'Aktuell decken wir nur die Speerspitze ab mit der Partnerlandschaft'
Quelle: Amazon Web Services

"Aktuell decken wir nur die Speerspitze ab mit der Partnerlandschaft"

Amazon Web Services will das volle Potenzial im hiesigen öffentlichen Sektor ausschöpfen und adressiert neu auch den Healthcare-Bereich. Dazu ist das Unternehmen auf die Hilfe von Partnern angewiesen.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2019/11

     

Seit Anfang Juni amtet Roger Brustio bei Amazon Web Services (AWS) als Partner Development Manager (PDM) – Public Sector Schweiz und Österreich. "Swiss IT Reseller" hat mit ihm anlässlich des ersten Schweizer AWS Summit, der Anfang Oktober in Baden über die Bühne ging, über seine neue Rolle gesprochen.

Vor einigen Monaten hat AWS Sie zum ersten Partner Development Manager für den Public Sector in der Schweiz ernannt. Wieso hat sich AWS dazu entschieden, die Partner im öffentlichen Sektor neu direkt aus der Schweiz statt wie bislang von Deutschland aus zu betreuen?
Roger Brustio: Der öffentliche Sektor in der Schweiz ist ein stark wachsender Markt und entsprechend ein Fokus von uns. Wir sehen grosses Potenzial, das wir mit nur einer für den ganzen DACH-Raum zuständigen Person nicht nutzen können. Wir wollen in der Schweiz stärker Fuss fassen, insbesondere auch mit dem Fokus auf den Public Sector. Meine Aufgabe ist es, mögliche Partner zu identifizieren, diese entsprechend weiterzuentwickeln und für den öffentlichen Sektor zu rüsten.


Was muss ein Partner mitbringen, damit er für den öffentlichen Sektor in Frage kommt?
Einer der wichtigsten Aspekte ist, dass er eine Affinität zu diesem Markt hat. Denn der Public-Markt als solcher ist anders als der kommerzielle Bereich. Da gibt es andere Zyklen und Entscheidungswege. Zudem muss man Ausschreibungen berücksichtigen. Wir unterscheiden im Public-Markt zwischen den drei Disziplinen Government, Education und Non-Profit. Health als vertikaler Bereich kommt nun neu dazu. Wenn sich jemand bei uns als Public-Partner bewirbt, muss er ein gewisses Know-how und entsprechende Referenzen in diesem Umfeld vor­weisen.
Ein Partner, der noch nicht in diesem Umfeld tätig ist, gerne aber tätig werden möchte: Kommt er für AWS auch in Frage?
Grundsätzlich verneinen wir das nicht. Der Weg ist dann aber einfach schwieriger, weil sich der Partner das Know-how, die Fachkenntnisse aneignen muss. Sprich: Wie funktionieren die Ausschreibungen? Was sind die Regulatoren? Wie funktioniert der Prozess als solcher? Praktisch unser gesamtes Geschäft im Public-Bereich läuft über Partner, ausser der Kunde verlangt es explizit anders. Der Partner muss also auch das Vertragswesen können, zudem steht er an der Front und wir unterstützen ihn. Für einen Partner, der diesen Markt noch nicht kennt, wird der Weg schwierig. Aber wenn er die Bereitschaft signalisiert, dann begleiten wir ihn bei dieser Transition und helfen ihm bei der fachtechnischen Ausbildung und mit dem Businessplan. Denn das Unternehmen muss seine ganzen Prozesse innerhalb der Firma umstellen, die Abläufe und auch wie die Mitarbeiter ausgebildet werden.


