Adobe möchte vor allem im KMU-Markt das Geschäft ausbauen – und das geht nur mit einer neuen Organisation des Vertriebskanals. «Channel Expansion» heisst das Stichwort für Hardy Köhler, seit Anfang 2009 als Director of Channels & Territory für den Vertrieb der Adobe-Lösungen im DACH-Raum zuständig.
«Als ich zu
Adobe stiess, habe ich zunächst die Stärken und Schwächen der Partnerorganisation untersucht und festgestellt, dass die rund 60 Partner, die wir direkt betreuen, darunter zwölf Autorisierte Lizenz-Center (ALC), einen sehr starken Fokus auf Fulfillment und Logistik haben und vor allem im Grosskundengeschäft aktiv sind. Was den Mittelstandsmarkt betrifft, waren wir dagegen eher dünn besetzt. Auf der anderen
Seite verkaufen zwischen 3500 und 5000 Reseller Adobe-Produkte an ihre Kunden – es gibt also sehr viele potentielle Partner, die wir noch gar nicht kennen und somit nicht erreichen.»
KMU-Kaufverhalten anders
Der KMU-Markt – Köhler legt die Definition breit an und spricht von Unternehmen mit 5 bis 10, aber auch mit 100 und mehr Mitarbeitern, «kurz: alles, was nicht in den Fortune 100 zu finden ist» – zeige auch ein ganz anderes Kaufverhalten als die Grosskunden, die klassischerweise Ausschreibungen an wenige bekannte Partner tätigen und für Information und Support auf ihre eigene IT-Abteilung setzen.
«Ein KMU ist meist auf die Hilfestellung eines Partners angewiesen, wenn es um Entscheidungen für Produkte und Technologien geht – und zwar nicht eines Fulfillment-Partners, sondern eines Trusted Advisors, der die Bedürfnisse des Unternehmens kennt, bei ihm vorbeigeht und ihm zeigt, was es mit den Produkten überhaupt anfangen kann. Viele KMU treffen gar keine Entscheidungen, ohne zuerst ihren Hauspartner zu konsultieren.»
Mit der bisherigen Beschränkung auf relativ wenige Fulfillment-orientierte Partner bleibe viel Potential auf der Strasse liegen: «Man grenzt Partner, die man eigentlich brauchen könnte, künstlich aus. Gerade in der Finanzkrise hat sich gezeigt, dass man ohne projektgenerierende Partner nicht punkten kann.»
City Tour zur Partner- und Kundengewinnung
Adobe hat deshalb letztes Jahr in Deutschland ein neues Modell lanciert, das sowohl zur Rekrutierung von Partnern als auch zur Akquise von Kunden dienen soll: «Die Acrobat City Tour ist ein zweistufiges Konzept. In der ersten Stufe laden Distributoren ihre Händler ein, um ihnen in zwei, drei Stunden zu zeigen, welche Lösungsansätze in einem Produkt wie Acrobat stecken.»
Laut Köhler steht Acrobat für viele Kunden und sogar manche Partner bloss für die PDF-Erstellung: «Die Wenigsten wissen, dass man damit viel mehr machen kann – digital signieren, Formulare verarbeiten, E-Mails archivieren, Workflows hinterlegen und so weiter.»
Dieses First-Level-Enablement sei aber nur der erste Schritt: «In der zweiten Stufe geben wir dem interessierten Reseller die Möglichkeit, seine Top-Kunden zu einer Informationsveranstaltung einzuladen. Wir bezahlen das Catering und stellen den Referenten. Im Vorfeld besprechen wir mit dem Reseller, was für Kunden mit welchem Lösungsbedarf er erwartet und passen die zwei- bis dreistündige Show entsprechend an.»
Keine Vorleistungen gefordert
Vor der City Tour muss der Reseller keine Zertifizierung absolvieren: «Wir wollen dem potentiellen Partner einfach zeigen, wie er Cross-Selling-Potential aufbauen und bei seinen bestehenden Kunden zusätzliche Geschäfte tätigen kann, wenn er
Adobe als Hersteller aufnimmt. Wir geben ihm das Rüstzeug, ohne Risiko und ohne Vorleistungen seine Kunden zu begeistern. Wenn er dann feststellt, dass unser Produktportfolio für seine Kunden passt, unterstützen wir ihn gerne weiter – wenn nicht, hat er uns immerhin kennengelernt.»
Einen neuen Hersteller ins Verkaufsprogramm aufzunehmen, koste üblicherweise viel Zeit und Geld, meint Köhler. Bei Adobe sei es etwas anders: «Es kostet nichts, man kann es einfach ausprobieren, ohne zuerst drei Mitarbeiter zu zertifizieren und sie dazu eine Woche für die Schulung abzustellen.»
Ab sofort auch in der Schweiz
Die Erfahrung aus Deutschland zeigt, dass das Konzept funktioniert. Geplant waren zunächst
50 City-Tour-Events – mittlerweile wurden über 100 durchgeführt. Und: «Ein Systemhaus hat bei seiner ersten City Tour direkt am Event 70’000 Euro Umsatz generiert.» Im April wurde das Programm dann auch in Österreich erfolgreich lanciert – den Start gab ein Tiroler Händler mit einem Event auf einer Alp, das mehrere hundert Teilnehmer anzog.
In der Schweiz startet
Adobe das City-Tour-Programm der ersten Stufe mit dem grössten Distributor Also, künftig sind aber auch Events mit anderen Distis wie
Tech Data vorgesehen. Mit der Verfügbarkeit der
Creative Suite 5 kommt zur Acrobat City Tour zudem die Creative City Tour hinzu. «Hier können wir die Catering-Kosten aufgrund des zu erwartenden Ansturms allerdings nicht übernehmen», hält Köhler fest.