Der 1987 in der Schweiz gegründete Support-Spezialist Pidas beschäftigt sich seit rund 35 Jahren mit dem Thema IT-Endnutzer-Support. «Über die Jahre hinweg konnten wir drastische Veränderungen im IT-Support beobachten», berichtet Roland Waniek, Senior Business Development Manager bei
Pidas. Grundsätzlich, das ist für die meisten wohl nichts Neues, sei der IT-Support unter enormem Kostendruck. Dazu kommt, dass Firmen auf verschiedene Arten wachsen, und damit oft mehr Standorte entstehen. «Und das führt unweigerlich dazu, dass die Support-Mitarbeitenden nicht immer an allen Standorten verfügbar sind», wie Waniek schlussfolgert. Die Folge: Lange Wartezeiten für User sowie Druck und Frust bei den Supportern. Die faktisch dafür notwendigen Fachkräfte anzustellen – alleine schon, sie überhaupt zu finden – ist in aller Regel nicht möglich.
Weiter geht der Trend, stark beschleunigt durch die Pandemie und die nach wie vor erhöhte Zahl von Mitarbeitenden in hybriden Arbeitsmodellen, laut Pidas heute in Richtung eines digitalisierten Touchless-Supports. «Im Remote-Support etwa sehen wir Chatbots, KI und E-Mail-Automatisierung als mögliche Lösungen an. Hier gibt es zahlreiche Optionen, um die Situation zu entschärfen», so Waniek. Im Hardware-Support sieht das hingegen etwas anders aus, so der Business Development Manager. Dieser steht in seinen Augen damit vor noch mehr Herausforderungen, die es zu lösen gilt, denn: «da braucht es eben Menschen – zumindest bis vor kurzem.» Für Roland Waniek und Pidas ist die aktuell beste Lösung für diese Challenge der Einsatz von IT-Automaten. Diese Self-Service-Stationen, die prominent in den Unternehmen platziert werden, lassen sich mit Hardware befüllen, die Angestellten holen ihre Gerätschaften in Eigenregie ab oder liefern sie selbst für Reparaturen oder den Austausch ab. «Das Thema IT-Automaten wird in den Unternehmen seit ein paar Jahren stark thematisiert. Vor allem im letzten Jahr wurden die Automaten dann in grosser Zahl ausgerollt. Wir sehen bei den Unternehmen heute die unterschiedlichsten Modelle stehen», so Waniek. Gewisse Exemplare gehen dabei auch weit über Abholungsstationen hinaus und erlauben es dem Remote Support etwa, mobile Geräte innerhalb des Automaten via Fernzugriff aufzusetzen oder für einen bestimmten User zu personalisieren.
Örtliche Abhängigkeiten reduzieren
Als Anschauungsbeispiel führt er das Beispiel eines defekten Laptops an. Früher wäre ein Austausch einfach gewesen – der Field Support tauschte das Gerät im Rahmen eines Treffens mit dem User aus, schliesslich befand man sich in der Regel am gleichen Standort und konnte das effizient koordinieren. In Zeiten der hybriden Arbeit aber ist dieser Koordinationsaufwand unverhältnismässig hoch, die Personalknappheit verschärft die Situation weiter. «Alleine die simple Aushändigung eines Laptops ist damit unter Umständen sehr komplex geworden», so Waniek. Mit einem Automaten agieren die beiden Parteien hingegen fast unabhängig voneinander und die gemeinsame Präsenz am selben Standort wird hinfällig.
Aber, so Waniek weiter: Eine Support-Organisation muss für den Einsatz eines Automaten aufgestellt sein. Wer ohne einen IT-Automaten auskommen will, hilft sich heute in aller Regel mit dem Postversand von Ersatz- und Neugeräten. «Kostengünstig ist diese Lösung aber nicht, ausserdem steigt einmal mehr der Koordinationsaufwand», wie er ausführt.
