Achtung vor Willkür bei Goodwill-Abschreibungen

Neue Regeln bei US-GAAP können zu Überraschungen führen.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2001/22

     

Ab nächstem Jahr gelten neue Regeln bei der Bilanzierung nach US-GAAP. Goodwill, der entsteht, wenn der Kaufpreis den Bilanzwert einer übernommenen Firma übersteigt, bleibt in der Bilanz dauerhaft bestehen und muss nicht mehr über die Jahre hinweg abgeschrieben werden. Der Goodwill wird dann jedes Jahr neu bewertet. Eine Korrektur muss vorgenommen werden, wenn sich der Wert verringert hat, also eine einst übernommene Firma tiefer bewertet werden muss.
Ab 1.1.2002 betrifft dies in der Schweiz ABB, Adecco, Biomarin, Ciba, Day Interactive, Gavazzi, Inficon und Logitech. Allerdings wird damit gerechnet, dass diese neue Regelung auch bei den IAS (International Accounting Standards), also den Regeln, nach welchen die viele Schweizer Firmen bilanzieren, angepasst wird.
In einer Studie der Bank Vontobel zur Behandlung von Goodwill werden die Konsequenzen der neuen Regeln beleuchtet. Grob gesagt, tritt zunächst das Problem auf, dass bis zur Anpassung der IAS Firmen nicht mehr mit dem Kurs-Gewinn-Verhältnis (PE, Price/Earnings) verglichen werden können oder solche Vergleiche Aktien von Unternehmen, die nach US-GAAP bilanzieren, zu Unrecht günstiger erscheinen lassen.

Daneben sind der Studie zufolge aber noch folgende Konsequenzen zu beachten:

Unternehmensgewinne werden künftig stärker schwanken, weil Abschreibungen nicht mehr kontinuierlich vorgenommen werden. Dafür wird wie oben erwähnt der Goodwill von Jahr zu Jahr neu bewertet.
Der Reingewinn erscheint robuster, weil er von Belastungen durch Abschreibungen befreit ist.
Die Bilanz kann künstlich «aufgeblasen» werden, wenn der Goodwill nicht jedes Jahr neu bewertet wird. Besonders gefährlich sei dies bei Unternehmen, wo der Goodwill das Eigenkapital übersteigt. Eine Wertkorrektur führt dann zu einer plötzlichen Überschuldung der Firma.
Unternehmen können eine Wertkorrektur des Goodwill willkürlich auswählen. Ein konjunkturell schlechtes Jahr oder ein Wechsel in der Chefetage kann zum Beispiel bewusst dazu benutzt werden, in der Bilanz mit einem grossen Abschreiber auf einen Schlag reinen Tisch zu machen. (mh)


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