Bechtle kauft sich komplett

Mit dem Kauf des Systemgeschäfts der Also Holding kommt Bechtle in der Schweiz zum Mosaiksteinchen, das noch gefehlt hat: Fortan kann das Unternehmen von der Beschaffung bis zu Dienstleistungen und Lösungen alles aus einer Hand anbieten.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2004/03

     

Ein wenig Eigenlob muss an dieser Stelle sein: «Wir halten Bechtle für einen der möglichen Kandidaten für die Übernahme von Also Comsyt, die zum Verkauf steht» – so orakelte (hc) auf IT-Reseller-Online am 27. März des vergangenen Jahres.
Er sollte – trotz zwischenzeitlichen Dementis aus dem Hause Bechtle – Recht behalten: Vor rund zehn Tagen hat der deutsche Systemintegrator den Kauf des Systemgeschäfts der Also Holding publik gemacht.
Demnach übernimmt Bechtle sämtliche Anteile der Also Comsyt. Nur knapp zwei Monate, nachdem der diskrete deutsche Riese mit dem Kauf der ARP-Gruppe von sich reden machte, ersteht er mit Also Comsyt nun das letzte fehlende Mosaiksteinchen auf dem Weg zum One-Stop-Shop für Grosskunden und KMU. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart.

«Der Kauf ist eine Idealsituation»

Thomas Willenegger, Geschäftsführer von Also Comsyt, gibt sich aufgeräumt und zufrieden: «Bechtle ist jetzt in der Schweiz sehr breit aufgestellt und kann den Kunden aus verschiedenen Blickwinkeln – vom Versand bis hin zu Lösungen – optimal bedienen», sagt er.
Während der strategische Fokus zu Also-Zeiten noch auf Grosskunden lag, sollen jetzt unter Bechtle vermehrt «Möglichkeiten im Umfeld des Mittelstandes genutzt werden», wie Willenegger sagt. Ansonsten aber bleibe die bestehende Strategie bestehen.
Es entspräche auch nicht der Philosophie von Bechtle, bei den eingekauften Firmen mit dem Besen auszukehren und alles auf den Kopf zu stellen. Im Gegenteil. Der deutsche Riese verfolgt in Sachen Unternehmenskäufe eine einzigartige Philosophie: So werden nur Gesellschaften gekauft, bei denen das amtierende Management im Amt bleibt. Auch wird der Name der gekauften Firma in der Regel beibehalten.
«Das bleiben Schweizer Firmen unter Schweizer Führung. Wir wollen nur Firmen von vor Ort, die auf Augenhöhe mit dem Kunden sind», erklärt Rudi Schmidt, Pressesprecher von Bechtle in Gailsdorf. In Deutschland führt der Systemintegrator seine zugekauften Systemhäuser als flexible Einheiten. «Bechtle ist kein Monolith, sondern eine Zusammenstellung von fokussierten, schlagkräftigen Einheiten mit einem hohen Grad an Selbständigkeit», ergänzt Willenegger.

Flexibles Schwergewicht im Schweizer Markt

Dennoch: Bei genauer Betrachtung der «neuen Schweizer Bechtle» kommt man unweigerlich zum Schluss, dass sich verschiedene Konkurrenten im Land warm anziehen müssen. Denn mit dem Zukauf des Systemgeschäfts ist Bechtle gut positioniert – Also Comsyt passt zu den Deutschen wie die Faust aufs Auge.
Mit den Gesellschaften Bechtle Comsoft und ARP deckt der deutsche Riese hierzulande alle erdenklichen Beschaffungsbedürfnisse ab: Im Internet können nicht nur IT-Produkte wie PC, Server und Zubehör bestellt werden, sondern auch ein grosses Angebot an sogenannten «C-Artikeln» für den allgemeinen Bürobetrieb.
Die frühere Eurodis und jetzige Bechtle Data bringt Kompetenzen im Bau von Rechenzentren und Storage-Lösungen mit. Nicht vergessen gehen darf das Geschäft mit Microsoft-Lizenzen: Über CC Data-Disc kontrolliert Bechtle rund 50 Prozent des Schweizer Microsoft-LAR-Geschäftes (Large Account Reseller). Mit Also Comsyt kommt jetzt – last but not least – endlich das ersehnte Systemgeschäft hinzu.
Die Perspektiven sind überzeugend: Mit den 400 Mitarbeitenden der Also Comsyt beschäftigt Bechtle in der Schweiz fortan rund 600 Angestellte und wird Gross- und KMU-Kunden alles aus einer Hand anbieten können. Nichtsdestotrotz bleibt der lokale Fokus gewahrt: Dank den drei Business-Centers von Comsyt in Zürich, Basel und Lausanne und landesweit elf Service-Stützpunkten «kauft» sich Bechtle direkt vor die Haustür potentieller Kunden.

Reaktionen der Konkurrenz

Einen eindeutigen Konkurrenten zu Bechtle Schweiz gibt es nicht: «Unsere Konkurrenz ist sehr fragmentiert», sagt auch Willenegger. Dennoch: Mindestens in Teilbereichen kann Bechtle allen möglichen Marktteilnehmern gefährlich werden: IBM Global Services, RedIT, Unisys, T-Systems, Swisscom IT Services, Panatronic und Itris.
Andreas Kleeb, Geschäftsführer von RedIT, gibt sich gelassen: «Das erschreckt uns nicht. Mit der Fusionsabsicht mit Think Tools haben wir schon im Dezember einen weiteren Konsolidierungsschritt angekündigt», meint er. Kleeb denkt, dass «in den nächsten zwei, drei Jahren» noch der eine oder andere Zusammenschluss im Land erfolgen wird.
Wenn auch IBM Global Services in einigen Projekten klar im Teich von Lowend-Services gefischt hat, sieht sich der Blaue Riese gut positioniert: «Die Verbindung zwischen IT-Services und branchenspezifischer Beratung, die wir anbieten, ist einzigartig», sagt Jochen Reinhardt, Mediensprecher von IBM Global Services Schweiz.
Zugeknöpfter gibt sich derweil T-Systems: Den Verantwortlichen der Schweizer Niederlassung des deutschen Dienstleisters und Outsourcers war heuer nichts zum Zusammenschluss von Bechtle und Comsyt zu entlocken: «Wir wollen das nicht kommentieren», hiess es. (bor)


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