Der Weg der Also Comsyt

Der plötzliche Fall der Also Comsyt in die roten Zahlen im Frühjahr 2000 wirkte als kleiner Schock in der helvetischen IT-Landschaft. Der einstige Vorzeige-SI strauchelte am Wegbrechen seines Kerngeschäfts. Nun ist Comsyt wieder da.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2001/20

     

Also Comsyt war dank hoher Fokussierung erfolgreich – sehr erfolgreich. Die Also-Tochter hatte sich auf grosse Client-Roll-Outs und den Support für Top-Firmen in der Schweiz spezialisiert. Als das Geschäft im «Digital Winter» nach Y2K überraschend wegbrach, war man in der Zentrale in Kriens zum Handeln gezwungen. Musterknabe Also musste Massenentlassungen ankünden. Erzählungen von unglaublich tiefen Angeboten machten die Runde.
Doch es kam schlimmer. Gegen Ende 2000 wurde endgültig klar, dass sich ein Paradigma-Wechsel im Client-Server-Geschäft bei Grossfirmen eingestellt hatte. Die Investitionszyklen haben sich verlängert. Es gibt keine «Killerapplikationen» mehr, die alle drei Jahre nach neuen PCs verlangen und die Computerei verlagert sich zunehmend zurück auf den Server. Dazu kam, dass die Hersteller begannen, ihren ehemals besten Kunden Also Comsyt direkt zu konkurrenzieren. So schnappte sich Compaq den Grossauftrag der UBS für den Austausch von 35’000 PCs – eigentlich eine typische Comsyt-Spezialität.

Der Spezialist für schwierige Fälle

Im November 2000 trennten sich Also und der bisherige Comsyt-Geschäftsführer Heini Portmann. Die Suche nach einem neuen Mann, der die Firma auf eine neue Grundlage stellen würde, scheint lange und sorgfältig gewesen zu sein. Es dauerte bis in den Juni 2001, bis Comsyt den neuen Geschäftsführer vorstellte: Thomas Willenegger (Bild).
Willenegger ist ein Restrukturierungsspezialist. Zuletzt hat er in Frankreich die Integration von Digital und Compaq Service geleitet – angesichts der Kampfbereitschaft der französischen Arbeitnehmer eine herkulische Aufgabe. Willenegger erzählt: «Ich habe die Integration im Gegensatz zu fast allen anderen Restrukturierungen ohne soziale Konflikte über die Bühne gebracht. Ich habe die Gewerkschaften in den Prozess eingebunden, indem ich offenlegte, was die Voraussetzungen und was die Ziele sind. Dies ist ein ganz anderer Ansatz als sonst in Frankreich üblich.»
In die Schweiz zurückgelockt haben ihn zwei Umstände: Einerseits stellte die anstehende Restrukturierung der Also Comsyt für ihn eine Herausforderung dar, andererseits reizte ihn die Aufgabe, das Geschäft neu aufzubauen.
Willenegger, der 11 Jahre für Digital und Compaq gearbeitet hat, wird überraschend deutlich, wenn man zum Thema Restrukturierung, sprich Stellenabbau kommt: «Lineare Restrukturierung (gleichmässiger Abbau von Stellen über alle Abteilungen hinweg – die Red.) sind mir absolut zuwider. Man muss beim Geschäftsmodell ansetzen, dort, wo man weniger Leute haben will und man muss internen Transfer genau planen und sehr klar kommunizieren.»
Schnelligkeit ist ein Schlüsselfaktor, so Willenegger. Die Mitarbeitenden müssen schnell wissen, wer in Zukunft dabei ist und wer nicht. «Wer heute bei Comsyt ist, weiss es seit Juli und wer die Firma verlassen muss, weiss es auch seit Juli», so Willenegger.

Abbau, Aufbau, Umbau

Entlassungen – sprich Geld einsparen – sind eigentlich der einfachste Teil einer Restrukturierung. Schwieriger wird es, wenn es gilt, neue Geschäfte nicht nur zu finden, sondern auch die Fähigkeit aufzubauen, diese erfolgreich und wiederkehrend abzuschliessen.
Gleichzeitig zur Restrukturierung (sprich: Abbau von Kosten) gilt es Also, das neue Geschäft aufzubauen. Willenegger: «Es ist absolut essentiell, dass der Aufbau der neuen Geschäftsfelder parallel zur Restrukturierung erfolgt. Man muss das Geschäft richtig segmentieren. Welche Teile wollen wir halten, welche ausbauen und welche abbauen? Dies gilt es zu definieren und damit allen Beteiligten reinen Wein einzuschenken.»

