«E-Business ist erwachsen geworden und findet eine immer grössere Akzeptanz», verkündete Sergio Giacoletto, Executive Vice President
Oracle EMEA, auf der Oracle Apps World in London. «Wir befinden uns zurzeit in der zweiten Welle des E-Business, in der es für kleinere Firmen notwendig wird, ihre Geschäfte mit Grossunternehmen elektronisch abzuwickeln.»
Den Einstieg ins E-Business soll mittelständischen Unternehmen die Special Edition der E-Business Suite von Oracle erleichtern. Diese vorkonfigurierte und vorinstallierte Light-Version ist für Unternehmen mit 10 - 500 Mitarbeitern und einem Umsatz von 15 - 300 Mio. Franken gedacht.
Das Paket enthält Module für Finanz- und Rechnungswesen, Materialwirtschaft, Auftragsverwaltung und Beschaffungsmanagement und bietet, wie Oracle versichert, die volle Funktionalität der E-Business Suite.
Für die mittelständischen Unternehmen wurden Implementierungsgeschwindigkeit und Preis an deren Anforderungen angepasst. Im Fixpreis inbegriffen sind bis zu 25 Software-Lizenzen, Support für das erste Jahr, Implementierung, Personalisierung, Hardware und Benutzertraining.
Nach einer kurzen Anpassung beim Kunden soll die Software einsatzbereit sein. Der Weg zur «normalen» E-Business-Suite mit zusätzlichen Lizenzen und weiteren Funktionalitäten wie etwa einem CRM-Modul bleibt dabei offen.
Nicht ohne meinen Partner
Die Krux für Anbieter von Enterprise-Suiten, die ursprünglich für grosse Unternehmen entwickelt wurden, bildet bei der Eroberung der Mittelmärkte bekanntlich die Anpassung an die lokalen und Branchen-Gegebenheiten. Die Argumente, die gegen abgespeckte Enterprise-Lösungen vorgebracht werden, heissen: zu teuer, zu hohe Implementierungskosten, zu komplex. Mittelständler wollen ihre Prozesse nicht einer globalen Software anpassen, sondern mit der Software abgebildet sehen.
Ausserdem vertrauen sie erfahrungsgemäss eher ihrem lokalen IT-Partner als weltweit operierenden Unternehmen. Das Eindringen in den Mittelmarkt kann daher, wie Michel Clement (Bild links) und Stein Surlien (Bild rechts) unisono versichern, nur über lokale Partner gelingen.
Clement ist als
Oracle Senior Director für das Partner-Netzwerk (OPN) und das Partner-Marketing verantwortlich. Surlien leitet seit dem 1. Juni die nun zusammengelegten Abteilungen Allianzen und Channel in der EMEA-Region.
Die dritte Kernkompetenz
Oracle-Partner zu sein, war in der Vergangenheit nicht immer einfach. Oracles Direct Sales Force verursachte Channel-Konflikte, indem sie dazu neigte, den Partnern Kunden wegzuschnappen, wenn die Aufträge eine gewisse Grösse erreichten. Das soll nun mit der «Open Market Initiative» anders werden: VARs und Systemintegratoren (SIs) können ihre Akquisitionen bei Oracle melden.
Falls der Kunde nicht bereits direkte Kontakte zu Oracle unterhält, gehört er samt First Level Support dem Partner allein. Surlien betont: «Die Spezial Edition läuft ausschliesslich über den Channel. ISVs lokalisieren die Software. VARs und SIs sind für uns wichtig, weil sie die Meinung der Kunden beeinflussen und für Oracle-Lösungen gewinnen können.
Wir investieren viel in die Ausbildung und den Support, ohne gegenüber dem Kunden primär in Erscheinung zu treten. Beispielhafte Lösungen werden zudem ab sofort mit wenigen Klicks über
Oracle.com einsehbar sein.»
Surlien verspricht: «Partnerschaft wird neben der Entwicklung und dem Verkauf von Software unsere dritte Kernkompetenz werden.» Die Special Edition sei einfach zu implementieren und erleichtere damit den Partnern die Arbeit. Das Oracle Partner-Netzwerk wuchs in der EMEA-Region im letzten Jahr von 4800 auf annähernd 7000 Benutzer.
Der Anteil der indirekten Verkäufe am Umsatz ist von 30 auf 40 Prozent angestiegen. Auf dieser Entwicklung will Surlien mit seiner neuen, vereinigten Partnerorganisation aufbauen, indem er sicherstellt, dass alle den gebotenen Support und die Ressourcen nutzen, um ihre Geschäfte auszuweiten.
Jahr des Channels
Nigel Montgomery, Director European Research beim Marktforschungsunternehmen AMR, meinte an der Apps World, 2003 werde vermutlich weniger als Jahr der Akquisitionen (etwa von Peoplesoft durch Oracle) in die Geschichte der Business Software eingehen, als vielmehr als Jahr des Channels. Momentan würden die Anbieter nämlich überall hinter den gleichen VARs und SIs herjagen, um die Mittelmärkte zu erobern.
Clement bestätigt dies, wenn er sagt, dass Oracle in Europa VARs, SIs und ISVs sucht, die bereit sind, insbesondere die Special Edition unter die Leute zu bringen und den Kundenkreis von Oracle über die klassischen Datenbank-Nutzer hinaus zu erweitern.
Das sind möglicherweise keine schlechten Aussichten für eine ansonsten reichlich gebeutelte Branche. In Europa sind laut Clement gegenwärtig 60 Partner für die Special Edition lizenziert. In absehbarer Zeit soll diese Zahl auf etwa hundert aufgestockt werden. In der Schweiz gibt es bisher neun Partner für die Special Edition.
Darunter neben kleineren, lokalen Anbietern auch
IBM, die mit der Integration von PwC ein bereits mit Oracle liiertes, auf KMU spezialisiertes Team übernehmen konnte. Drei weitere Lizenzierungen sollen in Vorbereitung sein. Clement: «Die Schweiz ist für
Oracle, nicht zuletzt wegen der Banken, ein wichtiger Markt. Und nicht zu vergessen: Beim Biotech-Unternehmen Isotis in Lausanne läuft die erste Referenz-Implementation der Special Edition.» (fis)