Lindy mit fragwürdiger Schweizer Preispolitik
Quelle: SITM

Lindy mit fragwürdiger Schweizer Preispolitik

Zubehörhersteller Lindy verlangt für identische Produkte in der Schweiz zum Teil mehr als doppelt so viel wie in Deutschland. Gefragt nach der Begründung verweist der deutsche Marketing-Manager auf die höheren Personal- und Mietkosten in der Schweiz.
7. April 2015

     

Vom deutschen Zubehörhersteller Lindy erreichte die Redaktion von "Swiss IT Magazine" im März eine Produkte-PR für einen USB On-the-Go-Hub, dessen Preisempfehlung stutzig machte. So hiess es, dass der Hub ab sofort für 11.95 Euro über Fachhändler und den Lindy-Online-Shop verkauft wird. Ausserdem fand sich ein "Hinweis für Schweizer Redakteure", dass das Produkt auch hierzulande erhältlich ist – und zwar zu einem Endkundenpreis von 22.40 Franken. Bei einem Euro-Kurs von 1.06 Franken kostet dasselbe Produkt in der Schweiz somit fast 80 Prozent mehr als in Deutschland. Ein Einzelfall bei Lindy? Keineswegs.

Vergleicht man den deutschen und den Schweizer Lindy-Shop, zeigen sich auch bei anderen Lindy-Produkten erhebliche Preisunterschiede. Ein paar beliebig herausgepickte Beispiele:


• Ein Bluetooth-360-Grad-Lautsprecher mit NFC (BTS-360) in Deutschland 66 Euro, in der Schweiz 127.50 Franken (siehe Bild).
• Eine IP-Überwachungskamera mit IR Night Vision und Audiofunktion in Deutschland 65 Euro, in der Schweiz 155.50 Franken.
• Die Clone & Docking Station für zwei Festplatten, USB und eSATA in Deutschland 51 Euro, in der Schweiz 87.90 Franken.
• Ein Laser-Barcodescanner Classic mit USB-Anschluss in Deutschland 121 Euro, in der Schweiz 222 Franken.
• Teleskopauszugsschienen (Paar) für Lindy-Servergehäuse 20805 in Deutschland 44 Euro, in der Schweiz 116.80 Franken.

Die Liste liesse sich beliebig verlängern. Für "Swiss IT Magazine" Anlass genug, bei Lindy nach dem Grund für die teils doch frappanten Preisunterschiede nachzufragen. Auf eine Mailanfrage sende die Pressestelle von Lindy dann folgendes Statement: "Auch wenn die Herstellungskosten zwischen den Produkten von Lindy Deutschland und Lindy Schweiz vergleichbar sind, so sind jedoch die Endpreise aufgrund vielfältiger Faktoren unterschiedlich. Neben logistischen Unterschieden spielen vor allem Kosten, wie zum Beispiel Personalkosten oder Mieten eine Rolle, die in der Schweiz im Vergleich zu Deutschland um ein Vielfaches höher sind."
"Vergleichbare Herstellungskosten" und "um ein Vielfaches höhere Personal- und Mietkosten"? Wir fassten bei Christian Westenhöfer, Senior Marketing Manager bei Lindy, nach. Natürlich seien die Produktionskosten identisch, denn die Produkte von Lindy würden ja in Asien produziert, erklärt Westenhöfer im Gespräch. Aber Lindy unterhalte auch ein Lager in der Schweiz, um Produkte rascher versenden zu können. "Man weiss ja, dass der Schweizer Kunde ein besonders hohes Qualitätsempfinden hat und auch hohe Ansprüche an die Verfügbarkeit – darum sind wir vor Ort in der Schweiz mit einer Niederlassung inklusive technischem Support präsent." Diese Präsenz und die damit verbundenen Personal- und Mietkosten würden zu der "marktgerechten Anpassung der Preise" führen.

