Intels 4-Architekturen-Strategie

Unabhängig von allen ökonomischen Ungewissheiten wird das Internet der globale Wachtumsmotor der Zukunft sein, so die Überzeugung der Intel-Gewaltigen. Darauf richten sie ihre Strategie aus.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2001/14

     

«Wir werden ein gemeinsames, weltweites Netzwerk («Next Generation Network») haben, durchgehend digital und mit gemeinsamen Kommunikationsprotokollen.» Also sprach im Frühjahr Intel-Chef Craig Barret. Und auf dieser Vision fusst die neu formulierte Strategie seiner Firma. «Wir sind und bleiben eine Halbleiter-Company», betont der neue Country Manager für die Schweiz und Österreich, Pierre Mirjolet (vergl. Kasten), «unsere Kernkompetenzen liegen im Entwurf und der Herstellung von Siliziumprodukten und im Aufbau von Architekturen für jeden wichtigen Bereich.»
Entsprechend hat Intel Architekturen für vier Hauptgebiete entwickelt, in denen Silizium für das «Next Generation Network» genutzt wird: Für PCs und mittlere Server (IA32), für grössere Datenbank- und Backend-Server (IA64), für die Netzwerk-Infrastruktur (IXA) und für drahtlose Geräte (PCA).

IA32

Prozesoren für PCs und Server bildeten von Anfang an das Kerngeschäft von Intel. Die IA-32-Architektur umfasst Prozessoren, Chipsätze und Motherboards. An erster Stelle wird natürlich der Pentium 4 mit der neuen Netburst-Architektur genannt. Der Übergang zur 13 Mikrometer-Fertigung ist bereits vorgesehen.
In den IA32-Bereich gehören aber auch die Stromspar-Versionen der Pentium-III-Prozessoren und die Xeon-Server-Versionen. Auf Ende Jahr verspricht Intel einen P4-Xeon. Zu den Absichten des Unternehmens gehört es ausserdem, einzelne dieser Prozessoren und Motherboards direkt in den Handel zu bringen sowie PC-kompatible Spielzeuge, Kameras und Musikabspielgeräte zu entwickeln.

IA-64

Grossen Datenbank-Servern vermögen IA-32-Prozessoren nicht zu genügen. Für Server im Mainframe-Bereich wurde daher der 64-bit-Prozessor Intanium entwickelt. Dem ersten, seit Frühjahr erhältlichen Intanium sollen weitere Prozessoren mit höherer Leistung folgen.
Bisher wurden Windows 2000, Linux, HP UX IIi und Novell sowie rund 500 Applikationen auf die Intanium-Architektur portiert. Laut Werksangaben wurden 6500 Pilotsysteme ausgeliefert, doch die Marktforscher von IDC sagen für dieses Jahr den Verkauf von 26’000 und bis 2004 von 540’000 Systemen voraus.

IXA – Internet Exchange Architecture

Dabei handelt es sich um eine Serie von bestehenden Bausteinen, die Intel für Netzwerkprodukte optimiert. Ihre Lebensdauer soll durch die Möglichkeit der Wiederprogrammierung verlängert werden. Im IXA Developers Forum sind 54 spezialisierte Firmen vertreten. Intel selber hat zur Unterstützung von IXA-Lösungen rund 500 Millionen Dollar in andere Unternehmen investiert.

PCA - Personal Internet Client Architecture

PCA ist ein auf der XScale-Architektur basierender Bauplan für drahtlose Clients. Entwicklern stehen Standard-Software-Bausteine zur Verfügung. So geschaffene Anwendungen sollen auf Geräten der folgenden Generation wieder verwendet weden können.
Laut Intel unterstützen Sonera und IBM die PCA-Architektur. Für internetfähige Mobiltelefone und drahtlose Geräte der nächsten Generation beziehen ausserdem Cisco und Siemens Flash-Speicher von Intel.
Soeben wurde ein schneller DSP (Digital Signal Prozessor) für drahtlose Geräte präsentiert, dessen DSP- und Microcontroller-Funktionen auf einem einzigen Chip vereinigt sind.
Für seine strategischen Pläne beruft sich der Chip-Riese auf die Erfahrungen in den vergangenen dreissig Jahren. Diese hätten gezeigt, dass IT-Unternehmen aus einer ökonomischen Talsohle herauskommen können, wenn sie nicht nur Kosteneinsparungen realisieren, sondern vor allem auch neue Technologien einführen. Intel will daher das aufgestockte Forschungs-Budget auf alle vier Bereiche verteilen. Gegenwärtig fliessen 4,2 Milliarden Dollar in die Forschung und weitere 7,5 Milliarden in die Entwicklung neuer Fertingungstechniken. (fis)

«Vorsicht mit Pentium-III-Maschinen!»

