Die Spatzen pfiffen es schon lange und von vielen Dächern: Karma verhandelte mit COS über eine Übernahme. Karma-Chef Patrick Matzinger hatte nie einen Hehl daraus gemacht, dass er seine Gruppe gerne an einen grösseren Konzern «anlehnen» würde.
Der Grund liegt in der bewegten Vergangenheit von Karma. Der paneuropäische Komponentendisti rettete sich im Dezember 99 aus den Trümmern des crashenden CHS-Konzerns in einem Handstreich. Unter der Führung von Patrick Matzinger kauften die Karma-Manager mit Hilfe eines Investors die Aktien der einzelnen Ländergesellschaften von einer Luxemburger Bank, wo sie von CHS als Sicherheit hinterlegt worden waren.
Die langen Verhandlungen mit COS haben nun zu einem Ergebnis geführt. COS übernimmt Personal, Kunden- und Lieferantenkontakte der Schweizer Karma Components GmbH und führt sie in die neue COS Computer Components AG über. Karma GmbH wird als Firma nicht mehr am Markt auftreten. Warum COS die Karma-Firma nicht kaufen wollte, ist nicht ganz klar. Kurt Früh meinte dazu, Karma habe eben noch Liegenschaften gehabt, die COS nicht wolle. Von Patrick Matzinger war dazu keine Stellungnahme zu erhalten.
Zu vermuten ist aber, dass Früh vermeiden wollte, mit irgendwelchen Karma/CHS-Altlasten konfrontiert zu werden. So waren die Besitzverhältnisse von Karma nach dem Matzinger’schen Handstreich lange Zeit umstritten und die deutsche Justiz wirft ehemaligen Karma-Managern schwere Steuer-Vergehen vor.
Früh baut paneuropäischen Komponenten-Riesen
COS übernimmt ebenfalls die zentrale Einkaufsorganisation von Karma mit ca. 20 Mitarbeitenden und bildet daraus die COS IP (International Purchasing) AG ebenfalls in Hünenberg. Patrick Matzinger wird COS Components und COS IP leiten. Mit COS IP sollen vor allem grosse Assemblierer beliefert werden, so Früh.
COS IP wird europaweit agieren und sich auf «schnell drehende» (Früh) Produkte wie HDs, Grafikkarten, Mainboards, CPUs und Memory-Module konzentrieren.
Ausserdem plant Früh ähnliche Deals mit den Karma-Aktivitäten in Portugal/Spanien und mit Karma Grossbritannien. Diese setzten letztes Jahr etwa 200 Mio. Franken mit ca. 112 Mitarbeitenden um.
Auf die Frage, ob COS noch weitere Karma-Niederlassungen übernehmen könnte, meint Kurt Früh lapidar: «Wenn einer will, schauen wir uns das an.»
Die künftige COS Components in Hünenberg setzte 2000 etwa 100 Mio. Franken im Komponentengeschäft um. Auf die Frage, ob sich COS mit den Karma-Aktivitäten nicht verzettele, verweist Früh auf die deutsche Tochter «S&S».
Diese Tochter des übernommenen Distis «P&T» ist ebenfalls auf Komponenten für Computer-Bauer spezialisiert und setzte letztes Jahr 200 Mio. DM mit Memory-Modulen und CPUs um. Mit Niederlassungen in den beiden grössten IT-Märkten in Europa, Deutschland und Grossbritannien, hat COS nun tatsächlich eine starke Position im Komponenten-Markt, wo schiere Grösse wichtig ist.
Drei-Bein-Strategie
Früh dementierte übrigens Gerüchte, wonach er plane, die COS-Distribution ganz von Baden-Dättwil nach Hünenberg zu verlagern. Zwar könnten einzelne Hersteller-Linien zwischen
COS Distribution und COS Components verschoben werden, doch COS-Distribution werde weiterhin von Baden aus den Markt für PCs und «Value»-Produkte beackern, so Früh.
Damit läuft die COS-Distribution in Zukunft auf drei Beinen. Ein grosser, paneuropäischer Komponenten-Teil mit Niederlassungen in Deutschland, der Schweiz, GB und der iberischen Halbinsel (weitere könnten dazu kommen). Dazu kommt der Distributionsarm mit der sehr starken Tochter in Deutschland (ehemals P&T, nun COS Distribution) und COS Distribution in Baden Dättwil sowie die Einkaufsorganisation COS IP für grosse Assemblierer.
Was mit der neugegründeten Notebook-Vertriebsfirma «Littlebit» passieren wird, konnte Patrick Matzinger noch nicht sagen. «Wir schauen uns diese Fragen jetzt alle an», so seine Antwort auf unsere Frage. (hc)
