Swiss IT Reseller: Herr Taraba, Rotronic hat sich entschieden, den IT-Bereich neu aufzustellen. Können Sie diesen Schritt etwas ausführen?
Michael Taraba: Während der letzten 20 Jahre hat sich Rotronic auf breiter Ebene mit dem Thema IT-Vertrieb befasst. Wir haben Hardware wie Notebooks, Monitore und Drucker aller möglichen Marken vertrieben und waren sogar als Assemblierer tätig. Jedoch haben wir im PC- und Peripherie-Vertrieb nie richtig Fuss gefasst, und vor allem kaum Geld damit verdient. Dieses Geschäft ist über den Broadline-Vertrieb sehr gut abgedeckt, und die meisten Hersteller sind in der Schweiz ohnehin eher überdistribuiert. Auf der anderen Seite betrieben wir mit unserem eigenen Import in den Bereichen Vernetzungstechnik- und EDV-Zubehör-Komponenten ein sehr erfolgreiches Geschäft. Jedoch haben wir in der Vergangenheit diese eher in einer Nische angesiedelten Produkte, die aber eine solide zweistellige Marge bringen, etwas vernachlässigt. Nun haben wir uns entschieden, uns wieder dedizierter und fokussierter um das Komponentengeschäft zu kümmern und mit unserer Kopie eines Broadline-Distributions-Modells aufzuhören.
Heisst das also, dass Produktlinien wie Notebooks und Monitore komplett aus dem Sortiment gestrichen werden?Nicht ganz. Wir werden solche Produkte auch künftig ab und an als sogenannte Spot-Geschäfte vertreiben. Dies deshalb, weil wir mit unserem Low-Interest-Sortiment, wie ich es nenne, also mit Computerzubehör und passiver Vernetzungstechnik, Schwierigkeiten haben, die Aufmerksamkeit der Kunden zu gewinnen. Ein neuer Drucker oder ein neuer Monitor generieren nun mal mehr Interesse als ein Patch-Kabel. Hier müssen wir die richtige Balance finden und ab und zu auch einmal einen attraktiven Posten mit ins Sortiment aufnehmen, um die nötige Aufmerksamkeit zu erhalten. Aber ein Lagersortiment mit solchen Produkten werden wir nicht mehr aufbauen.
Ist denn das Zubehör- und Komponentengeschäft wirklich so rentabel?Durchaus. Wir verfügen über das grösste Lagersortiment im Bereich EDV-Zubehör, und unsere Händler wissen das. Die Produkte an Lager zu halten und damit verfügbar zu haben, ist das wichtigste Kriterium – wichtiger noch als der Preis. Niemand möchte einen Server deshalb nicht installieren können, weil ein paar Anschlusskabel fehlen. Für diese Kabel bezahlt derjenige dann auch gerne 5 Franken, obwohl das Kabel auch für zwei Franken erhältlich wäre – jedoch nicht sofort.
Wie funktioniert das Komponentengeschäft bei Rotronic?Wir importieren rund 2000 Einzelprodukte von 120 Lieferanten, die wir nach unseren Spezifikationen fertigen lassen und mit unseren eigenen Marken Roline und Value versehen, direkt aus Fernost. Für die grossen Broadliner ist das kein Geschäft, weil es mit den ständig wechselnden Schnittstellen und Technologien und der Fülle der Produkte nicht einfach zu handhaben ist. Ausserdem fehlt ihnen logistisch die Kompetenz für diese Unmengen an kleinen Artikel. Hinzu kommt, dass wir die Verpackung dieser Produkte kundenspezifisch hier bei uns realisieren können. Retailer wie Media Markt oder Steg Computer, aber auch kleinere Händler, bedienen wir seit Jahren so erfolgreich.
Ein anderer Bereich, in dem Sie neu tätig sind, ist das Geschäft mit Intels Embedded Building Blocks. Können Sie das etwas ausführen?Embedded Building Blocks sind für Industrie-PCs konzipiert. Die Grundidee von Intel ist die, dass die Grundkonfiguration eines Chipsets über eine Lebensdauer von sieben Jahren unverändert angeboten wird. Damit kann sichergestellt werden, dass auch nach Jahren dieselbe PC-Konfiguration in Industrie-Maschinen verbaut werden kann.
Intel garantiert also, während sieben Jahren identischen Nachschub liefern zu können, wenn eine Komponente eines Industrie-PCs kaputt geht?Intel garantiert die Verfügbarkeit des Chipsatzes und arbeitet zudem mit Partnern, die wiederum die Verfügbarkeit weiterer Module wie des Motherboards garantieren. Wir waren früher schon mal im Bereich Industrie-PCs tätig. Damals hat das Geschäft aber daran gekrankt, dass es zu wenig standardisiert war und dass hunderte von Einzelkomponenten, die meist im Halbjahres-Rhythmus wieder geändert wurden, an Lager gehalten werden mussten. Die neue Intel-Initiative hat uns nun aber dazu bewogen, wieder in diesem Umfeld tätig zu werden.
Macht Rotronic dabei nur den Vertrieb?Rotronic bedient die Industriekunden mit diesen Rechnern im Rahmen von Projekten mehrheitlich direkt oder allenfalls über einen Systemintegrator. Der Kunde kann bei einem solchen Rechner aus verschiedenen Bausteinen wählen, und wir setzen diese Bausteine bei uns zusammen.
Also wird Rotronic wieder zum Assemblierer?Ja, jedoch in einem sehr speziellen Bereich, wo wir nicht im direkten Wettbewerb mit 20 anderen Assemblierern stehen. Zudem hält sich die Assemblierung stark in Grenzen, da man nur Module zusammenstecken muss, da es nur wenige Konfigurationen gibt.
Ein anderes Thema: Seit einigen Monaten vertreibt Rotronic Samsung-Fernseher. Was steckt hinter diesem Schritt?Zu diesem Geschäft ist es durch einen guten, persönlichen Kontakt von mir bei Samsung Schweiz gekommen. Ich war zwar skeptisch zu Beginn, da Rotronic und Fernseher eigentlich nicht zueinander passen und wir keine entsprechende Händlerstruktur haben. Denn man muss sehen, dass Händler-seitig Unterhaltungselektronik und IT im Moment noch weitestgehend getrennt sind. Wir bekamen von Samsung aber die Möglichkeit, Interfunk-Händler mit Samsung-Fernsehern exklusiv zu beliefern, und das mit einer garantierten Marge, was das Geschäft für uns kalkulierbar machte. Wir haben nun innerhalb von knapp drei Monaten für gut 3 Millionen Franken Samsung-Geräte verkauft, was nicht nur uns, sondern auch Samsung positiv überraschte.
Hegen sie sonst noch Pläne im UE-Bereich?Wir sind dabei, ein UE-Zubehörprogramm – analog unseres EDV-Zubehörprogramms – aufzubauen. Daneben prüfen wir, ob wir in Zukunft auch Samsung-Haushaltsgeräte ins Sortiment aufnehmen wollen. Samsung will diesen Bereich in der Schweiz forcieren, und ich habe mir gesagt: ‹Wer Fernseher kann, kann auch Waschmaschinen.› Zusätzliche Hersteller im UE-Bereich sind im Moment kein Thema, komplementäre Produkte für die Zukunft könnte ich mir aber durchaus vorstellen.
(mw)