Die aktuelle, zweite Ausgabe des Channel-Forums der Marktforscher von Canalys hat zahlreichen namhaften Rednern ein Podium geboten. Zu Beginn sprach Canalys-CEO Steve Brazier naheliegenderweise über die Finanzkrise und deren Herausforderungen, die sie an IT-Unternehmen stellt. Er kam dabei zum Schluss, dass vor allem optimistische Unternehmen schnell der Krise zum Opfer fallen und bankrott gehen. Als Alternative schlug er Besonnenheit vor, vielleicht könne man ja den einen oder anderen Tag am Meer statt untätig im Büro verbringen. Trotzdem soll man realistisch und sparsam bleiben und sich das Ende der Krise nicht zu schnell herbeisehnen.
HP hielt ebenfalls eine Präsentation, die unsere Redaktion aufgrund des Nebels über München und der daraus resultierenden Flugverspätung allerdings nicht mitbekam. Wir haben jedoch im Nachhinein herausgefunden, was Tom Yeates, Director Partner Sales bei Solution Partners Organisation von
HP Emea, den europäischen Resellern verriet. Nämlich, dass nicht nur der Channel sondern auch die Hersteller ausserordentlich schnell sinkende Margen und Umsätze verzeichnen. HP sieht vor allem bei kleineren und mittleren Unternehmen noch Wachstumspotential und will deshalb schon bald ein neu abgestuftes Partnerprogramm vorstellen. Zusätzlich beobachte man den Trend in Richtung Virtualisierung. Insbesondere die Themen Managed Storage und Print Services sowie Saas und Hosting seien heiss.
Apple zugeknöpft, Acer optimistisch
Verpasst haben wir auch die Präsentation von
Apple, allerdings nicht wegen Nebels sondern wegen der Präferenz des Konzerns, sämtliche Auftritte möglichst geheimnisvoll zu gestalten: Die Presse musste draussen bleiben. Da in darauffolgenden inoffiziellen Tischgesprächen von Channel-Partnern nie der Name Apple fiel, kann man allerdings davon ausgehen, dass der Neuigkeitsgehalt minim war, was unsere Recherchen denn auch bestätigen: Mark Rogers, Senior Director Prosumer für die Emea-Region bei
Apple, redete vor allem von «Flaggschiffen». Dabei meinte er beispielsweise die Einführung von Apple als Standardzulieferer für den gesamten Axel Springer Verlag. Auch beim Vertrieb ging es nur um Flaggschiffe, namentlich um das Netzwerk an Apple-Läden, das man weiter ausbauen will. Doch auch der Apple Premium Reseller Channel soll erweitert werden. Zum Beispiel in Form von Outlets oder hochspezialisierten Vertriebskanälen.
Spannenderes wurde von Acer angekündigt. Der PC-Hersteller, der im letzten Jahr mit
Packard Bell, E-Machines und Gateway drei Hersteller geschluckt hat, stellte seine neue Marken- und Marketingstrategie vor. Gianpiero Morbello, Marketing & Branding Corporate Vice President bei
Acer, redete ebenfalls von schwierigen Zeiten. Acer wolle mit einer Mehrmarkenstrategie und einem gross angelegten Marketing gegen die Krise angehen. Deshalb wird man Sponsor der nächsten olympischen Winterspiele, die 2010 im kanadischen Vancouver stattfinden. Auch das Sponsoring von Ferrari sei eine Massnahme, um die Marke Acer emotional aufzuladen.
An der Mobile World, die in zwei Wochen ebenfalls in Barcelona stattfindet, wolle man zudem eine komplett neue Smartphone-Roadmap vorstellen. Gateway wolle man zudem im Emea-Raum zur neuen Businesslinie aufbauen, die nur indirekt über Partner vertrieben werden soll. Die Ankündigung dieser Neuerungen wurde von vielen anwesenden Systemintegratoren eher mit Skepsis aufgenommen. Des Öfteren hörte man die Einschätzung, dass man damit etwas umsetze, das schon lange geplant worden sei, aber nicht in die momentane wirtschaftliche Situation passe.
Google und ein verschlagenes Gesicht
Verhaltene Skepsis war auch beim Vortrag von
Google spürbar. Der amerikanische Konzern kündete selbstbewusst an, dass der Channel seinen Namen in naher Zukunft sehr oft hören würde, weil man Google Apps nun auch indirekt verkaufe und so direkt
Microsoft konkurrieren wolle.
Wirtschaftsjournalist Tim Harford, bekannt von der Financial Times, von BBC und von seinem Bucherfolg «The Undercover Economist», schloss die Veranstaltung mit einer Ansammlung witziger Anekdoten, die man unter dem Motto «Traue nie einem Ökonomen. Einem Journalisten aber auch nicht.» zusammenfassen könnte. Er sei der Meinung, dass die Krise noch lange nicht ausgestanden sei, auch wenn viele bereits wieder frohlocken. Dabei verglich er die momentane Situation mit einer Prügelei: Nur weil der Typ mit dem Schlagring jetzt aufgehört habe, auf das Gesicht einzuschlagen, sehe das Gesicht nicht schon wieder super aus. Oder anders ausgedrückt: «It’s not the end, but it’s gonna hurt.» (Claudio De Boni)