Vor rund acht Jahren ist aus einem Zusammenschluss diverser ICT-Partnerschaften die Genossenschaft KMU IT-Partner Schweiz (KIPS) entstanden. Die Idee hinter KIPS ist es, dass Unternehmen, die schwergewichtig in der System- und Applikationsintegration tätig sind, zusammenarbeiten und Synergien nutzen. «So wollen wir als Gruppe das Lokale mit dem Nationalen verbinden. Wir sind alle lokal verwurzelt, können aber auch national bei den grossen Projekten auftreten», führt Stefan Mittner, KIPS-Vizepräsident und CEO von Glaronia Informatik, aus. Zudem erhalten die Unternehmen durch den Verbund, der 2013 einen Gesamtgruppenumsatz von rund 180 Millionen Franken erwirtschaftet hat, ein gewisses Gewicht bei den Herstellern. «Wir können als KIPS auf einer anderen Ebene verhandeln, als wenn jeder von uns einzeln auftreten würde», ist sich Mittner bewusst.
«Wir können als KIPS auf einer anderen Ebene mit den Herstellern verhandeln, als wenn jeder von uns einzeln auftreten würde.» Stefan Mittner, CEO, Glaronia Informatik (Quelle: Glaronia Informatik)
«Wir schauen genau hin, wen wir in unserem Verbund haben wollen.» Thomas Riesen, Geschäftsleiter, Predata Informatik (Quelle: Predata Informatik)
«Wir bilden uns gemeinsam aus, was dazu führt, dass wir alle mehr oder weniger dieselbe Ausbildung genossen haben.» Daniel Jäggli, Verwaltungsratsvorsitzender, Leuchter IT Solutions (Quelle: Leuchter IT Solutions)
Nichtsdestotrotz wollen die beteiligten Firmen aber weiterhin als freie Unternehmer wahrgenommen werden. «KIPS ist daher nicht ein Label, welches wir nach aussen tragen», erklärt Daniel Jäggli, KIPS-Präsident und Verwaltungsratsvorsitzender bei Leuchter IT Solutions. Entsprechend treten die KIPS-Mitglieder bei gemeinsamen Kunden als eigenständige Unternehmen auf und nicht als Verbund.
Einkauf und Ausbildung gemeinsam
Gemeinsam getätigt wird bei KIPS hingegen der Einkauf. «Wer bei uns mitmachen will, sieht vordergründig im ersten Moment sicher vor allem einen gewissen Einkaufsvorteil», ist sich Präsident Jäggli bewusst. Thomas Riesen, KIPS-Vorstandsmitglied und Geschäftsleiter von Predata Informatik, relativiert aber: «Es ist gefährlich, dass wir manchmal nur als Einkaufstruppe wahrgenommen werden, um die Preise zu drücken. Sicher versuchen wir, den Einkauf zu optimieren, aber andere Benefits sind für uns genauso wichtig.»
Dabei spricht Riesen etwa von der gemeinsamen Ausbildung, Best Practices oder der Lehrlingsbetreuung. Jäggli erklärt: «Wir bilden uns gemeinsam aus, was dazu führt, dass wir alle mehr oder weniger dieselbe Ausbildung genossen haben.» Ebenfalls stark sind die KIPS-Mitglieder beim Austausch von Best Practices. «Wenn ich zum Beispiel über unsere gemeinsame Plattform danach frage, welche Erfahrungen die anderen Mitglieder mit Cloud-Backup-Anbietern gemacht haben, bekomme ich innerhalb eines halben Tages zig Meinungen und Erfahrungsberichte. Das ist unglaublich effizient und hilfreich», weiss Riesen zu schätzen.
Aber auch bei Mitarbeiterverträgen oder allgemeinen Geschäftsbedingungen nutzen die KIPS-Mitglieder Synergien. «Es macht keinen Sinn, wenn jedes Unternehmen solche Dinge nochmals neu erfinden muss», so Mittner. Und auch Mitarbeiter werden ausgetauscht. «Hat ein Mitglied für ein Projekt ein gewisses Know-how nicht, fragt er andere Mitglieder um Unterstützung an», berichtet der Vizepräsident weiter.
