Noch läuft der Wettkampf um das zukünftig dominierende Betriebssystem für Smartphones weitgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit, denn der Markt ist momentan relativ unbedeutend. Zwölf Millionen Stück wurden 2000 weltweit verkauft, ein Klacks verglichen mit den 400 Millionen normalen Handys die im gleichen Jahr über den Tisch wanderten.
Aber der Markt hat grosses Potential, Marktforscher prophezeien ihm ein explosionsartiges Wachstum in den nächsten Jahren. IDC zum Beispiel schätzt, dass 2004 etwa 63 Millionen Smartphones und Kleinstcomputer verkauft werden, zu Preisen von 200 bis 500 Dollar. Kein Wunder dass da Begehrlichkeiten geweckt werden.
Die zukünftigen Smartphones werden Kreuzungen aus den heute noch weitgehend getrennten Produktkategorien Handy, PDA und (Kleinst)-PC sein. Aus diesen Ecken kommen denn auch die Hauptkonkurrenten, die gerne ihr Bertriebssystem als den zukünftigen Standard etablieren möchten.
Microsoft beteiligt sich mit «Stinger», einer abgespeckten Version von Windows CE 3.0, die grossen Handyhersteller
Nokia,
Ericsson,
Motorola und Matsushita haben das Konsortium Symbian als Joint Venture gegründet.
Palm könnte sich mit Palm-OS als eigenständiger Player versuchen, oder bei einer Zusammenarbeit mit Symbian das Zünglein an der Waage sein.
Stinger sticht Symbian
Bis vor kurzem galt Symbian noch als der sichere Sieger in diesem Konkurrenzkampf.
Microsoft hat aber aufgeholt und ein paar Verträge mit Herstellern an Land gezogen. Kürzlich wurde neu eine Partnerschaft mit Sendo bekannt gegeben. Der britische Hersteller hat Prototypen gezeigt und will sie im Herbst auf den Markt bringen.
Die Partner bei Symbian auf der anderen Seite scheinen sich nicht voll zu engagieren. So hat
Nokia zum Beispiel zusätzlich das Palm-OS lizenziert.
Siemens hat kürzlich für seine nächste Smartphone-Generation bei Symbian unterschrieben, aber arbeitet weiter auch mit einem eigenen System. Analysten zweifeln daher neuerdings am Erfolg von Symbian. «Allein die schiere Grösse und Marktmacht geben Microsoft eine Menge Möglichkeiten» meint zum Beispiel Nigel Deighton von der Gartner Group.
Seiner Ansicht nach sollten sich
Palm und Symbian verbünden, um eine Chance zu haben, Microsoft in diesem Markt klein zu halten. Ausserdem sollten sie jetzt möglichst umgehend zuverlässige Software abliefern.
Zwei Welten
Für Sari Baldauf, die Chefin von
Nokia Networks, treffen verschiedene Philosophien aufeinander. Auf der einen Seite sei die Softwarewelt, in der sich Standards im Wettstreit gegeneinander durchsetzen, auf der anderen die Telco-Welt, wo Standards gemeinsam verhandelt und festgesetzt werden.
Bei
Microsoft setzt man auch auf eine andere Strategie. Man hofft auf Grossaufträge der Netzwerkbetreiber. «Die Betreiber kaufen die Geräte, nicht die Kunden», sagt Dilip Mistry, Marketing Manager für Microsofts Mobilfunkbereich in Europa, und glaubt auch schon Reibungen zwischen Betreibern und grossen Herstellern ausgemacht zu haben.
Verträge mit MS besitzen denn auch Hersteller, die zumindest bisher zur zweiten Riege gehörten:
Samsung, Sendo und
Sagem. Um schnell in den Markt einzudringen, verzichtet MS sogar darauf, den eigenen Markennamen auf die Geräte zu schreiben. Auch einen gewichtigen technischen Unterschied zu Symbian gibt es: Symbian ist eine Einheitslösung für alle Gerätefunktionen, Stinger lässt sich auch auf die herkömmlichen und bewährten Handybetriebssysteme aufsetzen.
Dadurch könnten Hersteller relativ einfach auf Stinger umsteigen, falls es Probleme mit Symbian gibt.
Letztendlich könnte vieles davon abhängen, als was die Kunden diese Geräte betrachten werden. Als Handy mit noch mehr Zusatzfunktionen oder als PDA mit dem man auch telefonieren kann. (hjm)