Ein gescheitertes CRM-Projekt ist teuer. Eine Untersuchung von Cap Gemini spricht von 3,1 Mio. Dollar als durchschnittliche Investition pro CRM-Projekt – Hardware, Software und Dienstleistungen inklusive. Der nachfolgende Artikel zeigt, welche typischen Fallstricke sich durch ein CRM-Projekt ziehen und wie man sie umgehen kann. Welches Unternehmen kann es sich schon leisten, 3,1 Mio. Dollar in den Sand zu setzen?
1. Fehleinschätzung
«Das Unternehmen konzentriert sich auf CRM-Einführung in nur einen Unternehmensbereich und geht davon aus, dass sich die anderen Bereiche nachziehen lassen.»
Daran scheitert es:
CRM-Projekte müssen mit der Vision beginnen und dann auf die einzelnen Geschäftsprozesse und Fachbereiche heruntergebrochen werden. Bei ERP-Einführungen war es normal, zunächst ein Modul in einer Abteilung auszurollen. Bei einer CRM-Einführung steht die Vision im Vordergrund, wie und warum Kundenbin-dung realisiert werden soll.
Ein Online-Shop als Pilotanwendung für CRM ohne gleichzeitige Anpassung der gesamten Infrastruktur etwa kann dazu führen, dass gut informierte Online-Kunden anrufen und auf schlecht informierte Mitarbeiter treffen oder diese mit anderen Preislisten arbeiten, als denen, die online zu sehen sind.
2. Fehleinschätzung
«Sobald eine CRM-Anwendung oder eine CRM-Suite (ein Bündel aus mehreren CRM-Anwendungen) implementiert ist, ist das CRM-Projekt abgeschlossen.»
Daran scheitert es:
CRM ist in jedem Fall mit einer Umstellung der Geschäftsprozesse verbunden. Hinzu kommt, dass kein Anbieter alle Bestandteile einer CRM-Lösung gleichzeitig liefern und implementieren kann, so dass selbst der IT-Teil einer CRM-Einführung nach der Implementierung einer CRM-Suite noch längst nicht abgeschlossen ist.
3. Fehleinschätzung
«Die Projektleitung sollte sich auf die technischen Aspekte der Implementierung konzentrieren.»
Daran scheitert es:
Wie jedes gute IT-Projekt benötigt ein CRM-Projekt sowohl einen technischen als auch einen kaufmännischen Projektleiter. Hinzu kommtdie Reorganisation, die innerhalb des Projektes abgedeckt sein sollte.
Im Unterschied zu IT-Einführungsprojekten ist eine CRM-Einführung Chefsache, da viele wesentliche Geschäftsprozesse umgestellt werden müssen. Ein Unternehmen, das die CRM-Einführung von einer schwachen Stabsstelle planen und durchführen lässt, sorgt damit für garantiertes Scheitern.
4. Fehleinschätzung
«CRM-Anwendungen müssen auf jeden Fall an die vorhandene IT-Infrastruktur angebunden werden.»
Daran scheitert es:
Bevor CRM-Anwendungen durch aufwändige und teure Schnittstellen-programmierung angebunden werden, muss analysiert werden, ob die vorhandene Infrastruktur die neuen Geschäftsprozesse überhaupt tragen kann. CRM-Anwendungen vergrössern meistens die Zahl der Endanwender im Unternehmen, d. h., Hardware, Serverauslastung und Netzwerke müssen gegebenenfalls aufgestockt werden.
CRM-Projekte, die gleichzeitig das Web als Kommunikationskanal einführen, benötigen ein eigenes Hardwarebudget. Auch ein Datawarehouse setzt Investitionen in Hardware und Software voraus. Wenn das ERP-System als zentraler Datenumschlagplatz für alle Anwendungen dienen soll, muss das vorhandene ERP-System daraufhin überprüft werden, ob es die Auslastung verkraftet.
«Pro Kunde existiert ein aktueller und für alle verfügbarer Stammsatz.»
Daran scheitert es:
Diese Annahme führt in der Praxis zu horrenden Kosten. Oft arbeiten verschiedene Abteilungen sogar mit verschiedenen Kundennummern, weil der Vertrieb auftragsorientiert und der Support problemorientiert mit demselben Kunden kommuniziert. Eines der Grundprinzipien von CRM ist, dass der Kunde eben nicht nach seiner Auftragsnummer gefragt werden sollte oder danach, ob sein Produkt noch Garantie hat. Ziel muss ein Stammsatz pro Kunde sein, an den die Bewegungsdaten und die abteilungsspezifischen Informationen angehängt werden.
6. Fehleinschätzung
«Auf die Daten aus dem Datawarehouse sollten aus Sicherheitsgründen nur die Unternehmensleitung und die IT-Abteilung Zugriff haben.»
Daran scheitert es:
Kundeninformationen müssen für alle Mitarbeiter transparent sein. Ein Supportmitarbeiter kann normalerweise nur die Support-Historie des Kunden sehen, aber nicht, dass dieser Kunde regelmässig grosse Aufträge bringt. Fiele dem Supportmitarbeiter auf, dass ein guter Kunde regelmässig wegen ähnlicher technischer Probleme anruft, könnte er diese Beobachtung im Kundenstammsatz eintragen. Vertrieb und Marketing können daraufhin dem Kunden technisches Training anbieten oder einen Wartungsvertrag mit speziellen Konditionen.
7. Fehleinschätzung
«Sobald das Unternehmen sich auf Kundenorientierung fokussiert, verändert sich auch das Verhalten der Mitarbeiter in Richtung Kundenorientierung.»
Daran scheitert es:
Kundenorientierung sollte in jedem Fall gezielt vermittelt werden, es genügt nicht, ein Mission-Statement neu zu definieren. Auch die technischen Voraussetzungen für kunden-orientiertes Arbeiten müssen geschaffen und in Trainings vermittelt werden. Teilweise macht das CRM-System Dinge möglich, die den Mitarbeitern entweder nicht bekannt sind oder nicht verständlich erklärt wurden. (ava)