Nach dem Urteil: MS bleibt bei Integration, äh, Innovation

6. April 2000

     

Die Veruteilung von Microsoft am Montag lässt viele vermuten, dass der Windows-Hersteller nun vorsichtiger werden könnte beim Integrieren neuer Features wie Viren-Firewalls, Instant Messaging oder Spracherkennung in seine Betriebssysteme – schliesslich war das Bundling von Internet Explorer und Windows der Anlass für den Prozess.

Microsoft-Sprecher allerdings machten bereits klar, dass man hier nicht stillhalten werde, sondern dass weiterhin "Innovation" zuvorderst stehe. Viele MS-Kenner setzen dies gleich mit "Integration" von Funktionen, für die dummerweise auch andere Herstellern Produkte entwickeln. Bill Gates hat ja z.B. erst im Dezember angekündigt, dass das kommende Windows ME Software für Videobearbeitung enthalten wird. Das dürfte Avid, Hersteller der Cinema-Software, kaum freuen, MS hat indes bereits erklärt, dass man daran festhalte. Ähnlich aggressiv ist die Firma bei Spracherkennung (Beteiligung an Lernaut & Hauspie/Dragon Systems) und Musiksoftware (Partnerschaft mit MusicMatch, Hersteller von Software zur Verwaltung digitaler Musik-Downloads wie MP3-Dateien).


Schwer zu widerlegen ist tatsächlich, dass viele Funktionen wie Virenschutz oder Spracherkennung vermutlich eben besser arbeiten, wenn sie ins System integriert sind. Und auch Richter Jackson hat ja anerkannt, dass die Integration des Browsers durch Microsoft und die zugehörigen Exklusivverträge mit OEMs den Konkurrenten Netscape nicht vom Markt ausgeschlossen haben bzw. legal waren.

Diesen Umstand will MS denn auch im anstehenden Appeal-Verfahren gehörig nutzen – zusammen mit einem Urteil von 1998, wonach es Gerichten nicht zustehe, sich in technologische Produktedesigns einzumische.

Gleichzeitig glauben allerdings manche Analysten etwa der Gartner Group auch, dass MS-Konkurrenten nun schneller gegen Microsoft klagen werden, wenn der Windows-Hersteller ihre Entwicklungen konkurrenziert. Vielleicht wird MS aber auch mit diesen Herstellern einfach enger kooperieren – und in Zukunft vermutlich generell vorsichtiger mit seinen Partnern und Industriekunden umgehen. (mvb)


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