Viele Davids gegen Goliath

Obwohl sich die Hardware-Preise seit langem im Sturzflug befinden, mischen im Schweizer Printermarkt immer mehr Hersteller mit und versuchen, dem Branchenprimus HP Marktanteile abzujagen.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2005/17

     

Es ist eine Binsenwahrheit: Das Printergeschäft ist hartumkämpft. Die Stückpreise fallen und die Margen ebenso. Unangefochtener Marktleader, sowohl bei den Inkjet- als auch bei den Laserdruckern, ist die Firma HP, die je nach Produktklasse oder Verkaufskanal zwischen 50 und 70 Prozent des Volumens für sich beanspruchen kann. Den Rest teilen sich Marktgrössen wie Canon, Epson und Lexmark bei den Tintenstrahldruckern respektive Brother und Lexmark bei den Laserdruckern. Vor allem im Laserbereich aber mischen weitere Hersteller mit, die zum Teil erfolgreich daran sind, HP Marktanteile abzujagen. Zu erwähnen sind hier Oki, Kyocera-Mita, Konica Minolta, Epson und Samsung.

Rote Tinte

Die brutalen Preiskämpfe schlugen sich auch in jüngster Zeit in negativen Schlagzeilen für die Hersteller nieder. So musste erst vor wenigen Tagen Epson bekanntgeben, dass aufgrund der sinkenden Preise bei Tintenstrahldruckern der Konzerngewinn 50 Prozent geringer ausfallen wird als noch letztes Jahr. Und die Schweizer Niederlassung von Canon meldete, dass der Gewinn im ersten Halbjahr nur deshalb gesteigert werden konnte, weil Finanz- und Mieterträge verbessert werden konnten und die operativen Kosten gesenkt wurden. Canon ist in der Schweiz bei Tintenstrahldruckern Nummer zwei, Epson Nummer drei. Rund 50 Prozent des Volumens von 38 Millionen Franken im letzten Jahr gingen gemäss Zahlen der Marktforschungsfirma GfK auf die Kappe von Branchenleader HP. Zum Vergleich: Im Jahr 2003 war der Schweizer Markt für Tintenstrahldrucker noch 53 Millionen Franken wert. Nicht eingeschlossen sind hier die Multifunktionsgeräte, diese machen rund zwei Drittel vom Gesamtmarkt aus. Der Markt für Laserdrucker hingegen betrug in der Schweiz im letzten Jahr rund 155 Millionen Franken – rund zwei Drittel davon waren Monochrom- und rund ein Drittel Farblasergeräte. Auch hier versuchen diverse Hersteller, sich ein Stück vom Kuchen abzuschneiden.

Differenzierungsmerkmale

Bei einer solchen Anbieterfülle fallen dem Betrachter drei Hauptstossrichtungen ins Auge: Erstens versuchen die Hersteller sich mit technischen Merkmalen von anderen zu differenzieren. HP beansprucht für sich sowieso, der Innovationsmotor der Branche zu sein. Epson hat einen eigenen Druckkopf, der in allen Geräten drin ist. Oki eine digitale LED-Technologie. Auch Benutzerfreundlichkeit (Ease of Use) wird als Differenzierungsmerkmal zum Mittbewerb verwendet (Lexmark) oder der Einsatz von langlebigen Komponenten (Kyocera Mita). Auch lassen die Hersteller nichts unversucht, um sich beim Kunden mit kurzen und prägnanten Botschaften in den Köpfen zu verankern und dort präsent zu bleiben. «Invent» heisst es bei HP, «You Can» bei Canon oder «At your side» bei Brother, um hier nur einige der von Spezialisten für die weltweite Präsenz ausgedachten Slogans zu nennen.

Hoffnungsträger MFP

Zweitens stürzen sich alle auf die Multifunktionsgeräte. Die hybriden Alleskönner, die neben Drucken und Kopieren auch Scannen und Faxen können, sind der Hoffnungsträger einer ganzen Branche. Doch nachdem bei den Tintengeräten die Preise ins Bodenlose gesunken sind, lenken sich seit diesem Jahr die Hoffnungen auf die Farblaser-Multifunktionsgeräte. Seit dem ersten Gerät, das Canon vor einem Jahr für rund 8000 Franken auf den Markt gebracht hat, ist der Preis dramatisch gesunken. Mittlerweile gibt es solche Geräte von diversen Herstellern für unter 1000 Franken – und das ist gut so. Denn seit dieses Jahr die Multifunktionsschiene auch bei den Farblasern gefahren wird, steigt im Lowend-Bereich der Durchschnittspreis wieder: Viele Verbraucher kaufen jetzt lieber ein etwas teureres Laser-Multifunktionsgerät als ein entsprechendes mit Tinte.

Service macht Marge

Drittens kommt dem Servicebereich oder dem entsprechenden Verkaufskanal immer grössere Bedeutung zu. Ausser den Herstellern, die den Kundenservice an Drittfirmen ausgelagert oder den Channel-Partnern überlassen haben, legen etliche Grosse Wert auf Kundensupport als Umsatzträger: «Der Bereich Dienstleistungen verzeichnet das höchste Wachstum und ist ein wichtiges Differenzierungsmerkmal zu anderen Mitbewerbern», sagt etwa Arnold Marty, Managing Director der Printing Solutions Group von HP Schweiz.
Auch bei Canon macht dieser Bereich mittlerweile einen beträchtlichen Anteil aus. Laut Christian Mossner, Marketing Director Business Solutions, erwirtschaftet Canon 40 bis 60 Prozent des Gesamtumsatzes mit Services.
Bei Xerox sieht man das ähnlich. In den nächsten Jahren würden die Kunden ihre Kaufentscheide vermehrt aufgrund von Servicequalität, Geschwindigkeit, Verfügbarkeit und Kosten fällen und den grösseren Teil ihres Budgets für Service und nicht für Produkte ausgeben, sagt Dominique Lüscher, National Product Marketing Manager Office bei Xerox. Mit einem «Weltklasse-Service» könne man sich einen Vorteil verschaffen und somit eine starke Kundenbindung erreichen, so Lüscher weiter.

Fachhandel trotz allem

Doch nicht nur die direkte Serviceerbringung, auch der Fachhandel ist ein wichtiger Faktor in der Strategie so mancher Hersteller. Zwar ist bei genauerer Durchsicht der GfK-Zahlen nicht zu übersehen, dass der Retail (Media Markt, Fust, Interdiscount) und auch die Grossverteiler (Migros, Carrefour etc.) im unteren Preissegment immer wichtiger werden. Vor allem durch Promotionen kommt es hier immer wieder quartalsweise zu sich leicht verschiebenden Rangverteilungen. Durch solche Aktivitäten haben klassische PC-Händler massiv an Bedeutung verloren. Dennoch versuchen hier viele Hersteller, in die Bresche zu springen und lokal verankerte Händler mit ihrer Nähe zum KMU-Kunden für sich zu gewinnen. (mh)


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