Ende Juli kündigte die Spreitenbacher ERP-Schmiede Complet-e an, die Publikation des Halbjahresergenisses um einen Monat zu verschieben, um die Zeit zu einer grundsätzlichen «Lageanalyse» zu nutzen. «Finanz und Wirtschaft» (FuW) kommentierte, dass es «für den Verwaltungsrat...um nichts weniger als die Rettung der Complet-e vor dem Konkurs» gehe. Complet-e standen per Ende März noch 17,3 Mio. Franken an flüssigen Mitteln und kurzfristigen Finanzanlagen zur Verfügung, während der betriebliche Mittelabfluss 3,4 Mio. Franken für die ersten drei Monate 2000 betrug.
Neues Partnerkonzept
Nun versuchten die Spreitenbacher mit einem neuen Reseller-Konzept einen erneuten Anlauf, den Vertrieb ihrer ERP-Lösung für KMU zu forcieren. Dazu sollen die Produktlinien von Complet-e und der Partner der Tochter Mention Software in Deutschland und Österreich abgestimmt über gemeinsame Vertriebskanäle angeboten werden. In dewr Schweiz werden weiterhin nur die Spreitenbacher Produkte angeboten.
Das Konzept unterscheidet zwischen drei Partner-Kategorien: Complet-e Competence Center (CCC), Autorisierter Fachhändler (CAP) und Consulting Partner (CCP). Als CCC werden nun auch die ehemaligen Premium Partner und als CAP die ehemaligen Sales-Partner von Mention in die Pflicht genommen. Immerhin hat Complet-e die Übernahmesumme von Mention bar auf den Tisch geblättert, jetzt soll sich die Investition auch auszahlen. Im ersten Quartal erwirtschaftete Complet-e lediglich 0,7 Mio. Franken Umsatz. Zwar verschaffte man sich mit dem Mention-Deal rund 30 Vertriebspartner in Deutschland. Aber um die Einkünfte zu garantieren, konnte Comple-e bisher nicht genügend neue Partner gewinnen.
Entscheidend wird schliesslich, ob es Complet-e rechtzeitig gelingt, neben den «eingekauften» Partnern in Europa genügend VARs als Kunden zu gewinnen.
Der Countdown läuft
FuW hat indes die «Burn rate» für Complet-e errechnet. Dem Blatt zufolge wird Complet-e bis in 15 Monaten die Luft ausgehen, wenn nicht neues Kapital einfliesst. Unter «Burn Rate» versteht man den Zeitpunkt, in dem ein Unternehmen die Barreserven aufgebraucht (oder «verbrannt») hat, wenn es nicht gelingt, neues Kapital zu generieren. Und um das Vertrauen der Anleger wieder zu gewinnen, benötigt das Unternehmen dringend Einkünfte aus Produktverkäufen. Angesichts der permanent schlechten Presse dürfte es aber für VARs eine schier unüberwindbare Hürde bedeuten, Kunden für Produkte von Complet-e zu überzeugen.(mh)