IT Reseller: Wie will
SAP dem allgemein herrschenden Ruf, SAP-Integrationen und Migrationen auf SAP dauerten zu lange, seien zu teuer und würden viele Projekt- und Beraterhonorare nach der Einführung nach sich ziehen, im KMU-Markt entgegenwirken?
Hans-Jürgen Uhink: Wir wissen um die Wünsche interessierter Unternehmen nach kurzen Einführungszeiten, klar kalkulierbaren Kosten und einem schnellen Return-on-Investment. Zudem sind wir heute in der komfortablen Lage, mindestens eine Referenz aus der näheren Umgebung, der gleichen Branche und Fertigungsproblematik und einer ähnlichen Unternehmensgrösse zu nennen.
SAP hat bis heute mehr als 2’000 zufriedene Mittelstandskunden über unsere Channel-Partner in Europa gewonnen – einen beachtlichen Teil übrigens in der Schweiz – und zählt weltweit mehr als 9’000 Installationen von SAP-Software bei kleinen und mittleren Betrieben. Wir haben damit bewiesen, dass man SAP mittelstandsgerecht implementieren kann und wir dem finanziellen Rahmen der kleineren und mittleren Unternehmen gerecht werden.
ITR: SAP hat mit Business One zwar eine Lösung eingekauft, allerdings werden in Fachkreisen auch gewisse Mängel aufgeführt: Zum einen ist Business One für den KMU-Markt, der einen hohen Anteil an gewerblichen Betrieben und Fertigungsindustrie aufweist, sehr stark CRM-orientiert (Auftrag, FiBu, ...), aber wenig auf Prozess und Planung ausgerichtet. Wie will man diesen Misstand beheben oder das Produkt unter diesen Umständen Kunden den verkaufen?
HJU: SAP Business One ist die ideale Lösung für Händler, Vertriebsniederlassungen und Dienstleister im weitesten Sinne sowie für kleinere Betriebe, die über eine einfache Fertigung verfügen und nicht auf eine Kapazitätsplanung angewiesen sind. SAP Business One verfügt über mehrstufige Stücklisten und unterstützt die Endmontage oder Assemblierung von Produkten.
Zudem beabsichtigen wir, das Angebot für die Fertigungsindustrie zu erweitern. Über ein so genanntes API bieten wir unseren Partnern ausserdem eine offene Schnittstelle und eine dafür zugeschnittene Entwicklungsplattform für die Integration derer Software-Lösungen. Dies beschleunigt die Verfügbarkeit von weiteren Funktionen und bringt unseren Partnern ein zusätzliches Business.
ITR: Business One hat kein HR (Human Resources) Modul. In der Schweiz verweist man auf wenig überzeugende Art auf die SAP-basierende Lösung der Zurich Services AG, die erst noch per ASP verkauft werden. Wie stellt man sich vor, einen KMU-Kunden beizubringen, er solle Business One kaufen und zusätzlich die Lösung von Zürich Services per ASP mieten? Das entspricht nicht der einheitlichen Strategie, die «Business One» im Naming vermitteln will, sondern erscheint als ein eher fragmentarischer Ansatz. Was entgegnen Sie zu diesem Einwand, der Ihnen von Ihren zukünftigen Partnern respektive Ihren Partnern von möglichen Kunden entgegengebracht wird?
HJU: Aus unseren Erfahrungen und Recherchen im Mittelstand wissen wir, dass gerade kleine und mittelständische Kunden im HR Bereich auf so genannte Service Provider zurückgreifen, die Dienste wie Personaladministration anbieten. Ein KMU-Kunde hat typischerweise keine HR-Abteilung. Dies ist keine Fragmentierung sondern eine Antwort auf die Realität. Unsere Plattform ist somit auch geeignet, Applikationen über das Internet zu integrieren.
SAP Business One stellt entsprechende Schnittstellen zur Integration dieser Service-Provider-Lösungen zur Verfügung. HR wird in der Schweiz von mehreren SAP-Partnern im ASP-Modell angeboten, darunter Mummert-Swicon, die diesen Geschäftsbereich von der Zürich Service übernommen hat.
ITR: Neben Endkunden zielt SAP mit Business One auch auf Konkurrenten im KMU-Markt und auf Software-Entwickler. Diese sollen die Grundfunktionalitäten von Business One übernehmen und darauf ihre vertikalen Lösungen, die Branchenfunktionalitäten, den Kundenwünschen entsprechend aufbauen. Eine an sich gute Idee. Allerdings stellt sich die Frage, wie SAP diese Kunden gewinnen und sie überzeugen will, die Produkte eines Konkurrenten (oder künftigen Konkurrenten) anstelle Ihrer eigenen Lösung zu verkaufen? Welches Marketingkonzept sieht man in diesem Kundensegment vor?
HJU: Dieses Projekt ist derzeit in der Rollout-Vorbereitung. Der Anstoss dazu kommt übrigens von eben solchen Anbietern, die Sie hier ansprechen. Wie Sie wissen, findet zurzeit eine Konsolidierung im Software-Markt statt. Viele kleinere Software-Entwickler können oder wollen das finanzielle Risiko nicht mehr tragen, ihre Anwendungen rechtzeitig auf eine neue Technologieplattform wie z.B. .Net zu migrieren. So etwas ist mit enormen Entwicklungskosten verbunden.
Dem tragen wir mit dem Konzept des SAP Business One ISV-Partnerprogramms Rechnung, das wir in Kürze der Öffentlichkeit vorstellen werden. Grundlage dieses Konzeptes ist eine Einbindung der Partner in die Entwicklungsplanung, denn selbstverständlich werden wir die ISVs bei ihren Vorhaben umfassend unterstützen und betreuen.
