Der Abenteurer: Kurt Bylang, Comparex
Quelle: Comparex

Der Abenteurer: Kurt Bylang, Comparex

Kurt Bylang übernahm 2013 die Führung des angeschlagenen Software-Lizenzierers Comparex. Dabei lernte er zunächst im Reisebüro und träumte von fernen Ländern.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2017/11

     

Wenn Kurt Bylang, Geschäftsführer von Comparex Solutions, von seinem Schreibtisch im vierten Stock im Gewerbegebiet Dietikon-Silbern aufblickt, sieht er das wilde Südafrika vor sich. Fünf Fotos hängen ihm gegenüber an der Wand – Elefant, Nashorn, Büffel, Löwe und Leopard –, von ihm selbst während einer Safari fotografiert und aufgehängt, als er 2013 die Aufgabe übernahm, den damals angeschlagenen Software-Lizenzierer zu führen.

Seine eigenen "Big Five" sind die Jahre, in denen er Comparex Solutions neu erfunden hat: "Wir wachsen jedes Jahr im zweistelligen Prozent­bereich, und mich macht besonders stolz, dass – bis auf zwei – alle Mitarbeiter bis heute dabei sind."


Bylang wuchs in Walisellen auf, dort, wo heute einer seiner wichtigsten Partner, Microsoft Schweiz, seine Zentrale hat, jagte er einst als Kind auf den sumpfigen Wiesen den Fröschen hinterher. "Für IT habe ich mich in der Schulzeit in keiner Weise interessiert", gibt er freimütig zu. "Meine technische Begabung war durchschnittlich."

Vom Reisebüro in die weite Welt

Die Geografie war seine Leidenschaft. "Die Neugier auf die Welt hat mich von Anfang an begleitet, auf fremde Kulturen und Menschen. Von vielem habe ich damals natürlich nur lesen können, Reisen konnten wir uns nicht leisten."

Aus einer spontanen Eingebung heraus entschied sich der Sohn eines Industriemalers und einer Hausfrau, der einen fünf Jahre älteren Bruder hat, zu einer kaufmännischen Ausbildung in einem Reisebüro von Kuoni, 350 Franken Monatslohn. "So kam ich zu meiner ersten Flugreise im zweiten Lehrjahr, mit Kollegen nach Mallorca." Zwei Jahre arbeitete er danach für Kuoni, ein Jahr davon konnte er in London und Paris verbringen, die Sprachen lernen und entdecken, was zur Antriebskraft seines beruflichen und privaten Lebens werden sollte: Die Neugier auf Neues, eine kalkulierte Lust am Risiko und gleichzeitig das Vertrauen, diese Abenteuer auch bestehen zu können.

Nach einem Streit befördert

So wechselte er 1983 in die Bankenindustrie, und zwar als Kundenberater in der Vermögensverwaltung: "Wenn man neugierig ist und viele Fragen stellt, kann man sich überall einfinden." Nebenbei studierte er Betriebsökonomie über vier Jahre, und ging dann als Finanzchef mit IT-Verantwortung zu einem Unternehmen im technischen Grosshandel.

"Dort wurde damals alles noch mit der Hand gemacht, 10’000 Hochregalplätze verwaltet mit Karteikarten. Im ganzen Unternehmen gab es nur einen Rechner, ich sollte die Logistik auf Computer umstellen." Er entwarf neue Abläufe, führte das erste ERP-System ein – zwei Jahre Abenteuer.


Als alles lief, wechselte er als kaufmännischer Leiter und IT-Verantwortlicher in ein Startup im Zürcher Technopark: MFS Communications, heute ein Teil von Verizon, dem grössten amerikanischen Mobilfunkanbieter. "Ich war Mitarbeiter Nummer sechs oder sieben. Wir haben das erste private Glasfasernetz in der Stadt Zürich aufgebaut."

