«Der kann das nicht!». Das war die erste Reaktion von Schweizer Actebis-Mitarbeitern, nachdem wir ihnen die Nachricht vom geplanten Kauf der Actebis-Gruppe durch Joe Hemani, Inhaber des britischen Distis Westcoast, überbrachten. Und tatsächlich: Hemanis Traum mit
Actebis auf einem Schlag vom hochprofitablen aber lokalen Player zur Nummer 3 im europäischen Disti-Geschäft zu werden, hat sich vergangenen Mittwoch in Nichts aufgelöst.
Wie Insider meinen, ist der Deal nicht etwa am Übernahmepreis, sprich Goodwill, für den verlustreichen Disti gescheitert. Hingegen brachte Hemani offensichtlich die nötigen Mittel für die Finanzierung des laufenden Betriebes (Inventar und Löhne) nicht auf. Immerhin schätzen Profis den Kapitalbedarf für Actebis etwa auf 300 Millionen Euro.
Hemani selbst hatte nie offengelegt, wie er die Übernahme von Actebis finanzieren wolle – und heizte dadurch die Gerüchteküche an. So sagte uns ein guter Kenner der europäischen Disti-Szene, hinter Hemani stecke der russische Oligarch Roman Abramovitsch, der in Grossbritannien lebt und dort unter anderem als spendabler Besitzer des FC Chelsea bekannt ist.
Schmidt kommt, Targa wird verkauft
Bei Otto und
Actebis heisst es
Also «zurück zum Start». Gesucht wird nun ein neuer Chef der Actebis Holding als Nachfolger von Michael Urban. Graeme Watt, der ehemalige Europachef von
Tech Data, der sich voreilig als neuer Actebis-Boss feiern liess, wird es definitiv nicht sein. Beim Sorgenkind der Actebis-Gruppe, Actebis Deutschland, sieht man hingegen schon viel klarer.
Die ehemalige HP-Frau Bärbel Schmidt wird dort wie vorgesehen per 1.1.04 das Zepter übernehmen und auch der Verkauf der Eigenmarke Targa an Michael Urban wird planmässig über die Bühne gehen. Urban plant, aus Targa einen schlagkräftigen Konkurrenten zu Playern wie
Medion oder Gericom aufzubauen.
Fragezeichen um EWG
«Viel Lärm um nichts» also? Nicht ganz. Denn im Rahmen seines Versuchs, Actebis zu schlucken, ist Joe Hemani mit seiner Westcoast nach einigem Hin- und Her aus der Disti-Allianz EWG (European Wholesale Group mit
Also ABC, Esprinet und Copaco) ausgetreten.
Das Zerwürfnis zwischen Westcoast und der EWG schwächt beide Seiten enorm: Westcoast steht nun gegenüber dem Hauptlieferanten
HP als zwar profitable, aber kleine Einzelmaske da, während die EWG den sehr wichtigen Markt England nicht mehr abdeckt. Ob Westcoast nun reumütig wieder an die Pforten der EWG klopft? Und stehen diese noch offen?
Es bleibt ebenfalls eine gewisse Unsicherheit um die Zukunft von
Actebis. Dass der Otto-Konzern seine Distributionstochter loswerden will, ist spätestens seit dem geplatzten Westcoast-Deal kein Gerücht mehr. Zu hoffen bleibt, dass nun in aller Ruhe eine seriösere Lösung gesucht werden kann. (hc)