Unsere Schwesterzeitschrift "Swiss IT Magazine" hat für den Schwerpunkt der aktuellen April-Ausgabe (hier
kostenlos ein Probeabo bestellen) nicht nur eine Umfrage unter arbeitslosen Informatikern durchgeführt (
die Ergebnisse dieses Umfrage haben wir online bereits publiziert), sondern auch unter Personalverantwortlichen. Dies aus einem einfachen Grund: Da sich im Rahmen der Umfrage unter arbeitslosen ICT-Spezialisten relativ rasch und wenig überraschend gezeigt hat, dass das Alter der grosse Stolperstein bei der Suche nach einem ICT-Job zu sein scheint, interessierte uns natürlich auch die Sicht der Dinge seitens ebendiesen Personalverantwortlichen. Wir haben darum HR-Spezialisten sowie Firmeninhaber beziehungsweise Manager mit Personalverantwortung aufgerufen, einige Fragen zu diesem Thema anonym (und darum so offen und ehrlich wie möglich) zu beantworten, und waren auch hier positiv überrascht ob der Resonanz – insgesamt 55 Personen haben zu unseren Fragen Stellung bezogen.
Intention und Verhalten
Auf die erste Frage, wie mit CVs von älteren IT-Bewerbern im Unternehmen umgegangen wird, antworteten 41,8 Prozent, dass diese genau gleich betrachtet würden wie diejenigen von jüngeren Bewerbern. Das ist insofern spannend, als auf die nächste Frage, nämlich: «Ab welcher Obergrenze spielt das Alter bei Ihrer Beurteilung von Bewerbungen eine Rolle?» lediglich 23,6 Prozent geantwortet haben, das Alter sei irrelevant. Hier hätte man aufgrund der Antworten auf Frage eins einen Wert von um die 40 Prozent erwarten dürfen, und die Diskrepanz der Antworten zeigt wohl einfach auf, dass man Bewerber aufgrund des Alters an sich nicht diskriminieren möchte, es in der Praxis oft (und oft auch auch unbewusst) wohl doch tut.
Wie dem auch sei – beachtliche 14,5 Prozent haben auf die Frage nach dem Umgang mit CVs älterer Bewerber angegeben, diese würden automatisch aussortiert. In der Umfrage wurde dabei bewusst von «älteren Bewerbern» ohne eine Altersgrenze gesprochen, liegt das Alter doch im Auge des Betrachters. So haben 38,2 Prozent angegeben, dass das Alter ab 50 Jahren bei der Beurteilung von Bewerbungen eine Rolle spielt, während 18,2 Prozent zu Protokoll gaben, dass das Alter ab 55 mit ein Faktor ist. Immerhin rund je 10 Prozent gaben als Obergrenze, ab der das Alter einer Rolle spielt, 40 beziehungsweise 45 Jahre an.
Eine weitere Frage war, welches Alter als ideal für neue Mitarbeiter betrachtet wird. Die meistgenannte Spanne hier war 31 bis 35 (40%), vor 36 bis 40 (34,5%) und 26 bis 30 (27,3%). Ein Viertel der Befragten gibt bei dieser Frage an, keine Präferenz zu haben, ein Fünftel nennt als Altersspanne 41 bis 45. Nur noch 12,7 Prozent erachtet 46 bis 49 als ideal, unter 25 wünschen sich 9,1 Prozent der Befragten ihre Mitarbeiter, und über 50 gerade noch 5,5 Prozent.
Lesen Sie auf der nächsten Seite: Warum ältere IT-Bewerber abgelehnt werden.
Junge Firmen wollen junge ITler
Bei diesen drei Fragen (Umgang mit CVs älterer Bewerber, Altersobergrenze sowie Idealalter) zeigt sich in der Umfrage auch eine Diskrepanz zwischen Firmen, in denen tendenziell jüngere Mitarbeiter tätig sind (Firmen-Durchschnittsalter unter 40) und solchen mit Mitarbeitern von durchschnittlich über 40 Jahren. Bei «jüngeren» Firmen werden 20 Prozent der «älteren» CVs automatisch aussortiert und 48 Prozent kritischer betrachtet, während 56,5 Prozent der Firmen mit höherem Durchschnittsalter sagen, CVs von älteren IT-Bewerbern würden gleich betrachtet wie solche von jüngeren Bewerbern. Auch sagen in Firmen mit höherem Altersschnitt 39,1 Prozent, dass das Alter irrelevant ist, während dies in jüngeren Firmen nur 12 Prozent tun. Und in jüngeren Firmen werden die Altersspannen 31 bis 35 (56%), 26 bis 30 (40%) und 36 bis 40 (32%) als am idealsten gesehen, in älteren Unternehmen heisst die häufigste Antwort «36 bis 40», vor «keine Präferenz» und «41 bis 45» (30,4%).
Überraschend derweil der Vergleich von grösseren (über 50 MA) und kleineren (unter 50 MA) Firmen. Von kleineren Firmen heisst es in 57,7 Prozent der Antworten, Bewerbungen älterer Kandidaten würden gleich behandelt wie die von jüngeren Bewerbern. Bei grösseren Firmen kommt diese Antwort lediglich von 26,1 Prozent der Befragten. Dafür werden hier in mehr als einen Viertel der Fälle ältere Bewerber automatisch aussortiert, was bei kleineren Unternehmen nur in 7,2 Prozent der Fälle passiert.
Zu teuer
Auf die Frage, was gegen die Anstellung älterer Bewerber spricht, nennen satte 67,3 Prozent die hohen Lohnforderungen, gefolgt von 54,5 Prozent, die die hohen Sozialkosten ins Feld führen. Ebenfalls über die Hälfte der Befragten antwortet zudem, ältere Bewerber seien mit neuesten Technologien/Entwicklungen nicht vertraut.
Mit 30,9 Prozent deutlich weniger oft genannt wird das Argument mangelnde Motivation/Flexibilität/Fitness bei älteren Bewerbern, und jeweils 27,7 Prozent antworten, sie befürchteten bei älteren Bewerbern die mangelnde Fähigkeit, sich unterzuordnen beziehungsweise sagen aus, das Alter sei nicht mit der Unternehmenskultur vereinbar und der Bewerber passe nicht ins Team.
Das Argument «überqualifiziert», das man von älteren, arbeitslosen ICT-Spezialisten oft als vermutete Hürde für einen neuen Job vernimmt, führen lediglich 16,4 Prozent der HR-Verantwortlichen ins Feld, und genauso viele sagen, dass überhaupt nichts gegen die Anstellung älterer Bewerber spricht – erneut eine ziemliche Diskrepanz zur Einstiegsfrage, ob CVs von älteren Bewerbern gleich betrachtet würden wie diejenigen von jüngeren Kandidaten.
(mw)