COS macht ernst mit E-Business

Das Distributionsgeschäft stagnierte in der Schweiz, explodierte dagegen in Deutschland. Erneuter Kurswechsel im Bereich Systemintegration und Consulting.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2000/09

     

Mit erfrischender Offenheit berichteten der COS-Chef Kurt Früh und sein Finanzchef Thomas Bögli vom vergangenen Geschäftsjahr. Der Umsatz der Gesamtgruppe stieg von 520 Mio. auf über 750 Mio. Franken (+ 45%). Der Reingewinn konnte mit einer Steigerung von 34% auf 7,1 Mio. Franken nicht mit dem Umsatzwachstum mithalten. Der Grund dafür ist schnell erklärt, wurde doch der Mehrumsatz vor allem im margenschwachen Distributionsgeschäft in Deutschland erzielt.

Vom CHS-Zusammenbruch profitiert

Im Konzernbereich Distribution verlief die Entwicklung in Deutschland und der Schweiz völlig unterschiedlich. In der Schweiz stagnierte der Umsatz bei etwas über 100 Mio. Franken. Früh führt die Stagnation auf das Geschäft mit Bildschirmen zurück, wo der Technologie-Wechsel zu Flachbildschirmen nicht nachvollzogen werden konnte.
Offensichtlich gehörte der Distributionszweig von COS in der Schweiz letztes Jahr zu den Verlierern, betrachtet man das Umsatzwachstum bei C2 (siehe Seite 12), Ingram und Also.
Ganz anders verlief es in Deutschland. Die Tochterfirma P&T Computer GmbH steigerte den Umsatz um fast 65% auf 518 Mio. Franken. Zeitweise habe man mit zusätzlichem Lagerraum in Zelten improvisieren müssen, erzählt Früh. Offensichtlich profitierte COS vom Zusammenbruch der CHS-Distis (besonders Frank & Walter). Doch der Distributionschef von CHS, Ralf Paul relativiert. Man habe bereits vor dem Zusammenbruch von Frank & Walter stark expandiert. Der Aufschwung im deutschen Consumer- und KMU-Geschäft dürfte ebenso zum explosiven Wachstum beigetragen haben.
Interessant die Bemerkungen von Paul zur Margensituation in der Schweiz. Er erwartet einen anhaltenden Margendruck in der Schweiz, bis sich die Margen auf wenige Zehntel an das EU-Niveau angeglichen haben.

Ausstieg aus dem ERP-Geschäft

Man kann Kurt Früh und seiner Crew sicher nicht mangelnde Flexibilität vorwerfern. Im Systemgeschäft war auch 99 ein erneuter, radikaler Kurswechsel angesagt, nachdem man erst im November 98 das Finanzierungsgeschäft an einen Partner (Newcourt) ausgelagert hatte. «Das Bestreben, ganzheitliche Lösungen von der Beratung über die Evaluation und Beschaffung bis hin zur Installation und Integration anzubieten, erwies sich als unrealistisch», meint Kurt Früh. Früh: «Wir mussten die Erfahrung machen, dass Grösse und Statur der COS Consulting zu gering waren.» Die COS-Oberen reagierten rasch und verkauften die COS Consulting an den Luxemburger J.D.Edwards-Spezialisten WEB International Networks S.A. per Ende 99.

Fokussierung auf Midrange-Systemintegration

Die deutsche Tochter COS Coincat GmbH soll den Weg weisen. Letztes Jahr verdoppelte sich der Personalbestand fast und man konstatiert einen steigenden Bedarf nach NT- und Unix-Systemspezialisten. Entsprechend wird der Bereich Handel und Systemintegration zu einem Midrange-Systemintegrator umgepolt. Frühs Analyse: «Steigende Anforderungen an die Datensicherheit und Kommunikation führen zu einer zunehmenden Spezialisierung. Die grossen Hersteller geben ihr System-Know-how verstärkt an VARs weiter und die Kunden wollen sich solches Wissen nicht mehr selbst aneignen.» Das Ziel ist hochgesteckt: «Wir wollen bis in drei Jahren im deutschsprachigen Europa zu den fünf kompetentesten Systemintegratoren im Bereich Enterprise-Systems zählen.»
In der Schweiz wurde die übernommene Bürgi Informatik AG vom Broker- und Finanzierungspezialisten – unter «erwarteten Anfangsschwierigkeiten» – zum Systemintegrator umgebaut. In Österreich unternimmt COS mit einer Filiale in Feldkirch erste Schritte. Die COS Services AG wurde per 1.1.2000 in den Bereich Handel und Systemintegration eingegliedert. COS Services hat Know-how in Java und Broadvision aufgebaut und erste Projekte zusammen mit IBM bearbeitet.

Auctionline ist erst der Anfang

Wie es sich für jede börsenkotierte Firma gehört, hat auch COS grosse E-Business-Pläne. Allerdings sind diese alles andere als wolkig. Die Plattform für gebrauchte Computer und Peripherie Auctionline ist erst der Anfang. Im Q4/99 wurden pro Monat Transaktionen von ca. 80’000 bis 100’000 Franken erzielt, unterdessen sind es etwa 120’000 bis 150’000 Franken. Angepeilt werden mittelfristig acht bis zehn Mio. Franken pro Jahr. Der Webhandel mit gebrauchten Computern ist hochprofitabel. Früh spricht von Bruttomargen von ca. 30%. Doch vorläufig werden die erwirtschafteten Mittel sofort ins Marketing gesteckt.
Noch diesen Sommer soll auch das Brokergeschäft aufs Web verlagert werden. Unter www.brokerline werden die Broker, die gebrauchte Systeme in Afrika und Osteuropa gleich lastwagenweise absetzen, mit COS ihre Geschäfte tätigen. Dazu wird mit www.systemline das Geschäft mit gebrauchten Servern und Midrange/Mainframe-Systemen aufs Web verlagert.

Massives Wachstum angestrebt

COS will im Distributionsgeschäft bis ins Jahr 2002 in den wichtigsten europäischen Ländern einen Umsatz von 1,5 Mrd. Franken erzielen. Etwa ein Drittel des Wachstums soll durch Zukäufe erzielt werden. Doch Früh bleibt vorsichtig: «Wir werden die Fehler der Vergangenheit sicher nicht wiederholen.»
Im Bereich Systemintegration wird eine Verdoppelung des heutigen Umsatzes auf etwa 200 Mio. Franken angepeilt. Mit den drei Plattformen für den Handel mit gebrauchten Systemen soll mittelfristig ein Umsatz von 100 Mio. Franken herausschauen.
Bereits im Frühsommer 2000 sollen die nötigen Mittel – je nach Börsenstimmung – mit einer Kapitalerhöhung von nominal 15 Mio. Franken hereingeholt werden. (hc)

Partnerschaft mit Primustronix: COS wird E-Disti


«Wo wir hingehen, kommt Primustronix nach, wo Primustronix hingeht, ziehen wir nach.» So umschreibt Kurt Früh die Partnerschaft (mit Kreuzbeteiligung) von COS und dem deutschen E-Retailer und Metro-Tochter Primustronix. Das Konzept überzeugt, denn die Synergien sind offensichtlich. COS wird für Primustronix die Logistik übernehmen, während Primustronix Auctionline integriert und damit das Auktionsgeschäft von COS ankurbelt. Sowohl das klassische Distributionsgeschäft von COS wie auch der neue E-Business-Arm werden von der Partnerschaft massiv profitieren.


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