Open Source-Software in der Schweiz

Eine neue Studie von Cambridge Technology Partners belegt, dass Open Source-Software in der Schweiz viel weiter verbreitet ist, als man annehmen dürfte. Noch kaum genutzt werden allerdings freie Unternehmens-Applikationen.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2003/21

     

Cambridge Technology Partners hat 450 Schweizer Top-Unternehmen zum Stand des Einsatzes von Open Source-Software befragt. Mit IT-Entscheidern aus 55 Unternehmen wurden überdies detaillierte Interviews geführt.
Bruno von Rotz (Bild), Principal von Cambridge Schweiz: «Noch wird Open Source oft mit Linux gleichgesetzt. Open Source-Komponenten finden sich aber vom Betriebssystem über Server und Clients bis zu Datenbanken, Transaktionsmonitoren, Portal-Frameworks und Content Management-Anwendungen.» Rund 75% aller Befragten benutzen laut der Studie solche Open Source-Komponenten oder planen, dies noch in diesem Jahr zu tun.

Wenig Unternehmens-Applikationen

Im Einsatz sind vor allem Linux, Apache und Eclipse. Im Bereich CMS und CRM/ERP dagegen wird Open Source noch kaum genutzt. Dieser Markt wird von grossen Unternehmen wie SAP, Peoplesoft, Siebel oder Oracle dominiert, die ihre Erfahrung mit Geschäftsprozessen in die Produkte einfliessen lassen.
Von Rotz weist aber darauf hin, dass in letzter Zeit einige Open Source- Initiativen beachtliche Erfolge vorzuweisen haben. Die Unternehmen, meint er, sollten sich fragen, wie viel Funktionalität sie im konkreten Fall benötigen, und was sie dafür zu bezahlen bereit sind.
Er vermutet, dass nicht zuletzt im KMU-Markt Open Source-Lösungen eine interessante Alternative sein können: «Wir haben in der Studie nur grosse Unternehmen befragt. Rückschlüsse auf KMU lassen sich daraus nicht direkt ableiten. Doch gefühlsmässig würde ich sagen, dass kleinere Firmen meist pragmatischer agieren als die Grossen, die zu strikteren Ja/Nein-Strategien neigen.»

Kosten und Unabhängigkeit

Ein wichtiges Argument für die Befragten sind die Kosten. 58% sehen vor allem in den Bereichen Maintenance/Weiterentwicklung Sparpotential, 50% bei den Lizenzkosten. Wichtiger ist den Befragten jedoch die Unabhängigkeit von den Anbietern.
Open Source-Software wird dabei nicht schlechter eingeschätzt als die kommerzielle Konkurrenz. 57% aller Befragten halten die Qualität für den Unternehmenseinsatz ausreichend. Von den restlichen Befragten sind 75% zumindest der Ansicht, dass dies in absehbarer Zeit der Fall sein wird.
Die Verfügbarkeit halten 58% für ausreichend. Den relativ hohen Anteil von 29% ohne Antwort interpretiert von Rotz als Unsicherheit, da bei der Beschaffung nicht auf einen eigentlichen Hersteller zurückgegriffen werden kann.

Hindernisse und Risiken

Das grösste Hindernis sehen die Befragten denn auch bei der Schadenshaftung. 49% betrachten es als Nachteil an, dass sie keinen direkten Vertragspartner haben, den sie verantwortlich machen können. Interessant, dass die Deutschschweizer diesem Umstand deutlich mehr Gewicht beimessen als ihre Westschweizer Kollegen.
43% aller Befragten befürchten zudem, nicht über das notwendige Know-how und Personal zu verfügen, und 59% sorgen sich um den Support.
Die aktive Mitarbeit an Open Source- Projekten geht selten über Fehlermeldungen hinaus. Von Rotz stellt fest: «Die meisten Firmen konsumieren lieber, als dass sie sich aktiv an einem Open Source-Projekt beteiligen.» Dabei wäre es für ein Unternehmen durchaus interessant, sich an der Entwicklung zu beteiligen, nicht zuletzt um eigenes Know-how aufzubauen und sich gegen Support- und Release-Probleme abzusichern.

Geld

Für Linux gibt es Vergleiche, die zeigen, dass die Kosten-Vorteile gegenüber Windows nicht so sehr bei den Lizenzen als im Support-Bereich liegen. Gegenüber kommerziellen Unix-Systemen fallen ausserdem die geringeren Hardware-Kosten ins Gewicht.
Bei CRM-Projekten hingegen, wo die Komponenten immer wieder angepasst werden sollten, muss eigenes Know-how aufgebaut werden, das für kommerzielle Produkte im Second-Level-Support angeboten wird. Das kann den Kostenvorteil bei der Implementierung in den folgenden fünf Jahren wieder auffressen. Kostenvergleiche sollten sich daher, so von Rotz, immer auf den gesamten Lebenszyklus beziehen.
Laut der Studie sind heute in der Schweiz über 10’000 Informatiker und Nutzer mit Open Source-Software befasst. Der vergleichbare «Lizenzwert» der eingesetzten Software errechnet Cambridge Technology Partners auf 400 bis 500 Millionen Franken.
Damit werde deutlich, so die Schlussfolgerung, dass Open Source schon heute eine wichtige Grösse in den Schweizer Unternehmen darstelle. Verbesserungspotential gebe es für Open Source aber sehr wohl, etwa bei der Abstimmung der Releases. (fis)

Die Gretchenfrage: Wie hältst du es mit Open Source?

IBM unterstützt neben Linux zahlreiche Initiativen und hat mit Eclipse eine umfangreiche Entwicklungsumgebung zur Verfügung gestellt. Novell will die Services von Netware auch auf einem Linux Kernel anbieten. Mit den Akquisitionen von Ximian und Suse wurde die Linux-Palette vervollständigt.
Microsoft ist seit 1998, als seine Geheimstrategie gegen Linux und Open Source an die Öffentlichkeit gelangte, das grosse Feindbild der Open Source Community. Seit einem Jahr aber versucht auch Microsoft bei ausgewählten Produkten von teilweise offengelegtem Code zu profitieren.
Oracle setzt als strategische Plattform für seine Produktpalette auf Linux. SAP hat mit der mySAP Business Suite als erster ERP-Hersteller eine Portierung seiner Produkte auf Linux vorgenommen.
Sun stellte der Community ihre Office Suite unter dem Namen Openoffice zur Verfügung. Sun ist überdies Mitglied der Apache Foundation und hat sich mit Einschränkungen zu Linux bekannt.


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