Sich selbst helfen dürfen
Im Gespräch mit Waniek wird rasch klar, was er als das zentrale Element des modernen Geräte-Supports ansieht: «Der Self-Service-Gedanke ist enorm wichtig und Unternehmen müssen diesen auch an ihre User tragen.» In ihren privaten Leben nutzen die Nutzer schliesslich auch Online-Tools, um Flüge zu buchen und bezahlen am Self-Checkout in der lokalen Coop-Filiale. Ausserhalb der Firma habe man sich schon lange daran gewöhnt, so Waniek. «Beispielsweise würde ich nie auf die Idee kommen, Google anzurufen, weil ich mein Passwort zum Gmail-Konto vergessen habe. Aber viele Mitarbeitende kommen nach zwei Wochen Ferien an ihren Arbeitsplatz zurück, haben ihr Passwort vergessen und rufen den Support für einen Reset an!» Diese Diskrepanz müsse aus dem Weg geräumt werden.
Die Frage, warum diese Unmündigkeit überhaupt entsteht, liegt nahe. Waniek: «Weil die Support-Organisationen den Self Service nicht an ihre End-User tragen. Self Services und FAQs sind viel zu oft im Intranet ganz unten irgendwo versteckt.» Sinnbildlich für den gesamten Self Service Support dürfe ein IT-Automat beispielsweise auf keinen Fall versteckt sein, sondern müsse den Usern prominent präsentiert werden. «Man muss im Eingangsbereich beinahe drüber stolpern. Der User muss realisieren, dass die IT hier versucht, mit Self Services an ihn heranzutreten», so der Support-Profi. Und je mehr Leute in hybriden Arbeitsmodellen arbeiten – sei es im Home Office, in der Workation, im Aussendienst oder in kleinen Niederlassungen –, desto aufwändiger wird es für den Support, desto knapper werden die Ressourcen und desto wichtiger wird die Self-Service-Unterstützung. Wie bereits erwähnt, verengt der Fachkräftemangel das Ressourcen-Nadelöhr zusätzlich.
Die Lösung für die Bredouille, in welcher der gesamte IT-Support heute steckt, ist laut Waniek daher genau das: Self Service. «User sind heute bereit für Self Service und nehmen das gerne an. Und die jüngeren Nutzer kennen das nicht mal anders und wollen sich lieber selbst helfen, statt in der Warteschleife der Support-Hotline zu warten.» Für die Unternehmen habe das ausserdem den willkommenen Nebeneffekt, dass das Auftreten als Arbeitgeber mit modernen Unternehmensstrukturen aufgewertet werden kann.
Wegen eines Support-Falls zur Eröffnung des Tickets etwa den eigenen Badge per Fax schicken zu müssen, dürfte für einen 25-Jährigen heute recht befremdlich sein; ist laut Waniek aber nach wie vor Realität in gewissen Unternehmen.
Der Weg zur Selbsthilfe
Zentral für die Umsetzung eines konsequenten Self-Service-Gedankens im Unternehmens-IT-Support sind für Waniek die Themen Automatisierung und Intelligenz. Statt der kuriosen obigen Eröffnung eines Support-Falls, bei dem der Mitarbeiter-Badge händisch übermittelt werden muss, erkennt ein intelligentes und automatisiertes System den User und sein im System hinterlegtes Geräte-Setup von Anfang an automatisch. Weitere Faktoren, wie etwa der Standort oder die Sprache des Nutzers, werden vom Bot ebenfalls berücksichtigt. Ein Nutzer, der einen Gerätetausch braucht, kann diesen über einen vollständig automatisierten Prozess selbst initiieren, wird vom System zu einem entsprechenden Automaten geschickt und holt sein Gerät, wann immer er Zeit hat, selbst ab. «Das heisst, dass wir einen kompletten IT-Support-Case von der Annahme über die Analyse bis hin zur Problemlösung ohne menschliches Zutun lösen konnten. Zusätzlich lässt sich ebenfalls automatisiert auch ein Feedback-Loop für die Support-Leistung integrieren», so Roland Waniek.
