Seit sich die Welten der IT und der Consumer Electronics unaufhaltsam aufeinander zubewegen, hat sich die Wettbewerbssituation für Retailer, Händler, Distis und Hersteller beider Lager weiter verschärft: «Die Margensituation ist hart», sagt Claudio Magnabosco, Brand Marketing Manager von
Philips Consumer Electronics zu IT Reseller. Und eines scheint klar: Der Wohnzimmer-Kunde ist begehrt. Denn dieser anspruchsvolle, Luxus- und Lifestyle-orientierte Kundentyp war es, der den klassischen Herstellern von Fernsehgeräten, Videorecordern, Videokameras und HiFi-Anlagen während vieler Jahre ihre Pfründe und Margen, von denen IT-Firmen nicht einmal zu träumen wagen, gesichert hat. Doch die fetten Jahre sind defintiv vorbei. Die UE-Hersteller befürchten eine Überflutung des UE-Marktes von Seiten der IT-Firmen mit ihren eigenen Produktionskapazitäten und unzähligen Flachbildfernsehern oder MP3-Playern: «Es ist schon gut, kompetitiv zu sein, nur ist man sich offenbar noch nicht ganz im klaren, was das am Schluss für alle bedeutet», meint Magnabosco. Und fügt an: «Je mehr ein Produkt zur Commodity wird, desto weniger ist eine Dienstleistung darum herum finanzierbar.»
Absatzprobleme bei
klassischen CE-Herstellern?
Unlängst hat der japanische UE-Riese
Pioneer den Abbau von 2000 Stellen weltweit bekanntgegeben (IT Reseller berichtete). Auch
Philips muss im ersten Quartal seines laufenden Geschäftsjahres einen drastischen Gewinnrückgang verschmerzen. Der Reingewinn schmolz von 550 Mio. Euro auf 117 Mio. Euro zusammen. Daraus allerdings auf generelle Absatzprobleme der klassischen CE-Hersteller schliessen zu wollen, wäre verfehlt: «Die meisten grossen UE-Hersteller haben umfangreiche Restrukturierungen hinter sich. Alle müssen sich wärmer anziehen und nutzen heute Produktionssynergien. So auch Matsushita Electric Industrial, deren Marken
Panasonic und
Technics wir für die Schweiz importieren und vertreiben», sagt Christian Hermle, Mediensprecher von
John Lay Electronics. Im Falle von Matsushita sei der Restrukturierungsprozess allerdings heute weitgehend abgeschlossen und das Unternehmen schreibe seit dem letzten Geschäftsjahr auch wieder Gewinn: «Was die Ergebnissituation angeht, stehen wir heute wesentlich besser da als manche Konkurrenten», so Hermle weiter.
Für Urs Wilhelm, Marketingleiter von
Interdiscount, ist klar, dass ein Preiszerfall stattfindet und die Margen unter Druck sind: «Doch diejenigen Hersteller, die ihre Kosten im Griff haben, günstig produzieren und Investitionen in das Marketing tätigen, um einen guten Brand aufzubauen, können auch heute weiterhin erfolgreich sein», so Wilhelm.
Klassisches HiFi in Bedrängnis
Probleme ortet Urs Spahr, Marketingleiter von Media Markt, allenfalls bei reinen Fernsehherstellern wie
Grundig, die unter der neuen Konkurrenz von
Sharp, LG und
Samsung leiden, sowie im klassischen HiFi-Bereich: «Fakt ist aber, dass trotz verschärfter Konkurrenz- und Margensituation die Nachfrage der Konsumenten da ist. Im TV-Bereich ist sie steigend, was die Einführung von HDTV (High Definition TV) im Jahr 2006 weiter unterstützen wird. Auch bei portablen Geräten wie MP3-Playern verzeichnen wir eine enorm hohe Nachfrage», so Spahr zu IT Reseller. Letztlich würden aber immer der Konsument und die Marke über Erfolg oder Misserfolg eines Produktes entscheiden.
Auf die CE-Produkte von klassischen IT-Herstellern angesprochen, gibt sich Spahr skeptisch: «Was die UE-Industrie in den letzten 20 Jahren in Marke und Image investiert hat, kann ein IT-Hersteller, der jetzt einen Flachbild-Fernseher anbietet, nicht einfach so wettmachen», so Spahr. Und weiter: «Wenn es diese HP-TV-Geräte gibt, dann werden wir sie führen. Allerdings muss
HP enorm viel in das Marketing investieren».
