Der paneuropäische Distributor
Actebis lanciert nun auch in der Schweiz ein Partner-Netzwerk. Das Grundkonzept kommt aus Deutschland, wo bereits im Juni 2002 mit dem Aufbau eines «Systemhaus-Verbandes» unter der Schirmherrschaft des Distributors begonnen wurde.
Die Schweizer Version segelt unter dem Namen «Actebis Network». Bis Ende 2004 will Harald Niemand (Bild), der seitens Actebis für den neuen Reseller-Verbund zuständig ist, etwa 90 VARs gewinnen. Im Gespräch mit Niemand und Caroline Wüest, die die Deutschschweizer Mitglieder im Netzwerk betreuen wird, wird schnell klar, dass man viel Zeit und Hirnschmalz investierte, um ein Schweiz-gerechtes Konzept auf die Beine zu stellen.
Mit zwei eintägigen Workshops in Regensdorf und Egerkingen mit je etwa zehn teilnehmenden Geschäftsführern und Inhabern von VARs klärten die Actebis-Leute Interesse und Bedürfnisse von kleineren und mittleren Resellern ab. Die Vorbereitungsarbeiten wurden von drei «Konzeptpartnern», nämlich Zubler & Partner, Suco Informatik und Tremegisto Consulting, begleitet.
An den Workshops zeigte sich schnell, wo kleinere VARs von ihrem Disti oder eben einem VAR-Netzwerk Unterstützung erwarten.
Kompetenzen-Sharing
Das Teilen von Ressourcen und Know-how wird eine der wichtigsten Funktionen des Reseller-Netzwerkes sein.
Actebis Network wird dabei einzig die Internet-Plattform stellen – die VARs müssen alles andere (Verrechnung, Konditionen etc.) selbst unter sich ausmachen.
Jeder Netzwerk-Teilnehmer wird auf der Internet-Plattform drei Kernkompetenzen angeben können, die er unter Umständen auch über Partnerunternehmen verkaufen möchte. Schwarze Schafe, die beispielsweise inkompetente Leute beim Kunden vorschicken, würden schnell entlarvt, denn die Einträge lassen sich mit den gemachten Erfahrungen kommentieren.
Marketing-Sharing, bessere Konditionen
Das Actebis Network will den Mitgliedern eine ganze Reihe von Marketing-Dienstleistungen anbieten. Somit können sich kleinere Firmen Marketing-Aktionen leisten, die sie alleine nicht zustande bringen würden. So sind gemeinsame Endkunden-Events und Roadshows denkbar, es wird ein Actebis Network Magazin für Endkunden geben und die Netzwerk-Partner können ihren Kunden die Actebis E-Commerce-Site (Margen werden selbst definiert) zugänglich machen.
Ein wichtiger Vorteil des Netzwerkes besteht im Gewicht gegenüber Herstellern. Ein Verband von gegen 90 kleineren VARs kann von den Herstellern natürlich sehr viel mehr Unterstützung einfordern, als es der einzelne Fachhändler kann. Dazu kommt, dass das Actebis-Netzwerk den Resellern Arbeit abnehmen will. Produkte-Flyer und Broschüren können auf der Internet-Seite des Actebis-Networks einfach zusammengeklickt und als PDF heruntergeladen werden.
Auch bei den Zahlungskonditionen geniessen die künftigen Netzwerk-Partner gewisse Vorteile. Wichtig ist auch der Support bei Projekten, wo individuell Zahlungsziele abgemacht werden oder Deals mit der Abtretung von Kundenforderungen oder einem «gemeinsamen Bankkonto» finanziert werden können. Actebis Network bietet im übrigen gemeinsam mit der Firma Econocom den Netzwerk-Partnern Leasing-Lösungen an.
Einen weiteren Vorteil gewinnen die Netzwerkpartner durch den kostenlosen Vorabaustausch von «DOA»-Geräten (dead-on.arrival) für alle Produkte von
Actebis.
Training, Workshops, Rechtsberatung
Das Netzwerk will den Mitgliedern ebenfalls mit Trainings unter die Arme greifen. Bereits für das vierte Quartal 03 sind Verkaufstrainings geplant (Wie bringe ich meinem Service-Techniker das Verkaufen bei?), Management-, Marketing- und technische Workshops werden nächstes Jahr folgen.