Kritisch ist laut dem Experten aber ganz klar ein hohes Niveau der Intelligenz im System. «Ein einfacher Klick-Bot, der den User zwingt, Formulare auszufüllen, genügt nicht», wie er betont. «Dem User sollte nicht einmal auffallen, dass er sich gerade ausschliesslich selbst geholfen hat.»
In gewissen Situationen ist der menschliche Kontakt aber nach wie vor unausweichlich – beispielsweise, wenn es um die Einführung gänzlich neuer Systeme und deren Nutzung geht. Hierfür sind die User meist sehr dankbar und nehmen Änderungen besser an, wenn ein persönlicher Kontakt da ist, wie Waniek weiss. «Die Zeit, welche den Supportern für solche Aufgaben oft fehlt, kann mit dem Eliminieren von Support-Fliessbandaufgaben wie der Hardware-Ausgabe mit Hilfe von Automation freigeschaufelt werden.» Dass man für einen Support-Prozess, der automatisiert lösbar wäre, 10 Minuten aufwendet, hält er heute für nicht mehr vertretbar: «Das darf schlicht nicht mehr passieren!»
Mehr Effizienz, weniger Ärger
Auf den Field Support entfallen dank Automatisierung damit nur noch Aufgaben wie das Bewirtschaften der Automaten und Fälle, bei denen die persönliche Präsenz relevant ist. Und auch für das Kader räumt eine schlau gestaltete Automatisierung Zeit frei, indem etwa Approval-Prozesse effizienter werden. Wie gross die resultierenden Einsparungen genau sind, hängt laut
Pidas stark vom Willen des Kunden ab, den Schritt in die Automatisierung konsequent zu machen. Unternehmen, die ihr Geräte-Rollout vollautomatisiert über die Service-Automaten abwickeln, sparen laut dem Unternehmen 40 bis 50 Prozent des Personalaufwands ein. Er ergänzt aber, dass viele Firmen dem Thema kritisch gegenüberstehen und anzweifeln, dass ihre User ohne den persönlichen Kontakt zum Support zufriedenzustellen sind. Wanieks Position dazu könnte klarer kaum sein: «Die User werden zu diesem Thema meistens schlicht nicht befragt. Wir sehen bei unseren Kundinnen und Kunden aber sehr deutlich, dass diese Art des Supports von Endnutzern geschätzt und genutzt wird.»
Eine effiziente Ergänzung des automatisierten Hardware-Supports durch Personal erfolgt laut Waniek beispielsweise, wenn die Supporter an fixen Tagen an einzelnen Standorten anwesend sind. Damit erhöht sich die Planbarkeit und die User wissen, an welchen Tagen sie mit einer persönlichen Betreuung aus der IT rechnen können. «An den restlichen Tagen kann dem User remote oder mit dem Automaten geholfen werden», wie er ausführt.
Mehr aus dem Bot machen
Für die Automatisierung von Prozessen gibt es aber eine gläserne Decke: Eine kritische Unternehmensgrösse, unter welcher eine solche Implementierung nicht lohnend ist. Das ist natürlich ganz besonders in einem KMU-Land wie der Schweiz von Bedeutung. Für den Einsatz von IT-Automaten nennt Waniek eine Untergrenze von 150 bis 200 Mitarbeitenden und rechnet vor: «Im Schnitt gibt es etwa einen Support-Fall pro Mitarbeiter und Monat. Abhängig vom Hiring-Prozess und dem Lifecycle Management eines Unternehmens kommt weiter ungefähr eine Geräteausgabe pro Jahr und User hinzu.» Grob überschlagen kommt ein Unternehmen mit 200 Mitarbeitenden also auf 2400 Support-Cases und 200 Geräteausgaben pro Jahr. Das Sparpotenzial ist durchaus vorhanden.
