Alle IBM-Server heissen nun «eServer», wobei das kleine e mit einem Kringel versehen ist, wie der in der Werbung immer wieder gern mehr oder weniger passend verwendete Klammeraffe: Achtung E-Business! Die neuen eServer werden, wie der Senior Vizepräsident der IBM Server Group Bill Zeitler sagte, alle bisherigen IBM Serverprodukte ersetzen.
Etwas weniger dramatisch ausgedrückt bedeutet das: eServer ist der neue Name für sämtliche bisherigen Serverprodukte von
IBM: Die mit Intel-Technik bestückten Server Netfinity und Numa-Q werden durch die eServer xSeries ersetzt.
Die Unix-Server RS/6000 weichen der pSeries. Die Business-Maschinen AS/400 werden zugunsten der eServer iSeries aus dem Programm fallen. Als eigentliche Neuschöpfung präsentierte IBM die eServer zSeries 900. Dahinter verbirgt sich der schon lange erwartete, bisher als G7 gehandelte Nachfolger der S/390-Mainframes.
Mainframe-Features in allen Maschinen
Um die Server den Anforderungen einer E-Business-Infrastruktur besser anzupassen werden alle eServer mit Angeboten und Features ausgeliefert, die von High- End-Servern und Mainframe-Systemen stammen:
Im Rahmen der «Capacity Upgrade on Demand» (CUoD)-Angebote kann zusätzliche
Server-Kapazität zugeschaltet werden. Vertikales CUoD erlaubt die Zuschaltung bereits eingebauter Prozessoren in einem System. Horizontales CUoD ermöglicht es, zusätzliche, vorinstallierte Server in Betrieb zu nehmen.
Die logische Partitionierung (LPAR) wurde ursprünglich für
IBM Mainframes entwickelt. LPAR ist vorerst in den Maschinen der z- und iSeries, in Zukunft auch für Server der p- und xSeries verfügbar.
Die «Availability Advantage»-Services stellen die Verfügbarkeit der Server, Anwendungen und Netzwerke auch in Phasen starken Wachstums, bei neuen Anforderungen oder im Fall von nicht vorhersagbaren Veränderungen sicher.
Hochverfügbarkeits-Clustering - ursprünglich ebenfalls für IBM Mainframes entwickelt – steht für die gesamte eServer Familie zur Verfügung.
Für zSeries, iSeries und pSeries sowie künftig auch für die xSeries, gibt es Remote I/O Support, selbstumschaltende, redundante und bei laufendem Betrieb auswechselbare Komponenten sowie die De-Allokation von Komponenten.
Offene Standards
Sämtliche eServer bieten Unterstützung für offene Standards wie Java, HTTP, HTML und Linux. Eine Sammlung von Werkzeugen ermöglicht die Entwicklung von skalierbaren e-Business-Anwendungen. Weltweit stehen zehn neue Linux-Center für die Entwicklung von IT-Umgebungen und die Durchführung von Betatests mit Linux-Anwendungen zur Verfügung.
Optional werden die eServer mit dem Websphere Application Server ausgeliefert, um ohne Plattformbeschränkungen E-Business-Lösungen zu entwickeln und zu verwalten. Zudem ermöglicht die «Websphere Everyplace Suite» für Server der pSeries E-Business-Anwendungen für mobile Endgeräte.
Bezahlen wie die Stromrechnung
Mit dem eServer zSeries wurde auch das neue, speziell auf diese Linie zugeschnittene Betriebssystem z/OS vorgestellt. Über virtuelle Server ermöglicht zOS (z steht für zero downtime), das Gesamtsystem bei laufendem Betrieb an neue Anforderungen anzupassen.
Der z900-Server und das Betriebssystem z/OS sind laut
IBM das Ergebnis von mehr als zwei Jahren Entwicklungsarbeit und Investitionen von rund einer Milliarde Dollar. Sie sind speziell für Netzwerke und Speichersysteme mit Hochgeschwindigkeitsleitungen ausgelegt.
Die eServer der z-Linie sollen im vierten Quartal 2000 ausgeliefert werden. Dabei wird auch ein neues Preismodell zum Tragen kommen: Der z900 ermöglicht die bedarfsbezogene Ermittlung der Kosten. Künftig sollen Kunden statt für die maximal mögliche Leistung wie bei der Stromrechnung nur noch für die tatsächlich genutzte Leistung bezahlen. Je nach Anwendung wird pro Anwender, pro Monat oder in Form einer einmaligen Zahlung abgerechnet.
Marketing-Antwort auf ein Marketing-Problem
Mit der neuen eServer-Serie möchte Big Blue seinen Kunden einerseits eine klarere Strategie präsentieren. Anderseits aber handelt es sich wohl auch um eine Kampfansage an den Rivalen Sun. Wie Gartner-Analyst Tom Bittman meint: «Die Ankündigung ist eine Marketing-Antwort auf ein Marketing-Problem.» Obwohl
IBM den grössten Marktanteil belegt, rechnet man alle Server-Betriebssysteme zusammen, liegt das Unternehmen bei den Unix-Servern hinter Sun und
Hewlett-Packard, bei den Intel-basierenden Serversystemen hinter Compaq und
Dell.
Mit der eServer-Strategie versucht IBM nun den Markt einmal mehr davon zu überzeugen, dass es beim e-Business für verschiedene Aufgaben verschiedene Systeme brauche – eine Botschaft, die sich klar gegen die Konkurrenz richtet. Doch Gartner vermutet, dass sich IBM auf ein gewagtes Spiel einlässt: Mit dem neuen Produktenamen geht der Bekanntheitsgrad der alten Bezeichnungen verloren und der Brand muss von Grund auf neu aufgebaut werden. Dafür wird IBM viel Geld und einen langen Atem brauchen.
Trotzdem bleibt es nach Meinung der Marktforscher fraglich, ob damit Marktanteile ausserhalb des angestammten Segments erobert werden könnten.
Ob die Marketing-Strategie von Big Blue greift, wird sich also erst weisen. Sicher ist, dass eine Werbekampagne der gröberen Sorte die Welt beglücken wird. Das kann ja heiter werden auf dem Servermarkt! (fis)