Microsofts Lizenzierungsprogramme sind für Aussenstehende fast so kompliziert wie die urbritischen Cricketregeln für Nicht-Spieler. Es wimmelt von kryptischen Microsoft-typischen Drei-Buchstaben-Abkürzungen wie VUP, PUP, CUP, LUP u.s.w. und fein abgestuften Bezugsmöglichkeiten. Diesem Wildwuchs will
Microsoft nun einen Riegel schieben und präsentiert «Licensing Version 6». Das neue Lizenzierungsmodell wird ab 1.10.2001 in Kraft gesetzt
n Open Subscription: Mietmodell, 3-jährlich, inkl. Support, 10 bis 500 PCs.
n Open 6.0: Kaufmodell. Nutzungsrecht 2 Jahre. Ab 5 Lizenzen (ca. 2 PCs). Rabatte produkteübergreifend und mit Punktsystem.
n Select 6.0: Kaufmodell. Nutzungsrecht 3 Jahre verlängerbar. Produkteübergreifend. Vorauseilender Rabatt mit Punktesystem und jährlicher Anpassung. Minimalbezug.
n Enterprise Agreement 6.0: Für Grossfirmen. Kaufmodell. Nutzungsrecht 3 Jahre verlängerbar. Plattformen oder einzelne Komponenten. Inklusive «Software Assurance».
n Enterprise Subscription: Mietmodell. 3-jährlich, verlängerbar. Plattformen oder Komponenten. Inklusive «Software Assurance».
Mit dem Punktesystem werden Preisstaffeln festgelegt. Dabei werden für die unterschiedlichen Microsoft-Produkte oder -Plattformen eine bestimmte Anzahl Punkte festgelegt.
Die «Software-Versicherung»
Neu ist die sogenannte «Software Assurance». Schliesst ein Kunde ein solches Abkommen mit
Microsoft (oder dem MS-Partner) ab, so erwirbt er sich das Recht, sämtliche Updates, neuen Versionen etc. zu benützen. Die «Software Assurance» ersetzt und vereinfacht die bisherigen Upgrade-Lizenzen (VUP, PUP, CUP, LUP etc.).
Logischerweise lohnt sich ein solcher Vertrag desto mehr, je öfter ein Kunde seine Plattformen auf den neuesten Stand bringen und neue Technologien sofort einsetzen will. Gemäss Microsoft Lizenz-Spezialist Remo Gmür zahlt sich eine «SA» aus, wenn man im Serverbereich bei Migrationszyklen unter vier Jahren liege. Die «Software-Versicherung» kann für alle Lizenzierungsverträge zusätzlich abgeschlossen werden, bei den neuen «Enterprise Agreements» ist sie inbegriffen.
Microsoft argumentiert damit, dass Software immer kürzere Entwicklungszeiten habe und dass das Modell einen sanften Übergang zum Prinzip «Software als Service» erlaube. Microsoft selbst schätzt, dass durch das neue Prinzip die Kosten für etwa einen Drittel der Grosskunden geringer ausfallen während sie etwa für die Hälfte ungefähr gleich bleiben. Das restliche Fünftel der Grosskunden, die nur selten upgraden, wird gemäss Microsoft etwas mehr berappen müssen.
Core CAL (Client Access License)
Core CAL ersetzt das bisherige «Backoffice CAL». Es umfasst Exchange2000, Windows Server, Share Point Portal Server und System Management Server. Da der Preis des DB-Servers (MS SQL Server) heute auch per CPU lizenziert werden kann, fällt er aus dem Core CAL weg.
Sales Fee statt Marge
Ziemlich revolutionär ist der Umgang mit den bisherigen «LARs» (Large Account Resellers»). Diese werden erstens von
Microsoft umgetauft (neu: «Enterprise Software Advisors» – ESA). Zweitens verhandelt Microsoft ab 1.10. direkt mit den Grosskunden und schliesst direkte Verträge ab. Die Marge für die ehemaligen LARs entfällt – dafür wird eine «Fee», also eine Provision, entrichtet. Der Grosskunde wird von Microsoft allerdings verpflichtet, einen ESA zu benennen, es wird also keine Reseller-losen Verkäufe geben. Dies gilt für die Enterprise- Agreement-Verträge
– Select bleibt wie bis anhin in den Händen der LARs.
Weder Microsoft-Sprecherin Maja Sieber noch Remo Gmür wollten Auskunft über die Höhe der Provision geben. Dies sei eine vertrauliche Sache zwischen MS und den ESAs, so die Sprachregelung. Sicher ist aber davon auszugehen, dass die Provision einiges geringer als die bisherige Marge ausfallen wird. Dafür aber – und da hat Maja Sieber Recht – wird
Microsoft das Kreditrisiko übernehmen und, noch wichtiger, Preiskämpfe über die Marge zwischen den verschiedenen Resellern ausschalten. (hc)