Seit Juni dieses Jahres ist Intel in der Schweiz direkt vertreten. Pierre Mirjolet residiert als Country Manager für die Schweiz und Österreich in Zürich. Mirjolet: «Damit ist für mich ein Wunsch in Erfüllung gegangen. Als einzigem Nicht-Deutschen in München war es für mich vielleicht klarer als für andere Kollegen, dass der Schweizer Markt seine Eigenheiten hat und von Deutschland aus nicht optimal betreut werden kann.»

Wir stellten Pierre Mirjolet einige Fragen zu seiner neuen Tätigkeit.


IT Reseller: Wie sehen Sie den Schweizer Markt?

Pierre Mirjolet: In der Schweiz sind heute rund 33 Prozent aller Haushalte online. Das enspricht in etwa den Verhältnissen in den skandinavischen Ländern und liegt deutlich vor Deutschland oder Frankreich. Damit will ich sagen, dass die Schweiz für technische Neuerungen aufgeschlossen ist und für uns einen interessanten Markt darstellt.

ITR: Was sind Ihre wichtigsten Aufgaben in Zürich?

PM: Ich sehe mich vor allem als Berater für grosse Unternehmen und Solution Provider. Ich vermittle Informationen über unsere neuesten IT- und Kommunikationstechnologien und den Einfluss, den diese auf die Geschäftsstrategie haben. Darüber hinaus arbeiten wir mit OEMs und Schweizer Assemblierern zusammen. Wir sind momentan im Aufbau. Das heisst, unser Team ist noch klein und der Tag hat auch für uns nur 24 Stunden. Ich muss daher um Entschuldigung bitten, wenn ich nicht sofort überall sein kann. Aber wir tun unser Bestes. In den 15 Jahren, in denen ich bereits als Ingenieur und Manager für Intel tätig bin, konnte ich ein breites Netzwerk von Kontakten schaffen, das ich den Schweizer Kunden zugänglich machen möchte.

ITR: Wie schätzen Sie die Chancen der Halbleiterindustrie ein?

PM: Mittelfristig bin ich optimistisch. Unser CEO Craig Barret hat kürzlich gesagt, das Licht am Ende des Tunnels sei zu sehen. Dem stimme ich zu. Die Halbleitertechnologie hat immer noch eine Zukunft. Wir haben viel Forschungsgeld aufgewendet, um die technischen Bedürfnisse des E-Business besser zu verstehen und die entsprechenden Technologien zu entwickeln. Im Labor haben wir kürzlich 20 und 30 Nanometer-Chips gezeigt. Das sind 0,03 Mikrometer gegenüber der heutigen 0,18 Mikrometer-Fertigung.
Das bedeutet schnellere und günstigere Prozessoren. Moores Gesetz über die exponentielle Entwicklung bei der Prozessorleistung dürfte demnach noch für mindestens zehn Jahre Gültigkeit haben. Ausserdem bemühen wir uns um die Einführung offener Standards und Schnittstellen, damit unsere Chips breiter verwendet und durch Wiederprogrammierung an neue Erfordernisse angepasst werden können.

ITR: Wie steht es um die Verbilligungen des Pentium 4?

PM: Offiziell hat sich Intel dazu noch nicht geäussert, aber es stimmt, der P4 wird billiger. Die Umstellung auf 0,13 Mikrometer und 300er Wafer wird das Ihre dazu beitragen. Dazu kommt, dass die Pentium III-Architektur ausgereizt ist. Ich würde Ihren Lesern raten, bei der Lagerhaltung von Pentium III-Maschinen Vorsicht walten zu lassen. Man sollte keine braunen Bananen lagern, sondern grüne. Und das sind die günstigen P4-Rechner, die spätestens im Oktober verfügbar sein werden.
(Interview: fis)


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