2002 war es Zeit für den nächsten Wechsel, und Kurt Bylang erklärt es sich selbst so: "Für mich ist etwas Neues interessant. Wenn ich denke, ich verstehe den Beruf, wird es mir langweilig." Sein nächstes Ziel war Getronics, ein Anbieter von Systemintegrationen und Managed Services, er kam als Finanzchef der Schweizer Niederlassung.
Wenig später erlebte er dort eine prägende Situation: "Getronics war bereits ein internationaler Konzern mit 20’000 Mitarbeitern. Ich musste das Budget dem CEO präsentieren. Er ist nicht zufrieden gewesen. Ich habe es aber relativ dezidiert vertreten, tatsächlich mit ihm gestritten: 'Ja, ich verstehe Ihren Standpunkt, aber ich sehe das anders.' Zehn Minuten war Stille, dann hat er mich gefragt, ob ich Geschäftsführer werden wolle."

So war er plötzlich Chef von 200 Mitarbeitern und hat aus dieser Erfahrung mitgenommen, dass es sich lohnt, für etwas einzustehen: "Ich bin seitdem noch konsequenter, wenn ich von etwas überzeugt bin." Dabei glaubt er an den "Grundsatz der vier M": "Man muss Menschen mögen. Es hilft unwahrscheinlich, offen und ehrlich auf jemanden zuzugehen und ihn ernst zu nehmen, ob dass ein Einheimischer auf Bali, der Handwerker oder der Generaldirektor einer Grossbank ist."


Als er 2013 über einen Regionalverantwort­lichen angefragt wurde, ob er sich vorstellen könne, die Leitung von Comparex in der Schweiz zu übernehmen, war das wieder eines dieser lockenden Abenteuer. "Ein Umfeld, das ich nicht kannte, weil ich vom Lizenzrecht damals fast nichts verstand. Das Unternehmen hatte dazu einen schlechten Ruf und war in komplizierte Rechtsstreitigkeiten verwickelt, hatte aber – was ich anfangs gar nicht wusste – ein sensationelles Team."

Mit dem neuen Fokus vom Software-Lizenzhandel auf Dienstleistungen waren viele seiner früheren Erfahrungen plötzlich wieder nützlich. "Das waren und sind lange, sehr gefüllte Arbeitstage, ich bin meist um 7 Uhr im Büro, oft zehn Stunden. Aber ich kann abschalten. Ich bin nicht ständig über Handy erreichbar und sitze am Wochenende auch nicht daheim am Computer."

Bald 30 Jahre verheiratet

In diesen freien Stunden und Tagen ist nämlich ein anderes Abenteuer dran: "Ehe und Familie. Wir sind 35 Jahre zusammen, bald 30 Jahre verheiratet, das braucht Platz und Pflege." Dreimal die Woche essen alle gemeinsam Znacht. Wenn es das Wetter erlaubt, fahren sie in die Berge, die Kurt Bylang sonst nur aus seinem Bürofenster sieht. Überhaupt ist das Reisen, mit dem sein Berufs­leben begann, eine private Leidenschaft geblieben.

In den 80er-Jahren lernte er Tauchen im Indischen Ozean, später folgte er der Unendlichkeit der Panamericana. Letztes Jahr wanderte die Familie auf Bali, einmal um halb drei Uhr morgens in den Sonnenaufgang. In diesen Tagen geht es nach New York, nur zum Golfspiel kommt er höchst selten, viel lieber unterhält er sich, fragt und hört zu.


Was bringt die Zukunft? "Der gewaltige Wandel geht weiter, ich bin davon überzeugt, dass unsere Kernaktivität in fünf Jahren eine völlig andere sein wird als heute." So wartet bereits das nächste Abenteuer, wenn auch noch geheimnisvoll verhüllt wie ein Berggipfel im fernen Afrika.

Kurt Bylang

Kurt Bylang wurde 1962 in Wallisellen geboren, wo er 20 Jahre lebte. Nach einer kaufmännischen Ausbildung bei Kuoni und einem Jahr im Ausland wechselte er 1983 in den Bankbereich und begann zeitgleich ein berufsbegleitendes Studium als Betriebsökonom, das er 1987 abschloss. Nach Stationen im technischen Grosshandel wechselte er 1991 zu MFS Communications und 2002 zu Getronics. Seit 2013 ist er der Geschäftsführer von Comparex (20 Mitarbeiter). Er ist seit 1989 mit Monika verheiratet, die in Teilzeit als kaufmännische Angestellte arbeitet. Die 15-jährige Tochter Carole ist in der Sekundarschule, der 19-jährige Sohn Joël hat Automobilfachmann gelernt. (aa)


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