Wer die Fussball-EM mitverfolgt hat, kennt auch die TV-Spots von James, dem digitalen Butler. James, eine USB-Erweiterung für den PC, ist das erste Produkt des Zürcher Start-ups Starseed Enterprises. Mit James können via Telefon oder Internet Haustechnik und Haushaltsgeräte Sensor- oder Kamera-gesteuert kontrolliert werden.
Starseed, 1996 von Martin Heller (37) gegründet, fing als Webagentur an. Schon bald wusste man, dass eine Neuorientierung angesagt ist. Denn als man 1997 einen Auftrag von Colenco Systems, einer Tochter von Motor Columbus, für einen Prototypen eines Fernüberwachungs- und Kontrollsystems erhielt und diesen an der Ineltec und an der Orbit zeigte, war zunächst die Ernüchterung gross. Wie so vielen initiativen «Tüftlern» erging es auch den heutigen «Stars» von Starseed: Man klopfte bei
Siemens,
Philips und ABB für Kooperationen an, erhielt aber nur Absagen. Heller: «Die waren nur an unserem Wissen interessiert, keiner wollte uns wirklich unterstützen.»
So entschlossen sich 1998 die Jungs – damals war man noch zu zweit, heute beschäftigt Starseed 25 Leute – ihr Kind selbst zu verfeinern (alle Komponenten ausser der Kamera sind Eigenentwicklungen) und in den Markt zu drücken. Heller: «Vor zwei Jahren standen wir vor der Wahl, den Laden dicht zu machen oder das zu tun, was wir eigentlich wollten: wissenschaftliche Erkenntnis in vermarktbare Produkte umsetzen.» Man entschloss sich mutig für letzeres, nahm aber Projektaufträge, v.a. Datenbankanbindungen, dennoch gerne entgegen, denn damit wurde James bis diesen Sommer quersubventioniert. Mitlerweile hat Starseed neue Investoren gefunden, sowohl von privater wie von institutioneller Seite.
Professioneller Auftritt
Nachdem der digitale Butler erstmals an der Cebit gezeigt wurde, gelangte Starseed diesen Sommer, nach zwei Jahren Entwicklungsarbeit, ganz gross an die Öffentlichkeit. Mit einer breit angelegten Werbekampagne macht James nun auf Plakaten, Inseraten und in TV-Spots auf sich aufmerksam. Und obwohl die Kampagne – lanciert von der durch die Smart-Kampagne bekannte Star-Werberin Liliane Lerch – erst in der Teasing-Phase steckt, habe man bereits die ersten Aufträge im Haus.
Seit Anfang Juni wird James schweizweit gepusht und soll im September in den Retail gelangen. «Eigentlich hätten wir schon jetzt in den Läden sein können. Wir wollten aber nicht das Risiko eingehen, wegen eines Sommerloches wieder aus den Regalen zu verschwinden. Deshalb kommt James erst aufs Weihnachtsgeschäft, in die Läden”, erklärt Roger Zedi, VP Communications bei Starseed. Dannzumal wird James im Mediamarkt,
Interdiscount und bei Portable Shop (Digital Home) erhältlich sein, aber auch über grosse Distributoren (voraussichtlich Ingram Micro) vertrieben werden. Unter www.personaljames.com kann aber bereits jetzt online bestellt werden. James sei, so Zedi, für alle Personen gedacht, die einen PC besitzen. Damit klingt an, dass das Zielpublikum bei einer Generation von fortschrittlichen erfolgreichen Zeitgenossen zu suchen ist, die selten zu Hause sind und bestenfalls über einen Zweitwohnsitz verfügen.
Sternförmig in die ganze Welt
Hergestellt werden die einzelnen Komponenten (USB-Box, multifunktionaler Sensor, Stromleiste und der «Wavepod» für kabellose Verbindungen zwischen Box und Sensoren oder Geräten) mit Ausnahme der Kamera bei Lüdke, einem deutschen Assemblierer. Dieser übernimmt auch den Vertrieb für Retailkunden und alle Reparaturen. Der Einzelhandel erfolgt über eine Firma in Irland, die auch die Shop-Lösung von James geliefert hat. Im Office in Zürich hat Starseed ein eigenes kleines Call-Center eingerichtet, das auch Supportfragen beantwortet.
Im Herbst wird James dann in ganz Skandinavien, Frankreich, England und in den Benelux-Länder gelauncht; USA und Asien sind nächstes Jahr an der Reihe. Bis Ende Jahr will man einige Tausend der Blechbutler verkauft haben, nächstes Jahr sollen es einige Zehntausend sein. Grosse Ziele, die dem noch vergleichsweise kleinen Schweizer Unternehmen neben Bewunderung auch Neid eingebracht haben. Zu gönnen wäre den Jungs von Starseed der erhoffte Erfolg jedenfalls. (mh)
«Gestatten, James.»
James bietet (Passwortgeschützt und 128 bit-verschlüsselt) Zugriff via Internet oder Telefon auf Haustechnik und Geräte, kontaktiert den Anwender per E-Mail, SMS oder Voice-Nachricht, wenn z.B. ein Sensorwert überschritten wird oder der Bewegungsmelder eine Veränderung registriert.
Voraussetzungen: Windows 98, Internetanschluss. Ende Jahr wird James auch Windows 2000, Mac- und Bluetooth-fähig. Die Zeitung bügeln wird James allerdings auch dannzumal nicht.
Das Starter Kit für 890 Euro exkl. MWSt:
- Function Box: Ein USB-Hub, der die Verbindung zwischen den einzelnen Komponenten (Sensoren, Steckdosenleiste, Kameras) und dem PC herstellt.
- Funktauglicher Multisensor für Helligkeit, Bewegung und Temperatur.
- Kamera, via USB mit der Function Box oder direkt mit einer freien USB-Schnittstelle an einem USB-Hub verbunden.
Zubehör:
- Die Stromleiste ermöglicht es, elektrische Geräte ein- und auszuschalten.
- Wavepod für Funkverbindung von der Function Box zu Sensoren und Stromleisten.