Ab und an muss man sich ins Gedächtnis rufen, welch dominierende Stellung Taiwan und verstärkt auch das Festland-China bei der Hardware einnimmt. Ursache hierfür ist nicht zuletzt das hohe Ansehen, das Firmen, die sich mit High-tech befassen, in China geniessen. Dies führt allerdings auch zu Problemen.
Da jedes Unternehmen, das etwas auf sich hält, in diesem Markt vertreten sein will, findet bei jeder neuen technischen Entwicklung ein für europäische Verhältnisse kaum nachvollziehbarer Verdrängungswettbewerb statt.
Dies gilt auch für CD-R Rohlinge. Auf dem Höhepunkt dieser Auseinandersetzung gab es allein in Taiwan 70 Unternehmen, die Medien fertigten. Heute sind weniger als 20 übriggeblieben. Dem gnadenlosen Preiskampf waren kleine und mittlere Firmen nicht gewachsen. Es traf jedoch nicht nur heimische Anbieter.
Da die Unternehmen aus Fernost innerhalb von drei Jahren einen Marktanteil von 70 Prozent eroberten, mussten auch viele Hersteller in Europa und den USA, den traditionellen Käuferländern, schliessen. Die Billigstpreise, die dank staatlicher Förderung möglich waren, machten den Markt kaputt. Zum Jahreswechsel 2001 konnte kein Hersteller, weder im Osten noch im Westen, auch nur kostendeckend arbeiten.
Im Zuge des Preiskampfs wurden von den asiatischen Herstellern keine Lizenzgebühren mehr an die Patentinhaber
Philips,
Sony und Taiyo-Yuden abgeführt.
Lizenzgeber wehren sich
«Im Januar 2001 ging
Philips als Sprecher der Lizenzgeber dagegen vor», schildert Steven Harris, CEO der Xeo Corporation. «Es gab Druck seitens der europäischen Unternehmen, die wissen wollten, wer denn überhaupt Lizenzgebühren zahlt und Philips konnte darauf keine Antwort geben.»
Das seitens der taiwanesischen Fair Trade Commission, dem Kartellamt, Vorwürfe wegen Missbrauch einer Monopolstellung erhoben und Strafen von 14 Millionen Taiwan-Dollar ausgesprochen wurden, vereinfachte die Verhandlungen in Taipai nicht gerade. Zunächst wurde Ritek, dem weltgrössten Produzenten von optischen Speichermedien, und kurz darauf CMC, der Nummer zwei im Markt, die Lizenz zur Fertigung von CD-Rs entzogen. Dieses Schicksal traf in der Folge fast alle Hersteller in Taiwan.
Auch wenn immer wieder Gerüchte von erfolgreichen Verhandlungen zum Thema Lizenzen gestreut werden, ist hier noch kein Ende in Sicht. «Wer auf den Philips-Seiten nachsieht, wird derzeit lediglich zwei unbedeutende taiwanesische Unternehmen finden, die noch nicht verbannt worden sind», sagte dazu ein holländischer Fabrikant.
Philips sei zudem im Vorteil, da am 14. Mai die Frist zur Stellungnahme zu dem0 vor der EU erhobenen Vorwurf des Preisdumpings abgelaufen ist. «Hier finden jetzt Gespräche aller beteiligten Parteien mit den Emissären aus Brüssel statt und vielleicht fällt schon im Juni ein vorläufiges Urteil gegen die asiatischen Produzenten», schätzt der Fabrikant die Situation ein.
Dies würde die Unternehmen weiter in die Defensive drängen, da es mit empfindlichen Strafen und Auflagen verbunden wäre.
Dass es so wie bisher nicht weitergehen kann, scheint man auch in China erkannt zu haben. In seltener Einmütigkeit sind die Preise seit der Cebit angezogen. Lagen sie damals noch um 18 US Cent pro Rohling für Spindelware, werden derzeit ungefähr 24 Cent gezahlt. «Memorex und
Verbatim haben diesen Trend in den letzten Wochen schon vollzogen und andere werden dem Preistrend der beiden grossen Brands folgen.
Diesmal wird niemand den Trend zu angemessenen Preisen unterlaufen. Es kann es sich einfach niemand mehr leisten», erklärt Gerben Borsje, Commercial Direktor bei Mmore International, die Situation.
25 bis 50% Preisaufschlag in Sicht
Was Trend und Grössenordnung der Preisentwicklung angeht, stimmen alle Betroffenen der kürzlich veröffentlichten Hochrechnung der amerikanischen Marktforscher von IDC zu. Kurzfristig 25 Prozent, bis zum nächsten Frühjahr auch 50 Prozent mehr, lautet die gemeinsame Einschätzung.
Hier kommen mehrere kleine Aufschläge zusammen. So rechnet man mit einer Einigung zwischen der Industrie und
Philips in Höhe von 3,5 bis 4,5 Cent pro Rohling für Lizenzgebühren. Noch einmal 2,5 Cent sind dann für die beiden anderen Patentinhaber fällig. Das alleine würde den aktuellen Preis schon auf 30 Cent treiben. Hinzu kommt noch die Angleichung an die realen Produktionskosten sowie eine Sicherheitsspanne für die Strafzölle der EU im Falle des bestätigten Dumpingvorwurfs. Damit sind die von IDC prognostizierten 35 Cent erreicht.
«Mmore zielt verstärkt auf den High-Quality Markt», gibt Gerben Borsje die eigene Richtung vor und auch bei Xeo setzt man auf A-Ware. «Wir konnten nur mit hochwertigen Produkten gegen die Wegwerfware aus Fernost bestehen und wir werden auch weiterhin auf technische
Spitzenprodukte setzen», sagte Steven Harris. Diese beiden Stimmen beschreiben eine generelle Stimmung im Lager der europäischen CD-R-Hersteller.
Die Zeiten, in denen B- oder C-Ware über den Preis in den Markt gedrückt wurde, sind fast vorbei. Die Fixkosten der CD-Herstellung sind zu hoch geworden, als dass der Verbraucher auch in Zukunft klaglos einen neuen Rohling nimmt, wenn es beim Brennen happert. Aber Qualität hatte schon immer ihren Preis und so werden wohl auch hier noch ein paar Prozentpünktchen Aufschlag lauern.
(Thomas Mironiuk)