2009 wieder steigen wird.
Die zunehmend spürbare Verunsicherung hat mittlerweile auch die IT-Branche fest im Würgegriff. Nicht nur die Firmen sind nervös und verunsichert, sondern auch die Mitarbeiter. Verkäufer konnten ihre Jahresziele 2008 oft nicht erreichen und erkennen, dass auch das neue Jahr nicht besser sein wird. Viele befinden sich darum in einer Warteposition und hoffen, dass bei Umstrukturierungsmassnahmen nicht ihr eigener Job, sondern der des Kollegen abgebaut wird. Mag sein, dass die Strategie des Ausharrens im Einzelfall erfolgreich sein kann. Doch gleichzeitig kann dies dazu führen, dass man so interessante Opportunitäten an sich vorbeiziehen lässt. Wie also soll man sich als Vertriebsmitarbeiter in der aktuellen Marktlage am besten verhalten? Macht ein Stellenwechsel jetzt überhaupt Sinn und wenn ja, worauf gilt es nun besonders zu achten?
Mutig sein
Top-Verkäufer mit einem wirklich überragenden Leistungsausweis sollten sich von der negativen Stimmung nicht zu sehr anstecken lassen. Gerade in Zeiten von Veränderungen bieten sich ihnen nämlich auf dem Stellenmarkt nach wie vor interessante Chancen. Leider stelle ich aber fest, dass viele gute Verkäufer zur Zeit vor einem Job-Wechsel zurückschrecken. Denn die Angst vor Veränderung und dem damit verbundenen Risiko überwiegt bei vielen. Damit verspielt sich manch einer gute Möglichkeiten, die ihm von einem neuen Arbeitgeber geboten würden. Das ist sehr bedauerlich. Die Gewissheit, sich beim jetzigen Arbeitgeber einen «Stammplatz» erkämpft zu haben, gibt zwar Sicherheit, kann gleichzeitig aber auch zu einer gewissen Bequemlichkeit und Selbstgefälligkeit führen, was sehr gefährlich ist. Gerade wirklich talentierten Vertriebsmitarbeitern empfehle ich darum, auch jetzt Augen und Ohren offen zu halten und sich gegenüber interessanten Job-Opportunitäten nicht zu verschliessen.
Job wechseln
Was bedeutet die aktuelle Marktlage für die unterdurchschnittlich erfolgreichen Verkäufer? Diese sollten sich über die eigene Situation keinen Illusionen hingeben. Schon jetzt lässt sich feststellen, dass «Low Performer» nicht mehr durchgefüttert werden, sondern teilweise noch während der Probezeit wieder auf die Strasse gestellt werden. Waren Unternehmen vor einem Jahr manchmal noch froh, wenn sie einen halbwegs brauchbaren Vertriebsmitarbeiter rekrutieren konnten, können und wollen sich dies die Firmen heute nicht mehr leisten. Verkäufer, die nichts verkaufen, weil es ihnen an Engagement und Herzblut fehlt, werden die nächsten zwei bis drei Jahre mit Sicherheit nicht überleben. Für diese Vertriebsmitarbeiter macht darum ein erneuter Wechsel in eine Verkaufsfunktion bei einem anderen Arbeitgeber kaum Sinn. Denn auch hier werden sie sehr schnell mit den gleichen Problemen konfrontiert werden. Solche Mitarbeiter sollten sich überlegen, wo denn ihre wirklichen Stärken liegen und sich besser eine neue Herausforderung ausserhalb des Verkaufs suchen.
Firmenwahl
So oder so macht es zur Zeit sicherlich Sinn, einen Stellenwechsel sehr sorgfältig zu planen. Denn die Gefahr, über längere Zeit ohne Job dazustehen, wenn sich der neue Arbeitgeber als Flop entpuppt, ist heute natürlich wesentlich grösser denn je. Jenen, die sich momentan für einen Arbeitgeberwechsel interessieren, rate ich, sich die Firma vorher sehr genau anzuschauen. Zu einer genauen Prüfung gehört beispielsweise das Einholen von Referenzen bezüglich Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit. Zudem rate ich, Themen wie Job-Garantie und Entwicklungsperspektiven ins Zentrum der Überlegungen zu stellen und sich nicht primär von einem hohen Zielgehalt blenden zu lassen. Denn was nützt ein Top-Salär auf dem Papier, wenn es Teil der Unternehmenskultur ist, in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten Mitarbeiter gleich massenweise wieder auf die Strasse zu setzen?
Veränderungen sind für Menschen etwas Unangenehmes. Bedeuten sie doch, dass wir Bestehendes über den Haufen werfen und uns auf Neues einlassen müssen. Das macht Angst. Doch die sich abzeichnende rezessive Phase wird viele Firmen und Mitarbeiter dazu zwingen, einen Blick nach innen zu richten. Damit wird Bestehendes in Frage gestellt und durch Unbekanntes ersetzt werden. Ehrlichkeit mit sich selbst, ein gesundes Selbstvertrauen und die Zuversicht, dass eine gut gemeisterte Krise einen viel weiter- bringt als eingefahrene Denk- und Handlungsmuster, sind wohl die besten Ratgeber für die kommende Zeit. Treffend formulierte es der renommierte Wirtschaftsprofessor Dr. Fredmund Malik. Angesprochen auf die bevorstehenden wirtschaftlichen Veränderungen meinte er neulich in einem Interview mit der Weltwoche: «Die Raupe muss sterben, weil ein Schmetterling geboren werden will.»
Der Author
Markus Schefer (41) ist selbständiger Personal- und Unternehmensberater. Daneben ist der ausgebildete Primarlehrer Dozent für das Fach «Verkauf» an der Fachhochschule Nordwestschweiz in Basel. Er verfügt über langjährige Vertriebserfahrung im In- und Ausland, unter anderem bei
IBM und Reuters.
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markus@scheferpersonal.ch
Das nächste Mal
Die Zahl der Deutschen hat in den letzten Jahren auch in der IT-Industrie rasant zugenommen. Was sind gerade im Vertrieb die grössten Hürden, welche Arbeitgeber und Arbeitnehmer nehmen müssen, damit eine gute Integration klappt? Erfahren Sie es in der nächsten Ausgabe.