Ausserdem arbeitet das Netzwerk mit einem spezialisierten Rechtsanwalt zusammen. Pro Monat ist eine halbe Stunde telefonische Beratung gratis, Musterverträge und weitergehende Beratung müssen bezahlt werden.
Wer darf, wer darf nicht?
Harald Niemand legt Wert auf die Feststellung, dass an die Teilnahme am
Actebis Network klare Bedingungen geknüpft sind. Die Mitglieder sollten sich erstens weder geographisch noch von den Kernkompetenzen her zu sehr «auf den Füssen herumstehen.»
Ausserdem müssen pro Jahr mindestens 200’000 Franken Umsatz mit Actebis anfallen, man sollte minimal drei und maximal 20 Mitarbeitende (mindestens einen Techniker) haben und fähig sein, die eigene Infrastruktur über XML an Actebis anzubinden. Zu guter Letzt wurde ein Jahresbeitrag von 2000 Franken festgelegt, ganz nach dem Motto: «Was nichts kostet, ist nichts wert.»
Thomas Hunkeler von der Suco Informatik, der das Projekt eng begleitete, zeigt sich überzeugt. Er sieht zwar durchaus auch Probleme, zum Beispiel die Frage der Verantwortlichkeit bei geteilten Ressourcen und Kompetenzen. Hunkeler: «Wer hält den Kopf hin, wenn ein herbeigezogener Partner in einem VoIP-Projekt versagt?»
Doch zeigt er sich überzeugt, dass der enge Kontakt zu Konkurrenten, Partnern, aber auch zum Disti ihm viel bringt. Ausserdem betont er die gute Vorbereitung durch die Actebis-Leute. «Die wissen genau, was sie wollen», sagt mit Hunkeler ein VAR, der sonst nicht für überschwengliche Lobhudelei bekannt ist.
Actebis seinerseits hat für die Betreuung der Network-Partner eine eigene Organisation auf die Beine gestellt. Verantwortlich für das Netzwerk in der Deutschschweiz wie auch in der Romandie ist Harald Niemand. In der deutschen Schweiz wird Caroline Wüest die Netzwerk-Partner betreuen, zusätzlich werden sich zwei dedizierte Mitarbeiter um Verkauf und das Account-Management kümmern.
Der Aufwand, den Actebis mit dem Netzwerk treibt, ist also nicht gering. Doch er könnte sich auszahlen, denn der Disti dürfte gleich dreifach profitieren. Erstens bindet er gegen hundert der in der Masse sehr wichtigen kleineren VARs eng an sich und macht mit ihnen auch mehr Umsatz. Zweitens wird er seine Transaktionskosten mit den Netzwerk-Partnern verringern können und wird drittens für die Hersteller dank dem Gewicht des Netzwerks ein attraktiverer Partner. (hc)
Ein cleverer Schachzug
Hersteller und Distis balgen sich gleichermassen um die schmale Schicht von «Corporate Resellern», während Heimuser und Kleinstfirmen durch den IT-Retail und Fachhandel bedient werden. Doch wer kümmert sich um die grosse Masse von kleinen und mittleren VARs mit allen ihren Spezialitäten?
Da scheint mir das
Actebis Network ein sehr geschickter Schachzug. Actebis kann den Aufwand zur Betreuung von gegen 100 VARs bündeln, ihnen seinerseits aber auch sehr viel mehr Marketing-Unterstützung bieten.
Die künftigen Mitglieder im Actebis Network werden davon profitieren. Doch vor allem können sie das Netzwerk zum gegenseitigen Austausch benützen. Wie macht es der Kollege/Konkurrent? Welche Erfahrungen hat er mit diesem oder jenem Produkt oder dem Markt? Und 90 kleine VARs gemeinsam werden auch für den grössten Hersteller zu einem wichtigen Faktor. Sie werden davon profitieren.
Hoffen wir, dass die Initiative von Actebis Schweiz nicht durch Entwicklungen im Konzern zunichte gemacht wird. (hc)