Gibt es auch Partner, die sich für den Public-Sektor interessieren und die Sie aber ablehnen?
Nein. Im Gespräch mit Partnern, die gerne im Public-Bereich aktiv werden möchten, findet man heraus, welchen Stand und welches Know-how sie aktuell haben. Und dann kann man einen Weg planen. Meine Aufgabe ist es, zu sagen, was noch an Zertifizierungen und Ausbildungen fehlt und welches die nächsten Schritte sind. Ich muss den Partner entwickeln und erkennen, ob er auch wirklich will und vor allem kann. Jeder soll eine faire Chance erhalten.
Welches Ziel haben Sie sich gesetzt, wie soll die Public-Partnerlandschaft in einem Jahr aussehen?
Ich möchte im Public-Bereich eine breite Partnerlandschaft haben. Wir haben aktuell einen Kern von Partnern definiert, es könnten aber mehr sein. Aktuell decken wir nur die Speerspitze ab mit der Partnerlandschaft. Wenn wir weiter auf diesem erfolgreichen Weg weiterwachsen wollen, dann müssen wir mehr Partner haben. Wir sind jetzt vor allem auf Bundesebene unterwegs und möchten dies nun runterbrechen und auch auf kantonaler und kommunaler Ebene agieren. Zudem haben wir klar den Anspruch auch in der französischen und der italienischen Schweiz unsere Dienste über das Partner–netzwerk anzubieten. Zudem wurde ich kürzlich zum Beispiel von zwei AWS-Partnern aus UK kontaktiert, die in die Schweiz kommen möchten, weil sie hier Wachstumschancen sehen.

Ist es für Partner etwa aus UK nicht wahnsinnig schwierig im hiesigen öffentlichen Sektor Fuss zu fassen?
Ja und Nein. Sie haben Public-Erfahrung, denn der UK-Markt ist weiter als der Schweizer. Sie sind also Experten im Public-Umfeld, müssen sich aber klar adaptieren und lernen. Einen Start-Malus haben sie aber nicht, denn sie wissen, wie der öffentliche Sektor funktioniert. Wahrscheinlich gibt es dann aber irgendwann eine Sprachbarriere und es stellt sich die Frage, ob sie sich hierzulande niederlassen. Aber der DACH-Markt ist sehr interessant für grosse, internationale Partner.


Was macht den DACH-Markt denn so interessant?
UK ist sehr weit im Public-Bereich. Der DACH-Markt ist spannend, weil er noch jünger ist.
Und wie wollen Sie den vertikalen Healthcare-Markt adressieren?
Wir haben in der DACH-Region zwei Personen, die sich um den Health-Bereich kümmern. Sie sind als Account Manager unterwegs und sollen den Healthcare-Bereich aufbauen und Kontakte pflegen. Ich werde sie bei der Suche nach spezialisierten Healthcare-Partnern unterstützen. Aktuell haben wir hierzulande noch keinen dezidierten Health-Partner, dieser Prozess wurde jetzt also angestossen. Die Entscheidungswege sind im Healthcare-Markt nochmals etwas länger als im Government-Bereich, gerade weil es um sehr sensible Daten geht und die Frage, wem diese gehören.

Gibt es weitere vertikale Märkte, die aktuell ein Thema sind für AWS Schweiz?
Nein, nebst dem Government-Bereich wollen wir uns jetzt auf das Healthcare-Segment auf nationaler wie auf kantonaler Ebene konzentrieren. Eine weitere Spezialisierung im vertikalen Bereich streben wir momentan nicht an.
Nebst dem öffentlichen Sektor verfügt AWS auch über eine Partnerlandschaft für den Com­mercial-­Bereich. Wie sieht diese aus?
Wir vereinen die Partner im AWS Partner Network (APN). Dort unterscheiden wir zwischen Consulting-Partnern und Technology-Partnern. Der Consulting-Partner nimmt als IT-Dienstleister den Kunden an der Hand bei der Reise in die Cloud – Stichworte sind hier Transformation, Innovation und Schulungen. Dieses Geschäft ist sehr beratungsintensiv und sehr nahe beim Kunden. Zu den Technology-Partnern gehören derweil klassische ISVs und Software-Anbieter wie VMware oder SAP. Hinzu kommen die verschiedenen Registrierungsstufen. Die erste Stufe ist der Registered Partner, der sich einfach bei Amazon Web Services registriert, danach kommen die Level Select, Advanced und Premier. Diese vier Stufen gibt es im Consulting-Bereich, im Technology-Bereich fällt der Premier-Status weg. Auf Premier-Stufe, dem höchsten Level, weisen wir dem Partner einen Partner Development Manager (PDM) zu, ebenso wie einen Solutions Architect. Hier geniesst man also gewisse Benefits. Registered Partner zu sein, ist kostenlos, ab der Selected-Stufe zahlt man einen Jahresbeitrag, der auf allen Stufen gleich ist. Je nach Status bekommt der Partner dafür einen gewissen Gegenwert wie etwa Trainings oder Credits für Proof of Concepts oder Marketing­aktivitäten.

