Der Genfer Bankenspezialist Temenos, 1993 aus einer Übernahme der Entwicklung der damaligen Bankensoftware der Cos-Gruppe entstanden, leidet unter der schlechten Konjunktur des Finanzsektors. Die Umsätze aus Lizenzeinnahmen für seine Bankenlösung «Globus» sind im zweiten Quartal 2002 noch einmal um 25% gesunken.
Diese Entwicklung wurde nur teilweise durch eine Erhöhung der Serviceumsätze um 23% kompensiert. Der weltweite Gesamtumsatz des Unternehmens erreichte damit im zweiten Quartal 35,6 Millionen Franken. Das ist, verglichen mit der gleichen Periode im Vorjahr, ein Rückgang um 9%.
Mit einem operativen Gewinn von 100’000 Franken hielt man sich gerade noch knapp in den schwarzen Zahlen. Im Vorjahresquartal waren es noch 8,7 Mio. Franken gewesen. Als der Grieche George Koukis das Unternehmen 1993 übernahm, war die Bankensoftware «Globus» bei 19 Finanzinstituten im Einsatz.
Heute sind in 90 Ländern rund 500 Systeme bei Finanzinstituten installiert, die sich für die in Genf entwickelte Bankensoftware entschieden haben. Unter den Temenos-Kunden findet man die Deutsche Bank, die Barclay Bank, Merrill Lynch, Crédit Lyonnais, Crédit Suisse Private Banking, die Raiffeisenkasse, die ING/Baring Lloyds TSB Group und die Commerzbank.
Schrumpfen in der Schweiz
Seit Ende 2001 wurde indes ein recht grosser Teil der Software-Entwicklung nach Indien ausgelagert, was zwar die Kosten der Entwicklung um ein schönes Stück reduziert, andererseits aber auch zu einer Welle von Entlassungen in Genf geführt hat. Infolgedessen hat sich der Personalbestand in der Schweiz stark reduziert.
Diese Rationalisierungsmassnahmen seien nicht unter besonderem Ertragsdruck ergriffen worden, heisst es in Genf. Nach dem Börsengang Mitte 2001, der allgemein als Erfolg bewertet wurde (er spülte immerhin 230 Millionen Franken in die Kassen von Temenos), musste das Unternehmen Anfang Oktober desselben Jahres seine Notierung an der Schweizer Börse wegen des Attentats vom 11. September vorübergehend suspendieren. Die US-Büros von Temenos befanden sich in der 42. und 84. Etage des Nordturms des World Trade Centers in New York.
…wachsen im Ausland
1993 hatte das Unternehmen erst zwei Niederlassungen. Heute besitzt Temenos ein Netz von Niederlassungen mit 40 Standorten in 28 Ländern. Bereits letzten Januar haben sich die Genfer durch eine Investition von rund 2,5 Millionen Dollar eine Mehrheitsbeteiligung beim italienischen Unternehmen Finantix gesichert.
Etwa zur selben Zeit übernahm man, für ebenfalls etwa 2,5 Millionen Dollar, eine Mehrheit der französischen Qetzal Informatique SA. Diese beiden Akquisitionen hat Temenos nun durch die am 23. August angekündigte Übernahme seines asiatischen Distributors PKTech International Limited für etwa 3,5 Millionen Dollar ergänzt.
Andreas Andreades, Vize-CEO von Temenos, kommentiert: «Diese Vereinbarung erlaubt uns, unsere Kosten zu verringern, während wir gleichzeitig unser Vertrauen in diese Region bekräftigen.» Zu den wichtigen bestehenden Kunden in Asien gehören die Bank Thai und die Industrial Bank of Korea. «Und darüber hinaus haben wir eine vielversprechende Liste von potentiellen Kunden», fährt Andreades fort.
Temenos’ neue Strategie für 2003 beeinhaltet, die eigene Verkaufs- und Supportorganisation durch ein Netz von Partnern zu verstärken, die dazu fähig sind, die «Globus»-Lösung zu installieren und den Banken die dazugehörigen Services anzubieten.
Die Resultate dieser Umstrukturierungen und der Bemühungen zur Kostenreduktion scheinen einen – allerdings im Moment noch ziemlich bescheidenen – positiven Einfluss auf den Kurs an der Schweizer Börse zu haben. Der Titel hat langsam wieder etwas Fleisch am Knochen. Nach einem Wertverfall von mehr als 85% seit Anfang Jahr befindet er sich momentan wieder leicht im Aufstieg (1,62 Franken am 19. Oktober gegenüber 1,45 am Vortag). Damit ist die Aktie immerhin wieder einiges über dem Tiefstkurs von 1,05 Franken, aber immer noch weit entfernt vom einstigen Höchstkurs von 19 Franken.
(Pierre-Henri Badel)