Schweizer Provider proben den Aufstand


Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2003/02

     

Gegen die von der Waadtländer Untersuchungsrichterin Françoise Dessaux verlangte Sperrung von Websites durch die Schweizer Provider regt sich Widerstand. Offenbar legen es einzelne Zugangsanbieter darauf an, dass es zu einem Präzedenzfall kommt, und sie wollen nötigenfalls bis vor Bundesgericht gehen.
Bis jetzt gibt es in der Schweiz noch keinen Entscheid zu einem ähnlich gelagerten Fall. Deshalb kommt dem Ausgang des Verfahrens in Sachen Waadtland gegen die Schweizer Provider eine grosse Bedeutung zu. Mitte Dezember hat die Untersuchungsrichterin die Schweizer Provider ultimativ dazu aufgefordert, den Zugriff auf die Website Appel-au-Peuple.org zu blockieren.
Einige Provider, darunter Sunrise (die die Site ursprünglich auch gehostet hatte), reichten darauf zwar Beschwerde gegen die Verfügung ein, sperrten aber den Zugriff auf die Website wie gefordert. Andere, darunter Bluewin, Green.ch, Magnet.ch und Swisscom sind der Aufforderung zur Sperrung vorerst nicht nachgekommen.
Darauf wurden jene Provider zu einer Anhörung vorgeladen, die der Richterin nicht fristgerecht mitteilten, dass sie die Sperrung vollzogen hatten. Jene ISPs, die darauf die Sperrung trotzdem nachträglich noch bestätigten, mussten nicht erscheinen. Jene, die der Vorladung nicht Folge leisteten, werden mit 1000 Franken gebüsst. Der Tragweite des Falles bewusst, haben sich die ISPs zuvor in mehreren Konferenzgesprächen über die Rechtslage abgestimmt und versucht, sich über das weitere Vorgehen zu einigen.
In den letzten Tagen, bevor das Ultimatum zur definitiven Sperrung ablief, versuchte Green.ch-Geschäftsführer Guido Honegger eine Gruppe von ISPs darauf einzuschwören, sich gegen die Sperrung zu weigern. Bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe war allerdings nicht klar, wie viele dabei mitmachen werden. Honegger will auf jeden Fall unnachgiebig bleiben.
Die Konsequenzen dieses Verhaltens sind indes noch nicht absehbar. Honegger befürchtet, dass er im schlimmsten Fall selbst eine Zivilrechtsklage wegen Ehrverletzung zu gewärtigen hätte. Der Verdacht auf Ehrverletzung brachte die juristischen Steine in Sachen Appel-au-Peuple.org erst ins Rollen.
Dass die Provider nur schon für den Zugang zu allfällig illegalen Informationen zur Rechenschaft gezogen werden sollen, sehen sie nicht ein. Anders wäre es selbstverständlich beim Hosting. Der Widerstand wird aber vor allem auch dadurch angestachelt, weil die Verantwortlichkeit für den Zugang auch Kostenfolgen hätte. Zudem könnte man eine solche Sperrung technisch einfach umgehen. (map)


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