Kaum Angst vor der IT
Überhaupt: Die offenbare «Bedrohung» der klassischen UE-Hersteller durch den Markteintritt von IT-Firmen wie
HP,
Dell, Fujitsu-Siemens und
Acer wird in den Augen vieler Branchenexperten heisser angesehen, als sie tatsächlich ist – zumindest zum jetzigen Zeitpunkt. «Natürlich achten wir genau darauf, was sich im Schnittstellenbereich UE-IT so tut und haben auch gewisse Produkte in der Pipeline», so Hermle von John Lay, «aber es gibt nach wie vor eine erstaunliche Diskrepanz zwischen dem, was von gewissen Firmen angeboten wird und dem, was sich der Konsument heute ins Wohnzimmer stellt», so Hermle. Er glaube, dass die Konsumenten heute noch verhalten seien: Solange eine Mehrheit der Schweizer noch keinen PC konfigurieren könne, werde auch der Durchbruch von Mediacenter-Produkten auf sich warten lassen: «Hinzu kommt, dass die IT sich die entsprechenden Distributionskanäle zuerst erschliessen muss, um im Wohnzimmer zu landen. Und weiter haben grosse UE-Hersteller wie
Panasonic und
Sony als Computerhersteller auch das nötige Vernetzungs-Know-how, um entsprechende Produkte zu lancieren, die man sich dazu auch noch ins USM-Regal stellen kann», so Hermle zu IT Reseller.
UE bleibt bei ihren Leisten
Doch nicht nur IT-Firmen sind auf den UE-Kanal angewiesen, auch CE-Hersteller brauchen für ihre neuen Produkte das Vernetzungs-Know-how des IT-Fachhandels: «Unsere Streamium-Produkte eignen sich beispielsweise für den IT-Channel», sagt Magnabosco von
Philips. Man habe in jüngster Zeit gemerkt, dass dieses Produkt stark vom Know-how des Verkaufspersonals abhänge. Von Vorteil seien daher Showrooms und ausgebildete Händler: «Solange der traditionelle UE-Händler sich aber noch scheut, eine MP3-Datei auf einen portablen Player zu laden, sind wir auf die klassischen IT-Händler angewiesen», so Magnabosco.
Was die klassischen Philips-Produkte wie Fernseher angeht, sollen diese auch in Zukunft über Kanäle laufen, die dem Produkt einen Mehrwert wie Beratung, Service, direkte Ansprechpartner oder Produktdemonstrationen geben können. Aus diesem Grund kommen für Magnabosco Verkaufskanäle, bei denen der Preis im Vordergrund steht, nicht in Frage: «Es ist sicher so, dass unsere IT-Disti-Partner scharf darauf sind, unsere TVs in ihren Kanälen zu verkaufen. Doch ein solcher Schritt würde den Konsumenten und uns mittelfristig nur schaden», so Magnabosco zu IT Reseller. Die UE-Branche bleibt also – mindestens was den Vertrieb ihrer angestammten Cash-Cows wie Fernseher angeht – vorderhand bei ihren Leisten. (bor)
IT-Firmen im TV-Geschäft
Vor einiger Zeit haben
HP, Dell und Fujitsu-Siemens ihren Einstieg ins TV-Geschäft angekündigt. Dort sind sie bis jetzt mit unterschiedlichen Erfolgen vertreten.
Noch überhaupt nicht in der Schweiz erhältlich sind etwa die LCD-TV-Geräte von
HP, obwohl diese anscheinend in Amerika bereits ein Renner sind. Bei HP Schweiz ist man aber offenbar immer noch damit beschäftigt, den richtigen Channel oder Channel-Mix für die UE-Produkte zu definieren und mit entsprechenden Partnern zu verhandeln – und gibt sich entsprechend zugeknöpft: «Momentan sind wir dabei, eine präzise Strategie über die Einführung neuer Produkte sowie Verhandlungen mit möglichen Partnern aufzunehmen beziehungsweise zu vertiefen, die uns helfen werden, diese Produkte zu vertreiben. Welche Produkte aus unserem breiten Portfolio und welche Partner das sein werden, ist aber noch völlig offen. Dazu können wir keine Details verlauten lassen, bis der Prozess abgeschlossen ist», teilt Arnold Marty, Country Manager der Imaging & Printing Group von HP Schweiz mit. Brancheninsider aus der CE-Industrie vermuten allerdings, dass es HP schwer fallen dürfte, ihre TV-Geräte in den klassischen UE-Kanal zu drücken, der von Einkaufsverbünden wie der Expert-Gruppe,
Sacom oder
Telion beliefert wird.
Erfolgreicher läuft es offenbar für Fujitsu-Siemens und deren Plasma-TV-Geräte, die seit einigen Monaten zu Kampfpreisen auch in der Schweiz angeboten werden: «Die Geräte sind in unserem ganzen Retail-Kanal erhältlich und sehr gut angelaufen», so Ralf Stein, Head of Marketing und Communications für die Schweiz und Österreich. In der Tat gelinge es dem Hersteller momentan nicht, die Nachfrage auch zu befriedigen. Den Erfolg erklärt sich Stein damit, dass Fujitsu-Siemens dank seinen Consumer-PC auch bei Privatkunden einen starken Brand habe.
Auch
Dell, die via direktem Vertrieb in der Schweiz zwei LCD-TV-Modelle anbietet, hat gute Erfahrungen gemacht: «Wir sehen bei diesen Produkten ein grosses Wachstumspotential», so Patrick Weinmann, Produktmanager für Software & Peripherals bei Dell Schweiz. Der Eintritt in den Markt für Consumer Electronics sei Dell nicht zu schwer gefallen, da man bei dieser Kundengruppe schon sehr bekannt sei und aufgrund des direkten Vertriebsmodells auch den Kontakt zum Endkunden habe. (bor)