Der Einsatz rein digitaler Hilfsmittel in Form von Automatisierungen und Chatbots kann schon bei kleineren Firmen attraktiv sein, so Waniek: «Das kann sich je nach Fall schon ab 50 Mitarbeitenden lohnen.» Er betont dabei, dass seiner Erfahrung nach hierbei auch Synergien über den Support hinaus entstehen können. «Wenn ein Bot intern genutzt wird und damit das Know-how zur Technologie schon in der IT vorhanden ist, kann er zusätzlich für den Einsatz nach Aussen genutzt werden.» Damit kann die IT auch aus ihrer bisher oft reaktionären Rolle hinaustreten und zum Enabler für neue Anwendungsfälle werden, wie er anfügt.
Die Challenge für den Reseller
Der wichtigste Grund für Reseller, sich in dieses Thema einzuarbeiten, liegt auf der Hand – an allen Ecken und Enden der IT mangelt es an Fachkräften. Und die Automatisierung des Geräte-Supports kann, wenn man Pidas’ Einschätzung der Effizienzsteigerung Glauben schenkt, enorm viele dieser begehrten und teuren Arbeitskräfte einsparen. Der für Waniek kritische Erfolgsfaktor für die Reseller ist aber, dass es ihnen gelingt, Sensibilisierungskampagnen bei ihren Kunden zu fahren. «Man muss sich bewusst machen, wie weit die User in der Digitalisierung im privaten Leben sind und das auf das Verhalten im Unternehmen ummünzen. Es ist leider schlicht falsch, wenn Unternehmen behaupten, dass ihre Mitarbeitenden nicht mit Bots umgehen können. Man muss dann enorm viele Fragen stellen, zuhören und versuchen zu verstehen, wo der Schuh im Support-Bereich drückt», so sein Rat an die Reseller.
Seiner Erfahrung nach lohnt es sich für die Dienstleister, dieses Thema mutig bei den Kunden anzusprechen, dabei aber darauf zu achten, diese nicht zu überfordern. Change Management ist laut Waniek daher die zentrale Herausforderung, der sich die Reseller stellen müssen, wenn sie vorhaben, bei ihren Kunden mit der Automatisierung des Geräte-Supports zu starten. Wenn das gelingt, würden die Erfahrungen und entsprechenden Feedbacks aus den Supportfällen sehr positiv ausfallen und die Wahrscheinlichkeit einer Weiterempfehlung sei gross.
Sensibilisierung und Mut
Für die Zukunft rechnet er mit dem weiter wachsenden Bedürfnis der Endnutzer nach Flexibilität, was sich auf die Unternehmen auswirken wird. «Damit müssen wir uns auch IT-Support-seitig darauf vorbereiten, dass es weiter in diese Richtung geht», so Waniek. «Beispielsweise werden Security-Themen damit auch im Support immer wichtiger.» Weiter rechnet er damit, dass Probleme in den Lieferketten ebenfalls weiterhin ein Hindernis für einen reibungslosen Betrieb sein dürften, was wiederum ein intelligentes Geräte-Lifecycle-Management wertvoller macht. Und zuletzt wird seiner Einschätzung nach auch der Einsatz von KI-Technologie rasch zunehmen. «Hier gilt es, die Use Cases zu finden, die uns wirklich voranbringen. Ein Beispiel, an dem wir aktuell selbst intensiv arbeiten, ist E-Mail-Automatisierung mit KI und ChatGPT-Integration.»
Aber alles lässt sich natürlich nicht automatisieren, wie er zum Schluss betont. Es geht bei diesem Thema wie so oft um Fragen rund um Sinn, Nutzen und Verhältnismässigkeit. Und – wohl fast noch wichtiger – «um Sensibilisierung und Mut von allen Seiten», so Waniek abschliessend.
(win)