«IT Group FIB»: Ungleiche Partner im gleichen Boot

Die Aargauer «IT Group FIB» will ein Netzwerk von Firmen mit unterschiedlichem Angebot, aber den gleichen Zielmärkten bilden. Ein spannendes Experiment.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2001/05

     

Die Co-Chefin der Aargauer PC Net AG, Maria Polheimer (Bild), sagt es schon lange: «Wir sind zu klein und mit PCs und Netzwerken wird man nicht mehr ewig Geld verdienen können.» Also versuchte sie, ähnlich gelagerte VARs zu übernehmen oder sich mit ihnen zusammenzuschliessen, um Kunden ein breiteres Angebot machen zu können.
Im September übernahm die PC Net AG den Europa 3000-Spezialisten Reich & Fischer – ein erster Schritt war getan.
Mit der im Februar aus der Taufe gehobenen «IT Group FIB « (Information Technology Group for Innovation in Business) gehen vier Firmen nun einen Schritt weiter. Man schliesst sich ohne finanzielle Verflechtung zu einem Netzwerk zusammen, das den Kunden von Marketing-Beratung über Webdesign bis zu Netzwerken und Schulung ein Komplettangebot machen kann.

Vom Netzwerk zu CRM

Die vier Partner sind ungleich gross und verkaufen ganz unterschiedliche Dienstleistungen und Produkte, bewegen sich aber zum Teil in den gleichen Märkten. Die «IT Group FIB» ist ein reiner Marketing-Auftritt gegen aussen, eine gemeinsame Firma unter diesem Namen gibt es aber nicht. Untereinander verkauft man gegenseitig die Leistungen des anderen und holt die Partner zu Projekten, die sich bei Kunden ergeben. Konkret sind folgende vier Firmen beteiligt:
PC Net AG, Dättwil: Netzwerkdesign, Client-Server-Umgebungen, Europa 3000, Webshops, Wartung, Body-Leasing, Multimedia

Kik AG, Baden: Werbung, Direct Marketing, PR, Webdesign


Thats it, Gebenstorf: PC-Schulung, Management-Training, Kurse

IT Strategy AG, Baden: CRM (Customer Relationship Management), Datenbank-Management und -Design.

«Vier Freunde müsst Ihr sein»

Der lockere Zusammenschluss sei aus Sympathie entstanden, erzählt der CRM- und Direct Marketing-Spezialist Anton Wagner (Bild). Man habe sich in der Gruppe eine «Schatten-Geschäftsleitung» und ein gemeinsames Leitbild gegeben, so Wagner. Ausser dem gemeinsamen Marketing, z.B. einem sehr aufwendigen gemeinsamen Prospekt und der Website (it-group.ch), gibt es keine fixen gemeinsamen Strukturen. Verkaufte Dienstleistungen werden strikte als Projekte behandelt, wobei immer eine der vier beteiligten Firmen die Federführung inne hat und die weiteren Partner nach Bedarf hinzu zieht.
Wagner bestätigt denn auch sofort, dass in einer solchen Konstellation auch Sprengstoff steckt. Immerhin sind die vier Firmen unterschiedlich gross und haben verschiedene Hintergründe. «Wir haben alle eine hohe Sozialkompetenz. Zur Zeit ist noch wenig gesetzt, so dass die vier Firmen Vertrauen fassen und sich langsam kennenlernen können,» so Wagner.
Übereinstimmend sagen sowohl Polheimer als auch Wagner, dass die Gruppe bei den Kunden vor allem auch Zusatzbedarf aufdecken kann. Durch das breite Know-how in der «IT Group FIB» (die Gruppe umfasst heute immerhin etwa 100 Mitarbeitende) könne man eben Bedürfnisse abdecken, denen die einzelnen Firmen niemals gerecht werden könnten, so Wagner.

Fehlt noch die Software-Entwicklung

Kaum ist die Zusammenarbeit der vier Firmen angelaufen, so hat man auch schon weitergehende Träume. «Uns fehlt noch Software-Entwicklung in der Gruppe,» meint Wagner. «Eine solche könnte Impulse hinein bringen und wir könnten die Software vertreiben.» Ob Software-Pläne nicht zu hoch gegriffen sind? Optimist Wagner findet das nicht: «Wir schauen uns bereits zwei Projekte an,» meint er.

Streit um den Namen

Der Start des Projekts stand aber unter einem unglücklichen Stern. Ursprünglich wollten die vier ihr Marketing-Bündnis nämlich schlicht unter dem Namen «IT Group» segeln lassen. Der Name stiess aber auf wenig Gegenliebe bei Urs Senn, der eben eine «IT Group GmbH» gegründet hatte, in der er seine Senn EDV Consulting mit weiteren Fachleuten zusammenschloss. Bis dann die Aargauer auf den Namen «IT Group» verzichteten, scheinen einige Mails ausgetauscht worden sein.
Pikant: Senn selbst war zu früheren Zeiten an der PC Net AG von Maria Polheimer beteiligt und wurde ursprünglich ebenfalls angefragt, ob er sich an einer IT-Firmengruppe beteiligen wolle. Unterdessen scheinen auch wieder Gespräche zwischen Senn und der PC Net AG über eine Zusammenarbeit zu laufen. Bis zum Redaktionsschluss waren allerdings noch keine Resultate bekannt. (hc)

Ein interessantes Experiment

Partnerschaften aller Art sind nichts neues in der IT-Branche. Fast jeder VAR unterhält sich ein Netzwerk von Beziehungen zu Firmen, die komplementäre Dienstleistungen anbieten. Die Aargauer «IT Group FIB» geht einen Schritt weiter, denn sie vermarktet diese Dienstleistungen gemeinsam.
«Ob es funktioniert?» Meistens scheitern solche Versuche ja daran, dass früher oder später Uneinigkeiten in der Verrechnung von Kosten und der Provisionierung von Erträgen auftrauchen. Anton Wagner wendet ein, die Leute der «IT Group FIB» hätten eben alle eine hohe Sozialkompetenz.
Genau diesen Punkt werden die vier Partner in der Zukunft beweisen müssen.
Christoph Hugenschmidt


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