Die Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung soll dieses Jahr noch erweitert werden. «Künftig stellen wir gegenseitig die Compliance sicher», erklärt Jäggli. Dazu absolvieren die KIPS-Unternehmen eine Verwaltungsrats-Coaching-Ausbildung. Danach wählt jedes Mitglied zwei andere Mitglieder aus. Diese nehmen Platz in einem Advisory Board und coachen das Unternehmen. So soll sichergestellt werden, dass früh genug erkannt wird, wenn etwas nicht gut läuft.
Lehrlingsausbildung ist wichtig
Grossen Wert legen die KIPS-Mitglieder auch auf die Lehrlingsausbildung. Von den rund 510 Mitarbeitern, die die KIPS-Unternehmen total beschäftigen, sind über 45 Lernende. «Es gibt nach wie vor grosse Player in der Schweiz, die gar nichts tun für die Ausbildung. Wir hingegen sind alle aktiv in diesem Bereich tätig», betont Riesen. Dabei kommt ihnen das KIPS-Netzwerk zugute. Jäggli erklärt: «Als Lehrling etwa bei Swisscom ist man in einem grossen Gefüge drin, das sehr spannend ist. Als Einzelunternehmen können wir dies unseren Lernenden nicht bieten. Aber als Gruppe haben wir die Chance, ihnen auch Einblicke in andere Betriebe zu geben.»
Moralische Verpflichtung
Auch wenn man bei KIPS darauf achtet, einander nicht ins Gehege zu kommen, gänzlich vermeiden lässt es sich nicht immer. «In solchen Situationen entscheidet immer der Kunde, mit welchem Unternehmen er lieber zusammenarbeiten möchte», erläutert Jäggli. Laut dem Präsidenten kommen solche Situationen zwei bis drei Mal pro Jahr vor – «es hat aber noch nie böses Blut gegeben». Eine Regelung in den Statuten für solche Fälle gibt es bei KIPS denn auch nicht. «Wir setzen vielmehr auf Konsens», so Riesen. Und Mittner ergänzt: «Es ist wie unter Kollegen. Die Idee ist nicht, dass man direkt vor der Haustüre eines anderen grast. Aber letztlich ist es eine Ermessensfrage und wie in einer Partnerschaft gilt, dass man eine gewisse moralische Verpflichtung hat.»
Entsprechend genau prüft man auch die Aufnahme neuer Mitglieder. So müssen nicht nur das Sortiment sowie die Region des neuen Unternehmens passen, sondern vor allem auch die Kultur. «Denn es muss ein Vertrauensverhältnis entstehen. Es darf nicht sein, dass jemand Wasser predigt und Wein trinkt», so Mittner. Entsprechend häufig werden denn auch KMU aufgenommen, welche einige KIPS-Mitglieder bereits gut kennen. «Zudem tritt pro Jahr etwa ein Unternehmen von sich aus an uns heran. Das schauen wir dann natürlich genau an. Ein solcher Kennenlernprozess dauert bei uns gut und gerne zwei Jahre», ergänzt Jäggli. Und Riesen betont: «Wir schauen genau hin, wen wir in unserem Verbund haben wollen.»
Offener Austausch
Wer Mitglied bei KIPS werden will, muss zum einen Genossenschaftsanteile kaufen und bezahlt einen Jahresbeitrag für die Betriebskosten, weil in diesem Netzwerk alle ehrenamtlich arbeiten. Zum anderen muss ein Mitglied beim Eintritt neu 5000 Franken in einen Fonds einbezahlen. «Dieses Geld brauchen wir zum Beispiel, wenn wir für eine Angelegenheit Fachleute aufbieten müssen», so Jäggli.