ITR: Wo liegt die kritische Grösse für einen ERP-Hersteller, damit sich die Entwicklung eigener Software rechnet?
HJU: Dies ist nicht pauschal zu beurteilen. Viele Einflussfaktoren wie die anvisierte Zielmarktgrösse, der Entwicklungsstandort, aber auch die Verfügbarkeit von Ressourcen für Servicedienste und Weiterentwicklungen spielen eine Rolle.
ITR: Welche Umsatzvorstellungen hat SAP mit Business One?
HJU: Wir rechnen damit, dass der Umsatzanteil aus dem Mittelstand im Jahr 2005 oder 2006 – abhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung – rund 15% am Gesamtumsatz der
SAP an Software-Lizenzen betragen wird.
ITR: SAP verlangt einen hohen Grad an Commitment seiner Channel-Partner. Diese sollen sich einerseits exklusiv auf SAP beschränken und nicht unbescheidene Summen an Schulungskosten für seine Mitarbeiter ausgeben. Andererseits wurde von Seiten SAP Schweiz klar deutlich, dass Partner, die ihre Budgets nicht erfüllen, kein langes Geschäftsverhältnis mit SAP beschert sein wird. Wird man nicht beim Aufbau eines neuen Geschäftsfeldes etwas vorsichtiger mit Partnern umgehen müssen? Wie gross ist der Ermessensspielraum nach unten, wenn ein Channel-Partner seine Vorgaben nicht erfüllt?
HJU: Im Vergleich zu unseren Mitbewerbern haben wir nach unserem Verständnis und dem Feedback potenzieller Partner ein absolut faires Partnerprogramm entwickelt. Den Investitionen der Partner für den Know-how-Aufbau mit SAP steht ein mindestens gleichwertiges Leistungsangebot von Trainings, Service, Software und weiteren Vorteilen zur Verfügung. Werden vertragliche Vereinbarungen von einer der beiden Seiten nicht erfüllt, wird sich auch immer die benachteiligte Seite für die Gründe interessieren, die dazu geführt haben. Erst dann werden die nächsten Schritte besprochen und durchgeführt. Eben wie in einer richtigen Partnerschaft üblich.
ITR: Wie hält es SAP mit der Lead-generierung und -weitergabe an Partner für Business One? Wo werden die Grenzen bzgl. Kundengrösse gezogen? Gibt es Kundenschutz? Weitere Marketing-Unterstützungen?
HJU: Wir generieren den Grossteil der Leads für unsere Partner. Kundengrössen spielen bei den Leads dabei weniger eine Rolle als die Komplexität der Geschäftsprozesse des jeweiligen Interessenten. Die Kundenbindung unserer Partner ist ausgesprochen gut. Nachkäufe werden in der Regel immer über den gleichen Partner getätigt.
Einen Gebietsschutz für die Partner gibt es nicht. Die örtliche Situation wird bei der Partnerauswahl vor den Vertragsgesprächen mit berücksichtigt. Unseren Partnern steht ab Anfang 2003 ein umfangreiches Co-Marketingprogramm zur Verfügung. Bis dahin generieren wir Leads für sie und unterstützen sie individuell in ihren eigenen Anstrengungen.
ITR: Wieso wirbt SAP immer noch mit dem Buzzword E-Business, das nicht nur in KMU-Kreisen mittlerweile eher zu einem Schimpfwort verkommen ist? Wie unterscheidet sich die Branding/Image-Strategie von Business One zu MySAP.com?
HJU: Wie Sie sehen werden, hat sich unsere Brandingstrategie für das Jahr 2003 entsprechend verändert. Das «E-» wird dann aus unserer Tagline verschwunden sein, so dass es neu heisst: «The best-run businesses run SAP». Nichtsdestotrotz darf aber nicht vergessen werden, dass das Internet für den Mittelstand eine zunehmend bedeutendere Rolle spielt.
Denken Sie nur an all die kollaborativen Business-Szenarien, denen sich gerade kleine und mittlere Unternehmen als Zulieferanten zu stellen haben, da diese von Grossunternehmen mehr und mehr gefordert werden. SAP Business One ergänzt das Gesamtangebot der
SAP, egal in welcher Branche ein Unternehmen zu Hause ist und egal wie gross das Unternehmen ist. Dem entspricht auch die Kommunikationsstrategie. SAP ist und bleibt die Dachmarke.
ITR:
Microsoft hat seine Pläne konkretisiert und Entscheidungen gefällt. Es wird auf .Net ein «Business Framework» aufgebaut. Dieses besteht aus den drei Ebenen Integration und Workflow (XML und «Web Services»), zweitens Komponenten und Objekte (wie «Kunde») und Basis-Prozesse und drittens Applikationen. Gleichzeitig werden alle bestehenden Produkte weitergeführt. Microsoft strebt in den nächsten 10 Jahren einen Umsatz von 10 Milliarden Dollar mit Business-Software an. Wie sehen die SAPs Pläne diesbezüglich aus? Wie hält SAP dem entgegen?
HJU: Unsere Integrations-Plattform heisst mySAP Technology. Damit und speziell mit der Exchange (XI)- und Portal-Infrastruktur integrieren wir SAP Business One mit mySAP.com und verbinden damit auch alle Geschäftsprozesse innerhalb eines Unternehmensverbundes oder Geschäftsprozesse über Unternehmensgrenzen hinweg.
Für mySAP All-in-One nutzen wir dieses Business Framework von mySAP Technology bestehend aus Portal, Applikations- und Basislayer ebenso. SAP Business One bietet auch Komponenten, die XML- und Web-Services unterstützen. Wir beabsichtigen zudem, die Architektur von SAP Business One in Zukunft in das Business Framework .NET zu integrieren. Abhängig natürlich vom Marktpotential und der Marktdurchdringung von .NET.
(Interview: mh)