Und welche Voraussetzungen müssen die Partner für die verschiedenen Stufen erfüllen?
Die verschiedenen Stufen definieren sich nicht über Umsatz, sondern über die Zahl der Zertifizierungen und der Geschäftsmöglichkeiten, die er generiert. Je mehr Akkreditierungen ein Partner hat und je stärker seine Mannschaft aufgestellt ist, desto höher kann er in den Levels aufsteigen.
Wie viele Commercial-Partner hat AWS in der Schweiz?
Wir haben hierzulande ein paar hundert Commercial-Partner. Das Commercial-Segment ist viel breiter aufgestellt als das Public-Segment. Denn grundsätzlich fängt bei uns jeder Partner als Commercial-Partner an. Und erst später kann er in den Public-Sector-Bereich einsteigen und muss dafür zusätzliche Akkreditierungen erlangen. Um als Public-Partner in Frage zu kommen, sollte er mindestens das Selected-Partner-Level erreicht haben. Dann wir erwarten schon, dass er aus unserem Programm das meistmögliche herausholt und sich weiterentwickelt.


Wie verteilen sich die hiesigen Partner auf die verschiedenen Stufen?
Wir haben am meisten Select-Partner, bei den Advanced-Partnern ist die Zahl etwas kleiner. Und Premier-Partner sind es massiv weniger. Hier handelt es sich meistens um internationale Partner wie etwa T-Systems oder nationale Partner wie Swisscom. Als reiner Schweizer Partner das Premier-Level zu erreichen, ist schon eine sehr grosse Aufgabe und der Partner muss eine gewaltige Entwicklung durchmachen.
Das Service-Portfolio von AWS ist enorm gross. Entsprechend empfiehlt es sich für einen Partner, sich auf gewisse Bereiche zu konzentrieren. Gibt es Segmente, wo Sie hierzulande noch besonderen Bedarf an Partnern orten?
Ich brauche eigentlich jeden Partner. Unsere mehr als 165 Services sind Werkzeuge, aus welchen der Partner für den Kunden etwas "bauen" und einen Mehrwert generieren muss. Wir brauchen einen Partner, der eine Lösung hat, eine Idee, ein Konzept. Wir suchen also nicht Partner in gewissen Bereichen, sondern generell Partner, die dem Kunden einen Mehrwert bieten und ihn bei der Reise in die Cloud unterstützen. Denn der Kunde hat eine Vorstellung davon, was er in der Cloud machen will, aber er weiss nicht, wie er diese Ideen umsetzen kann. Und da braucht er die Hilfe des Partners.

1500 Partner und Kunden am ersten Schweizer AWS Summit

Erstmals in seiner Geschichte hat Amazon Web Services (AWS) Anfang Oktober 2019 einen AWS Summit in der Schweiz durchgeführt. Rund 1500 Besucher fanden den Weg an die Partner- und Kundenkonferenz, die im Trafo in Baden über die Bühne ging. Begrüsst wurden die Anwesenden von Yvonne Bettkober (Bild), die seit rund zwei Monaten als General Manager AWS Switzerland amtet. Sie liess es sich nicht nehmen, in ihrer Begrüssung den Partnern zu danken. "Partnerschaften sind für uns zentral, denn nur so können wir skalieren", so Bettkober. Deshalb sei es das erklärte Ziel von AWS, die Partner erfolgreich zu machen – und dies sei umso einfacher, je spezifischer und fokussierter diese seien. Auch die Bedeutung der lokalen Präsenz von AWS unterstrich die neue Schweizer Chefin. AWS habe über 10’000 aktive Kunden in der Schweiz, darunter etwa die SBB, Novartis, Alpiq, Hilti oder die Post. Diesen Kunden und auch allen anderen steht laut Bettkober die breiteste Cloud-Plattform bezüglich Funktionalität sowie ein grosses Ökosystem darum herum zur Verfügung. Nebst der Keynote von Ian Massingham, Director, Developer Technology & Evangelist bei AWS, der die verschiedensten Angebote und Dienste von AWS präsentierte, standen den Besuchern rund 35 technische Sessions zu verschiedenen Themen wie Serverless Architecture, AWS for Highly Regulated Industries oder Cloud-native Applications in an Enterprise Environment bereit. Und auch das Networking kam, nicht zuletzt dank einer grossen Partnerausstellung, am ersten AWS Summit in der Schweiz nicht zu kurz. (abr)


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