Disti Mtrix muss vor den Kadi

Der deutsche Sicherheits-Distributor Mtrix wird von den ehemaligen Schweizer Geschäftsführern wegen ausstehender Lohn-Forderungen verklagt. IT Vision muss Geld aus Untermietsvertrag abschreiben.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2009/09

     

Hohe Personalfluktuation kann vorkommen. Doch der Fall von Mtrix, dem Hamburger Distributor, der Fingerabdruck-Authentifizierungen zum Durchbruch verhelfen will, ist auffällig. Die Schweizer Niederlassung wurde anfangs 2008 gegründet und war eine Ein-Mann-Show, geleitet vom ehemaligen Infinigate-Verkaufsleiter Göran Lindholm. An der letztjährigen Orbit warb er noch zusammen mit Mtrix-CEO Malte Kahrs. Offenbar mit Erfolg: Ende Juni berichtete Lindholm von konkreten Schweizer Projekten mit 10’000 Benutzern. Drei Monate später wurde er ersetzt. Gegenüber IT Reseller wollte Lindholm seinen Abgang damals nicht kommentieren.


Sein Nachfolger wurde per Anfang Oktober Siegfried Isele, der zuletzt während zwei Jahren bei HP in der Beratung tätig war und schon vorher in der IT-Branche arbeitete. Er bezog ein Büro im Zürcher Technopark. Ein gutes halbes Jahr später versandte Isele eine Mitteilung, dass er per sofort nicht mehr für Mtrix tätig sei. Was war passiert?

Grobe Vorwürfe wegen Lohnzahlungen

Ein Anruf bei Mtrix-CEO Kahrs in Hamburg bringt Vorwürfe gegen Isele an den Tag. Kahrs spricht von Vertrauensmissbrauch, von Beschwerden seitens eines Händlers und deshalb von einer unumgänglichen ­sofortigen Auflösung des Arbeits­vertrages, ohne dabei Details nennen zu wollen. Isele selbst sagt, nachdem IT Reseller ihn mit den Vorwürfen aus Hamburg konfrontiert: «Die Zahlungsmoral von Mtrix ist katastrophal. Anfangs Februar war der Lohn vom Dezember noch fällig.»

Daraufhin habe er, wie im Vertrag geregelt, seine Stelle als Schweizer Geschäftsführer auf Ende Kalenderjahr gekündigt. In Deutschland habe man diese fristgerechte Kündigung wochenlang ignoriert und weiterhin nicht gezahlt. Als Isele darauf in einem Ultimatum androhte, seine Arbeit zu verweigern, flatterte umgehend die fristlose Kündigung herein. «Sie war gespickt von unhaltbaren Vorwürfen», sagt er.


Im Kontakt mit Lindholm erkannte Isele grosse Teile seiner eigenen Geschichte wieder. Lindholm, inzwischen bei Swisscom in der Sicherheits-Beratung tätig, will zu den Einzelheiten keine Stellung nehmen. Er bestätigt lediglich, dass er mit einem Anwalt Forderungen bei Mtrix geltend mache. Und dass er froh sei, jetzt bei einem guten Arbeitgeber angestellt zu sein. Isele wird sich nun durch denselben Anwalt rechtlich vertreten lassen: «Der hat sich bereits in die Materie eingearbeitet, das bietet sich an.» Auch andere vermissen noch Geld, wie Michael Tonin, Leiter Marketing und Vertrieb beim IT-Dienstleister IT Vision.

Produkte interessant, Disti nicht

Das Unternehmen IT Vision mit Hauptsitz in Basel hat sich mit der Zürcher Niederlassung im Technopark eingemietet und mit Mtrix Deutschland seit Dezember einen laufenden Untermietsvertrag. Zahlungen dafür seien nie eingegangen. Die Begründungen für die Nichtzahlungen seien dubios. So habe man ihm mitgeteilt, gar nie einen Mietvertrag abgeschlossen zu haben. Diese schriftliche Mitteilung trage aber absurderweise als Absender genau jene Büroadresse im Technopark.

Tonin spricht ungehalten über seinen Frust: «Wir werden dieses Geld wohl abschreiben müssen. Eine Betreibung in Deutschland wäre unglaublich aufwendig.» Mit IT Reseller spricht er darüber, weil er befürchtet, dass sich die Geschichte in der Schweiz wiederholen könnte, und er deshalb die Branche warnen möchte. «Eigentlich schade, dass es so kommen musste», fügt er an, «denn die Produkte, die Mtrix vertreibt sind für uns ausserordentlich interessant. Wir wollten eigentlich ins Geschäft einsteigen.» Daraus wird nun nichts.


Mtrix-CEO Kahrs hat versprochen, sich innert 18 Stunden, rechtzeitig auf Redaktionsschluss, zu den Vorwürfen gegen sein Unternehmen zu äussern. Das Versprechen blieb unerfüllt. Tatsache ist: Mtrix wird sich vor dem Friedensrichter verantworten müssen. Spätestens dann wird sich weisen, wessen Vorwürfe zutreffen. (Claudio De Boni)


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