On Trading ging schweigend in den Untergang

Den Baarer Assemblierer On Trading gibt es nicht mehr. Die Verantwortlichen hüllen sich in Schweigen, Ex-Angestellte haben Angst und wollen nichts sagen. Der Untergang von On Trading lässt viele offene Fragen zurück.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2002/20

     

Die nette Dame vom Konkursamt Zug ist schon ganz entnervt. Offensichtlich sind wir vom IT Reseller nicht die einzigen, die immer wieder nachfragen, ob der Baarer Assemblierer On Trading den Konkurs eingeleitet habe. Nein, sagt die Dame, ein Konkurs sei zurzeit (bei Redaktionsschluss dieser Nummer) nicht eingeleitet, doch unser Anruf sei beileibe nicht der einzige.

Ängstliche Ex-Mitarbeiter

Am letzten Mittwoch im Oktober scheint On Trading sämtliche Mitarbeitende auf Knall und Fall entlassen zu haben. Dies jedenfalls berichtete ein anonymes Mail an die Redaktion von IT Reseller. Bei On Trading nahm zu diesem Zeitpunkt schon niemand mehr Anrufe ab – allerdings spiegelt der Telefonbeantworter der Firma bis heute noch eine funktionierende Firma vor: «Momentan sind alle Sachbearbeiter besetzt», flötet die Automatenstimme.
Sämtliche Ex-Mitarbeiter von On Trading, mit denen wir sprachen, halten sich bedeckt. «Schreiben Sie ja nicht, dass ich mit Ihnen gesprochen habe», hörten wir mehr als einmal. Dass On Trading per Ende Oktober ihr Firmenleben ausgehaucht hatte, beweist ein Schreiben an einen Ex-Kunden: «Aufgrund der Geschäftsaufgabe per Ende Oktober sind wir leider nicht mehr in der Lage, das ... Gerät zu reparieren ...», heisst es deutlich.
Ausserdem sind Lieferanten und Kunden in den ersten Novembertagen telefonisch informiert worden, dass bestehende Aufträge nicht mehr erfüllt werden können.

An Garantieversprechen erstickt

Warum hat sich die im letzten Jahr so erfolgreiche On Trading still und leise aus dem Business verabschiedet? Immerhin hat On Trading dem Vernehmen nach 2001 gegen 20’000 PCs und Notebooks an Kunden wie Mediamarkt, Migros und Interdiscount ausgeliefert.
Geschäftsleiter Beat Hürlimann reagierte bis Redaktionsschluss weder auf Anrufe noch auf E-Mails von IT Reseller. Aus vielen Gesprächen in der Branche – niemand will heute allerdings in Zusammenhang mit On Trading genannt werden – kristallisiert sich eine klassische Assemblierergeschichte heraus: On Trading erstickte am eigenen Erfolg.
Anscheinend hat man beim Baarer Assemblierer im letzten Jahr zwar massenhaft Billigst-Systeme über Retailer abgesetzt, die zu erwartenden Garantieleistungen allerdings nicht korrekt verbucht und auch nicht genug Reserven gebildet, um die Serviceleute auch bei geringerem Absatz finanzieren zu können.
Als dann in diesem Jahr die Absatzerfolge nicht wiederholt werden konnten (gab es bereits Liquiditätsprobleme, die die Beschaffung behinderten?), lief On Trading in die Garantie-Falle. Die laufenden Umsätze sanken massiv, die Rede ist von nur noch 5000 abgesetzten Systemen im laufenden Jahr. Unter anderem verlor On Trading den Auftrag für den Bau der «Microspot»-PCs an Claudio Cisullos Panatronic. Gleichzeitig mussten immer mehr die Garantieleistungen für die Massen der im letzten Jahr verkauften Systeme erbracht werden.

Seltsames Gebahren

Es bleibt eine ganze Reihe von offenen Fragen. Werden die Löhne der entlassenen Mitarbeiter für die Kündigungsfrist bezahlt? Bleiben offene Rechnungen zurück oder gelingt der Firma eine «saubere» Liquidation? Wer muss nun für die Garantieleistungen der Billig-PCs und -Notebooks aufkommen? Die Kunden, also die Retailer selbst? Stand oder steht tatsächlich ein Risikokapital-Fonds der Zürcher Privatbank Julius Bär hinter On Trading, wie es einige Gesprächspartner wissen wollen?
Auf all diese Fragen will Geschäftsleiter Beat Hürlimann keinerlei Auskunft geben. Die Assemblierer-Branche erweist sich einmal mehr als verschwiegen – sehr zum eigenen Schaden. (hc)


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