Adobe krempelt sein Reseller-Programm grundlegend um. Bis anhin fehlte bei
Adobe eine wirkliche Channel-Struktur, abgesehen von Distributoren und ALCs (Adobe Authorized License Center – also den Partnern für grosse Volumenlizenzen). Entsprechend steht Adobe vor der Herausforderung, seinen Wiederverkauf in Europa von Grund auf zu gestalten, und entschied sich dazu, beim neuen Programm, das ab dem 4. Oktober 2010 in Kraft treten wird, einige Dinge anders zu machen als die Konkurrenz. «Die ersten zwei Fragen, die wir uns gestellt haben, waren folgende: Wie bringen wir Struktur in
unser Wiederverkauf-Ökosystem, und wie können wir den Kompetenz-Level bei unseren Partnern steigern», erklärt Massimo Collu, Senior Director Channel Sales EMEA, im Gespräch mit Swiss IT Reseller. Ausserdem sei relativ früh definiert worden, dass Kompetenz und Commitment wichtiger sein sollen als der Umsatz, den ein Partner generiert.
Certified Reseller gesucht
«So haben wir uns entschlossen, die Reseller in vier Stufen zu strukturieren. Registrierte Reseller, Certified Reseller, Gold Reseller sowie ALCs – die neu Platinum Reseller heissen», erklärt Collu. Registrierter Reseller zu werden, ist dabei relativ einfach. Man muss sich als Wiederverkäufer lediglich bei
Adobe registrieren, der Zeitaufwand dafür liegt laut dem Softwarehaus bei zirka 15 Minuten. Adobes Ziel ist jedoch, in erster Linie zertifizierte Reseller zu haben. Collu: «Der Unterschied zwischen einem registrierten und einem zertifizierten Reseller ist wahrscheinlich der wichtigste Punkt des gesamten Programms.» Denn: Als Certfied Reseller bekommt man neu Zugang zu CLPs – dem kumulativen Lizenzprogramm von Adobe für Kunden ab einem Einkaufsvolumen von 25’000 Dollar. Bis anhin mussten Reseller diese Lizenzen von ALCs wie Bechtle, SoftwareOne, Insight oder PC-Ware – sprich von Konkurrenten – kaufen und liefen so Gefahr, dass ihnen der ALC den Kunden abjagt. «Nun aber öffnen wir CLPs für die Distribution. Das ist eine grosse Änderung in der Adobe-Welt», erklärt der in Zürich tätige Italiener Massimo Collu. Zusätzlich bekommt man als Certified Reseller Zugriff auf einen Pool, in dem Leads für Aufträge bis 100 Lizenzen gesammelt werden. Certified Reseller wird ein Partner, wenn er Online-Trainings absolviert. Diese Trainings beanspruchen rund sechs bis acht Stunden und beinhalten die Module Acrobat 1 und 2, Creative 1 und 2 sowie Licensing 1 und 2. Wenn mindestens eine Sales-Person und ein technischer Mitarbeiter das Training absolviert haben, wird ein Partner zertifiziert. Die Kosten dafür belaufen sich auf 490 Euro. «Mit diesem Training stellen wir sicher, dass beim Partner Adobe-Kompetenz vorhanden ist.»
Die neue Rolle der Distis
Der Gold-Reseller-Status schliesslich ist der erste Reseller-Level mit einer Umsatz-Komponente. «Gold Reseller sollen die Elite der Certified Reseller darstellen», erklärt Collu. «Gold Reseller werden eng mit
Adobe zusammenarbeiten. Dazu gehört, dass Business-Pläne gemeinsam abgestimmt werden und dass ein Account Manager von Adobe direkt mit den Resellern zusammenarbeitet und ihnen hilft, ihr Business zu planen.» Zudem bekommt man Zugriff auf den Enterprise-Lead-Pool mit Aufträgen mit mehr als 100 Lizenzen. Finanziell soll es aber keine Vorteile gegenüber dem Certified Reseller geben.
