Intel gegen VIA 5:1 – doch wer verliert?

Bei den juristischen Auseinandersetzungen um den Pentium 4 zwischen Intel und VIA steht es 5:1 für die Amerikaner, zumindest was die Zahl der angeblich verletzten Patente angeht. Dennoch ist zu erwarten, dass der Schiedsrichter die Partie als unentschieden wertet.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2001/17

     

Derzeit versucht Intel den Pentium 4 in allen Segmenten, vom High-end-Rechner bis zum Value-PC zu etablieren. Um dies zu erreichen, plante man eine langsame Migration von reinen Rambus-Lösungen hin zu SDRAM und DDR-SDRAM-fähigen Plattformen. Für dieses Jahr waren ursprünglich nur SDRAM Rechner, sowohl von Intel als auch von den Lizenznehmern und Chipsatzherstellern SiS, Ali und ATI vorgesehen. Erst 2002 wollte man P4-Systeme mit DDR-Speicher anbieten.
Doch wie schon beim Pentium III, als man ohne Lizenz die erste PC133-Lösung produzierte, entpuppte sich VIA als Spielverderber. Dort brachte man mit dem P4X266 den ersten DDR-fähigen Pentium 4 Chipsatz auf den Markt. Damit war Intels Roadmap Makulatur. Zwar ist Intels SDRAM-Chip i845 inzwischen offiziell erhältlich, doch sind die Kritiken der Fachpresse vernichtend. Zu langsam und zu teuer lautet das einhellige Fazit.

Klage und Gegenklage

Wer erwartete, dass Intel mit aller Macht gegen VIA vorgehen würde, wurde enttäuscht. Lange Zeit agierte der Riese aus Santa Clara lediglich hinter den Kulissen, um Boards mit dem P4X266 zu verhindern. Doch ausser einigen, in neutralem Weiss gehaltenen Verpackungen für die ersten Serienprodukte, erreichte man nicht viel. Zu gross ist die Nachfrage nach leistungsstarken und zugleich preiswerten P4-Systemen, als dass auch nur ein Mainboardhersteller seinen Mitbewerbern einen Vorsprung gönnen würde.
Am Freitag, den 7. September kam dann die Klageschrift gegen VIA wegen Patentrechtsverletzungen, und schon am folgenden Montag konterte VIA mit einer Gegenklage. Während Intels Vorgehen spät kam, aber zu erwarten war, überraschte das Vorgehen VIAs alle Beteiligten. VIA behauptet, Intel hätte mit dem P4 Patente verletzt.
Dabei bezieht sich VIA auf ein 1997 beantragtes und am 26. Juni diesen Jahres gewährtes Patent mit dem Titel «Instruction Set for Bi-Directional Conversion and Transfer of Integer and Floating Point Data». Dieses Patent mit der Nummer 6,253,311 wurde VIAs Tochter Centauer zugesprochen, die für die Entwicklung der Prozessorfamilie C3 zuständig ist. Es betrifft nach Ansicht der Taiwaner den P4 und den zugehörigen Chipsatz i845, auch wenn dieser in der US-Klageschrift gegen Intel nicht erwähnt wird. Man nimmt an, dass dies in der gleichzeitig in Taiwan erhobenen Klage wegen wirtschaftlicher Behinderung, Sachbeschädigung und Patentrechtsverletzung erfolgte.

Nichts als Staffage

Was nach massivem Aufmarsch der Truppen aussieht, ist aber nichts weiter als Staffage. Es ist die Kulisse, vor der Intel das Gesicht waren kann, hat man derzeit doch gleich einen ganzen Sack voll Probleme. Ali, SiS und ATI sind sauer, weil sie Gebühren für etwas zahlten, das VIA umsonst erhält. Rambus ist verärgert, dass sein Speicher nicht länger konkurrenzlos für den P4 ist. Die Mainboardhersteller sind verärgert über Repressalien und Verzögerungen bei der Produkteinführung. Und die Kunden zürnen, weil sie nicht das bekommen, was sie wollen.
Hier wird der mit Sicherheit anstehende Vergleich helfen. Ein Patentrechtstausch wird das ganze Dilemma legalisieren, und alle sind wieder eine grosse, glückliche Familie. SiS bringt den Chipsatz 645, der sogar die nächste Generation der DDR-Module, den PC333, unterstützt, zu einem Kampfpreis, der nicht einmal die Hälfte des i845 beträgt. Rambus hat eine Verlängerung des «Cross-licensing» mit Intel und ein nettes Sümmchen Bares erhalten und auch Ali und ATI werden sicherlich nicht leer ausgehen.
Am Ende wird das Resultat lauten: Intel gegen VIA 5:1, Verlierer AMD. (tm)


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