Die KIPS-Mitglieder treffen sich drei bis vier Mal pro Jahr für den gegenseitigen Austausch und berichten darüber, wie es ihnen in den vergangenen Monaten ergangen ist. «Dabei wird sehr offen gesprochen, denn wir sehen auch die Umsätze der anderen und wissen, wer wie unterwegs ist. Bei uns muss niemand den anderen etwas vorlügen», so Riesen.
Nicht selten kommen bei diesen Treffen auch neue Ideen aufs Parkett, die dann für alle Mitglieder oder auch nur einen Teil umgesetzt werden. «Das führt dann zu projektbezogenen Arbeitsgruppen. Diese bestehen aus vier bis fünf Leuten, die zusammen etwas zu realisieren versuchen», erklärt Mittner.
Für den Vorstand, der aus fünf Personen besteht, ist der Aufwand etwas grösser. Gerade deshalb, weil KIPS in den letzten Jahren etwas gewachsen sei, werde die Arbeit des Vorstandes immer wichtiger, so Riesen. «Denn wenn 18 Leute an einem Tisch sitzen, kann man nicht mehr jedes winzig kleine Detail diskutieren. Sonst dauert die Sitzung Tage. Wir als Vorstand müssen die Themen für die Treffen daher fokussiert vorbereiten», so das Vorstandsmitglied. Daniel Jäggli als Präsident investiert pro Jahr etwa einen Monat Arbeit in KIPS. Er betont aber mit Nachdruck: «Der Ertrag für mein Unternehmen ist ungleich grösser, weil wir vieles nicht selbst erfinden müssen und auf den Erfahrungsschatz der anderen Mitglieder zurückgreifen können.»
Neue Mitglieder gesucht
Allen Mitgliedern gemeinsam ist der Nenner HP und Microsoft. Die entsprechenden Spezialisierungen wie etwa Storage bei HP oder Telefonie bei Microsoft decken die KIPS-Unternehmen gut ab. Potentielle neue Mitglieder werden folglich nicht nach ihren Spezialgebieten gesucht. Vielmehr ist die geografische Erweiterung ein Thema. Dabei sucht die Vereinigung vor allem in der Westschweiz und in der Nordwestschweiz noch neue Mitglieder. Allerdings akquiriert KIPS nicht offensiv. «Wir haben keine Mitgliederzahl im Kopf, die wir anvisieren. Wir setzen auf moderates Wachstum, wenn es passt», erklärt Riesen. 2013 ist zum heute 18 Unternehmen umfassenden Netzwerk etwa Wagner aus Kirchberg dazugekommen, im Jahr zuvor konnten First Frame Networkers aus Baar und Smart IT Services aus Bern als Mitglieder gewonnen werden. Jäggli weiss aber schon jetzt: «In diesem Jahr wird kein neues Unternehmen dazukommen.» Denn laut KIPS-Vizepräsident Stefan Mittner will man auch nicht zu gross werden: «Die Gruppe muss handhabbar bleiben.»
Wünsche für die Zukunft
Auch wenn die Gruppe gut funktioniert, so sind dennoch noch Wünsche offen. Momentan sei es bei vielen Projekten so, dass von 18 Mitgliedern vielleicht zehn ein Vorhaben auch umsetzen, während es acht uninteressant finden, erklärt Jäggli. «Dort würde ich mir als Präsident wünschen, dass wir noch breiter in der Umsetzung wären», ergänzt er. Jäggli ist sich aber durchaus auch bewusst, dass unter dieser zunehmenden Standardisierung das Lokale leiden würde. «Das ist eine Gratwanderung. Denn gerade das Lokale zeichnet uns ja aus», so der Präsident.
Ebenfalls noch Verbesserungspotential zeigt sich bei den Zertifizierungen. «Diese Zertifizierungen sind sehr komplex und ändern häufig. Um das Handhaben zu können, wäre es eine Idee, die Zertifizierungen zu zentralisieren oder sie für die Gruppe zu erlangen, damit sie alle Mitglieder nutzen könnten. Das würden wir uns wünschen, letzten Endes müssen aber die Hersteller mitmachen», meint Mittner abschliessend.
(abr)