Auf unser Nachhaken, das man bei fast doppelt so hohen Preisen kaum von "marktgerecht" sprechen kann, führt Westenhöfer aus, dass man ohnehin vorwiegend B2B-Kunden beliefere. "Wir versuchen mit unseren Preisen im Webshop natürlich immer über den Preisen der Händler zu liegen." Allerdings: Für den eingangs erwähnten Hub ist selbst der Schweizer Händlerpreis mit 12.40 Franken immer noch praktisch gleich hoch wie der deutsche Endkundenpreis. Auch hier verweist Westenhöfer wieder auf die Personalkosten, Mieten und Logistikkosten, die in der Schweiz höher seien als in Deutschland – ungeachtet des Einwands, dass beim Vertrieb via Händler der Händler ja für die Kosten aufkommt.
Übrigens: Direkt in Deutschland bestellen können weder Kunden noch Händler, wie Westenhöver bestätigt. Es gehe nicht, dass einfach der Schweizer Vertrieb umgangen werde. Das sei in anderen Branchen auch nicht anders, begründet Lindys Marketing-Chef.


Lesen Sie auf der nächsten Seite: Warum Schweizer Lindy-Kunden nicht vom starken Franken profitieren.
Abschliessend wollten wir von Westenhöfer noch wissen, ob die Preise allenfalls überprüft und angepasst werden. Dies sei ständig der Fall, so sein Versprechen. Die Preise würden ständig überprüft, auch weil man in Dollar in Asien einkaufe und deshalb immer im Auge behalten müsse, wie sich dieser Kurs entwickelt. Aber: Als die SNB die Euro-Franken-Bindung im Januar aufgegeben hat, hat Lindy die Preise laut eigenen Angaben nicht angepasst. "Wir waren kurz davor, die Preise zu senken und haben geschaut, was die Konkurrenz macht. Aufgrund dieser Beobachtungen wurden die Preise dann nicht gesenkt. Wir haben uns am Marktumfeld orientiert." Natürlich sei man darüber nicht unglücklich gewesen, schliesslich müsse man wie jedes andere Unternehmen auch wirtschaften und Geld verdienen.


Und so bleibt am Ende ein schaler Nachgeschmack beziehungsweise der Eindruck, das Lindy sich mit den Schweizer Kunden einfach eine goldene Nase verdient – analog der Beispiele, die man aus dem Konsumgütergeschäft zur Genüge kennt. Westenhöfer wiederspricht aber vehement. "Wir verdienen uns keine goldene Nase mit unseren Schweizer Kunden, definitiv nicht. Wir sind ein Familienunternehmen mit langer Tradition, und diesen Vorwurf gab es in all den Jahren, die wir am Markt sind, noch nie." (mw)



Kommentare
Und warum kostet der IT-Reseller CHF 11.00 für den Endkunden? Vergleichbare Magazine in Deutschland kosten auch nur die Hälfte. Das Problem ist dasselbe nur in grün: Solange die Löhne, die Mieten und die sonstigen Kosten in der Schweiz so hoch sind, wird es immer teurer sein, einen Artikel in der Schweiz zu verkaufen. Das ist nun mal so, der Schweizer möchte den hohen Lohn behalten, aber bitteschön alles so günstig haben wie in Deutschland. Die Folge ist, dass es sich in Zukunft nicht mehr lohnen wird, Niederlassungen in der Schweiz zu führen, von einem eigenen Lager ganz zu schweigen. Der Schweizer kann dann zwar die Artikel in Deutschland günstig kaufen, hat aber lange Wartezeiten, Zollkosten und eine um einiges kompliziertere Servicedienstleistung. Zudem sind wieder Arbeitsstellen verloren gegangen, der heimische Markt wird weiter schrumpfen, wogegen er sich wehrt mit Einsparungen und Lohnkürzungen und Einstellen von Dienstleistungen. Wer selber ein Handelsgeschäft führt oder gut kennt, weiss von dieser Problematik. Die Zukunft wird es zeigen, wie sich die Spirale weiterdreht...
Mittwoch, 8. April 2015, Marc A.

"Wir verdienen uns keine goldene Nase mit unseren Schweizer Kunden, definitiv nicht. Wir sind ein Familienunternehmen mit langer Tradition, und diesen Vorwurf gab es in all den Jahren, die wir am Markt sind, noch nie." Das ist doch kein Argument, sondern einmal mehr leeres Geschwätz eines Marketingmenschen.
Dienstag, 7. April 2015, Marc G.



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