Altes Business

«Die Roll-Out-Plattform steht nach wie vor. Ich kann jederzeit genügend Ressourcen mobilisieren für ein solches Projekt.» Comsyt will Also keineswegs aus dem «alten» Geschäft mit grossen, minutiös vorbereiteten Client-Roll-Outs für multinationale Firmen aussteigen. Doch Roll-Outs und Beschaffungen sind nur noch ein Teil des Geschäfts. Willenegger: «Unser Business-Mix hat sich stark verändert. Heute beträgt der Anteil der Produkt-Verkäufe nur noch etwa 30% am Gesamtumsatz. Wir verkaufen Produkte, wenn die Beschaffung in eine Gesamtlösung eingebunden ist. Es kann auch sehr gut sein, dass wir bei der Beschaffung helfen, die Lieferung aber direkt vom Hersteller kommt.»
«Selective Outsourcing», also die Übernahme von Infrastruktur-Teilen eines (Gross-)Kunden bleibt mit Also IT-Services (ehemalige Tocher der Credit Suisse) ein wichtiges Standbein. Angestrebt werden langjährige, strategische Partnerschaften, wo Comsyt nicht nur Serviceverträge eingeht, sondern auch die integrale Verantwortung für die Infrastruktur übernimmt.

Neues Business

Das Wachstum aber soll mit «Managed Services» (Übernahme der Verantwortung für bestimmte IT-Bereiche beim Kunden mit SLAs über ca. drei bis fünf Jahre) und vor allem auch mit Systemintegration generiert werden. Wohin die Reise im Systemintegrationsgeschäft geht, zeigen die fünf Kompetenz-Zentren, die Comsyt aufgestellt hat: «Server Centric Computing», «Mobile Computing» (Integration mobiler Lösungen), «Software Deployment & License Management», «High Availability & Storage» und «Internet Connectivity & Security».
Als SI wird Comsyt damit in genau jenen Bereichen mitmischen, in denen starkes Wachstum zu erwarten ist. Dabei werden Also Comsyt einige «alte» Kompetenzen, wie die Beherrschung komplexer Prozesse für Evaluation, Support und Qualitätsmanagement zum Vorteil gereichen. Willenegger: «Die IT-Industrie wird reifer. Prozessbeherrschung wird auch in der Systemintegration zur Kernkompetenz und ein integriertes Qualitätsmanagement unabdingbar.»

Neue Kunden

Mit dem Einstieg in die Systemintegration peilt Also Comsyt neue Kundensegmente an. Während der Zielmarkt für Beschaffungsdienstleistungen (Roll-Outs), «Managed-Services», «Selective Outsourcing» und Training weiterhin bei den ca. 50 grössten Unternehmen in der Schweiz liegt, steigt man mit Systemintegration und «Operations & Support» in das Segment der grösseren mittleren Unternehmen (z.B. mittelgrosse Versicherungen) ein. Ein Segment, das damit noch umkämpfter wird, als es bereits schon ist.

Neue Organisation

Entsprechend der nun bearbeiteten Märkte hat Willenegger Also Comsyt ein neues Organisationsmodell verpasst. Mit drei regional verteilten «Business-Centers» in Lausanne, Basel und Zürich will man näher zum Kunden rücken – «National Accounts» werden von Zürich aus betreut. Dazu kommen «Solution Services» und «Also IT-Services» als eigenständige Divisionen. (hc)

Schwarze Zahlen aber sinkende Umsätze

Nicht ohne Stolz meldet der Also-Konzern (Also ABC und Also Comsyt) wieder schwarze Zahlen. Im vergangenen dritten Quartal hat die Gruppe einen Gewinn nach Steuern von 2,6 Mio. Franken erwirtschaftet und damit den Turnaround geschafft.
Das Systemgeschäft (Also Comsyt) konnte den operativen Verlust praktisch auf Null reduzieren und erzielte aufgrund von Sonderfaktoren sogar einen kleinen Gewinn. Die Restrukturierung und Neuausrichtung von Also Comsyt verlaufe nach Plan und soll per Ende Jahr zum grossen Teil abgeschlossen sein, so die Mitteilung.
Der Distributionsbereich erwirtschaftete einen Gewinn von 4,9 Mio. Franken, muss aber mit sinkenden Umsätzen leben. Der Umsatz von Also ABC betrug im Q3 348,5 Mio. Franken, ganze 14 % weniger als im Vorjahr.


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