Bei der höchsten Reseller-Stufe, den ALCs, wird es kaum Änderungen geben – einzig dass sie zu Platinum Resellern umgetauft werden. «Unsere Platinum Reseller werden im Vergleich zu früher einige zusätzliche Vorteile erhalten. Aber grundsätzlich wird ihr Verhältnis auch in Zukunft mit Adobe direkt sein und sie werden im Gegensatz zu den übrigen Partnern ihre Volumenlizenzen direkt von Adobe beziehen», erklärt Collu.
Ändern wird mit dem neuen Programm auch die Rolle der Distributoren. In der Schweiz sind dies Tech Data, Ingram Micro und Also. Die Distributoren sollen zusammen mit Adobe das Reseller-Ökosystem kreieren, unterhalten und sich um das Training kümmern. «Die Distributoren sollen die lokalen Märkte entwickeln. Die Rabatte, die sie von Adobe erhalten, werden von den Aktivitäten der Distis abhängen und nicht von ihren Umsätzen», so Massimo Collu. «Sie sollen zu Value-Added-Distributoren werden. Der Umsatz hat dabei zweite Priorität.» Und weiter verspricht der Adobe-Mann, dass die Marketinggelder, die Distis und Platinum-Partner zur Verfügung gestellt werden, verdoppelt werden.
Initiative belohnen
Bleibt die Frage, warum Reseller nun plötzlich rausgehen und aktiv Adobe-Produkte verkaufen sollen. An dieser Stelle soll sich das neue Adobe-Programm wesentlich von anderen Programmen unterscheiden. Collu: «Wir werden Reseller dafür belohnen, wenn sie einen Verkauf initialisiert haben. Selbst wenn der eigentliche Verkauf dann über einen Drittpartner passiert.» Häufig sei es ja so, dass ein Reseller mit viel Aufwand einen CIO vom Kauf eines Produkts überzeugen kann, der eigentliche Einkauf dann aber nicht bei ebendiesem Reseller, sondern beim günstigsten Anbieter auf dem Markt erfolgt.
Adobe will nun die Aktivitäten messen, die zu einem Verkauf geführt haben, und diese Aktivitäten eines Händlers belohnen. Und Collu verspricht: «Diese Belohnung wird höher ausfallen als die Marge, die durch den Verkauf des eigentlichen Produkts erzielt wird.»
Konkret wird Adobe für Deals zwischen 25’000 und 50’000 Dollar 4 Prozent Kommission auszahlen, für Deals zwischen 50’000 und 100’000 Dollar sogar sieben Prozent. «Heute hat ein Reseller bei einem Deal zwischen 50’000 und 100’000 Dollar eine Marge von rund 3 Prozent. Diese Marge bleibt, aber für das Einleiten eines Deals vergeben wir 7 Prozent. Ein Reseller, der einen Deal nun einleitet und dann auch noch das Fulfillment übernimmt, kann so auf eine 10-Prozent-Marge kommen», so Collu. Gleichzeitig gibt er aber auch zu, dass heute die durchschnittliche Grösse eines Deals unter 50’000 Dollar liegt. «Wir haben das Programm extra so konzipiert, dass die Grösse eines Geschäfts nach oben gepusht wird. Die 50’000-Dollar-Grenze soll wie ein Magnet wirken.»
Entscheidend sei, dass Adobe den aktiven Verkauf von Produkten am Markt fördern will und Reseller sucht, die kompetent über die Produkte Auskunft geben und Willens sind, zum Kunden zu gehen und diese zu verkaufen. «Wer weiss, vielleicht entstehen so auch interessante Business-Modelle, indem ein Reseller vielleicht nur noch als Berater auftritt und am eigentlichen Fulfillment gar kein Interesse mehr hat.»
Zuerst müsse man jetzt aber Erfahrungen mit dem Programm sammeln. Es sei möglich, dass die Grenzen des Programms in Zukunft ein wenig verschoben werden. Collu verspricht jedoch, dass man bei Anpassungen sanft vorgehen wird. «Es gibt nichts, das den Reseller mehr verwirrt und verunsichert als ein Reseller-Programm, das monatlich ändert.»
(mw)