Neues EU-Kartellverfahren gegen Microsoft


Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2003/03

     

Die Computer Industry Association (CCIA), zu der Nokia, Eastman Kodak, Fujitsu, NTT Communications, Sun, AOL Time Warner, Oracle und andere gehörten, hat bei der EU-Kommission eine Beschwerde gegen Microsoft eingereicht.
Die EU-Kommission ermittelt bereits gegen Microsoft, weil das Unternehmen der Verpflichtung zur Offenlegung ausreichender Interface-Informationen über ihr PC-Betriebssystem nicht nachgekommen sei. Microsoft habe Informationen an Wettbewerber nur nach Gutdünken und auf diskriminierende Weise weitergegeben beziehungsweise sich geweigert, Wettbewerbern Interface-Informationen zur Verfügung zu stellen, wirft die Kommission dem Software-Giganten vor.
Nokia und die anderen Unternehmen sind nun der Meinung, dass das Kartellverfahren ausgeweitet werden müsse, da bisher nur ältere Windows-Versionen zur Debatte standen. Ihre Beschwerde richtet sich gegen Video- und Musikbearbeitungs- und auch Internet-Programme, die zusammen mit Windows XP ausgeliefert werden. Ausserdem würden Microsoft-Produkte innerhalb der Windows-Umgebung gegenüber anderen hervorgehoben positioniert, was ebenso gegen EU-Recht verstosse wie die mangelnde Kompatibilität von Microsoft-Programmen mit anderen Betriebssystemen, die bisher im Zentrum der Untersuchung stand.
Die Beschwerde soll offenbar erreichen, dass sich Microsoft bei der mobilen Kommunikation und bei digitalen Musik- oder Videoangeboten einschränken muss.

Eine langwierige Sache

Das erste Kartellverfahren der EU gegen Microsoft war ursprünglich von Sun ausgelöst und später ausgedehnt worden. Vor kurzem hiess es, Microsoft habe Bereitschaft gezeigt, sich mit der EU auf Basis der Entscheidung im US-Kartellverfahren einigen zu wollen. Beobachter zeigen sich indes skeptisch, ob die Einigung aus den USA auf Europa übertragbar ist, da sich die Konfliktlage unterscheidet: Während es in den USA um die Verbindung von Betriebssystem und Programmen wie Internetbrowser oder Media Player ging, sehen die europäischen Behörden die Probleme vor allem in der Gestaltung der Serverarchitektur auf Microsoft-Plattformen.
Microsoft stelle zum Beispiel zu wenig Informationen zur Verfügung, damit Sun-Server problemlos mit Windows-Rechnern kommunizieren könnten. Falls die neuen Beschwerden angenommen werden, könnte das Kartellverfahren so oder so noch längere Zeit dauern. (fis)


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