«Die Geschäftsmöglichkeiten sind riesig»

Im Interview mit IT Reseller äussert sich Phil Dunkelberger, der CEO des Security-Softwareherstellers PGP, zu den Perspektiven im IT-Security-Markt und zeigt, auf was sich ein VAR konzentrieren soll.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2005/18

     

PGP (Pretty Good Privacy) ist quasi ein Synonym für Verschlüsselung. Die gleichnamige Firma hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Die Version 1.0 der Verschlüsselungs-Software kam 1991 auf den Markt. Die Verschlüsselung war so stark, dass die US-Behörden den Export unterbinden wollten. Im Jahr 1997 übernahm Network Associates PGP, 2002 wurde das Unternehmen mittels Buy-out wieder abgestossen.
PGP ist auf Expansionskurs und will den Schweizer Markt stärker attackieren. Deshalb hat das Unternehmen nun eine Partnerschaft mit dem Value Added Distributor Infinigate besiegelt. IT Reseller hatte Gelegenheit, den CEO von PGP, Phil Dunkelberger, anlässlich der Hausmesse von Infinigate in Zürich zu interviewen.
IT Reseller: Wo bestehen Ihrer Meinung nach zurzeit die grössten Herausforderungen im IT-Security-Bereich?

Phil Dunkelberger: Die liegen zweifelsohne in der Komplexität der IT-Umgebungen, all den verschiedenen Geräten und Anwendungen, die miteinander zusammenspielen müssen. Vielfach werden verschiedene Produkte zusammengekauft, die nicht unbedingt dafür ausgelegt wurden, miteinander zusammenzuarbeiten. Dadurch ergeben sich automatisch Sicherheitslücken. Zu dieser Entwicklung tragen auch die unzähligen Mobilgeräte bei. Früher waren die Informationen allein deshalb sicherer, weil man sie nicht herumtragen konnte.


ITR: Wieviel Prozent des Umsatzes macht PGP in den USA, wieviel in Europa und Asien?

Dunkelberger: In den USA machen wir etwa 50 Prozent unseres Umsatzes, in Europa etwa 40 Prozent und der Rest verteilt sich auf die übrige Welt. Dieses Verhältnis wird sich jetzt aber stark ändern, da wir gerade in Japan eine Niederlassung eröffnet haben und nun auch für den japanischen Markt aufbereitete Produkte anbieten.

ITR: Mit welcher Umsatzentwicklung rechnen Sie in Europa?

Dunkelberger: In den letzten drei Jahren sind wir durchschnittlich 50 bis 60 Prozent gewachsen. Mit diesem Wachstum und trotz der harten Marktbedingungen werden wir neue Märkte kreieren können und zudem eine wichtige Stellung erlangen in den Märkten, in denen wir bereits aktiv sind. Im Bereich Secure-E-Mail gehen wir bereits jetzt davon aus, dass wir Marktführer sind.

ITR: Was sind die Gründe für dieses doch beeindruckende Wachstum?

Dunkelberger: Die Nachfrage nach unseren Produkten hat dramatisch zugenommen in letzter Zeit. Wir haben ja 2002 PGP aus Network Associates herausgekauft, weil die Firma in diesem Bereich kein Geschäft sah. Bis jetzt haben wir deren Umsatz vervierfacht. Obwohl wir keinen Umsatz hatten, den wir übernehmen konnten – wir haben also bei Null angefangen.

ITR: Gibt es aus Ihrer Sicht grosse Unterschiede zwischen dem europäischen und dem amerikanischen Markt?

Dunkelberger: Speziell am europäischen Markt ist, dass hier viel einheitlichere Sicherheitskonzepte bestehen. Die Gesetze sind sehr einheitlich und stringenter als in den USA. Die EU beispielsweise legt grossen Wert auf den Schutz der Privatsphäre. Dieser Aspekt ist sowohl bei den Konsumenten als auch bei den Unternehmen wichtig. In Europa war es deshalb einfacher, diese Themen zu adressieren. Europa ist in dieser Hinsicht den USA um drei bis vier Jahre voraus.

ITR: Weshalb hat sich PGP entschlossen, den Schweizer Markt zu attackieren?

Dunkelberger: Wir haben auch in der Vergangenheit starke Beziehungen zum Schweizer Markt gepflegt. Indem wir nun die Partnerschaft mit dem IT-Security-Unternehmen Infinigate eingegangen sind, haben wir einen Distributor gewählt, der bereits gut im Markt verankert ist und über ein breites, aber komplementäres Portfolio verfügt.

ITR: Wie sieht denn die Umsatzaufteilung im Channel aus? Wer macht wieviel?

Dunkelberger: Rund 80 Prozent des Umsatzes machen wir über traditionelle Value Added Reseller – ganz kleine und ganz grosse. Rund 10 Prozent erwirtschaften wir über die Total Solution Provider, also Firmen wie Cyphertrust oder Ironport, die uns in Kombination mit ihren Produkten über ihre Vertriebskanäle verkaufen. Dann gibt es noch die grossen Lizenzverkäufer, die Coporate-Lizenzen verkaufen – das macht abermals in etwa 10 Prozent aus.

ITR: Der Security-Markt ist hart umkämpft. Auf was soll sich ein Value Added Reseller konzentrieren, um erfolgreich zu sein?

Dunkelberger: Die Geschäftsmöglichkeiten für Firmen im Security-Umfeld sind nach wie vor riesig. Brutal ist es, wenn nur über den Preis verkauft wird oder es nur darum geht, einmal etwas bei einem Kunden zu implementieren. Um langfristig erfolgreich zu bleiben, wird es aber nicht um diese Faktoren gehen. Es gibt für einen VAR soviele Möglichkeiten im Security-Bereich, für einen Kunden ein Projekt abzuwickeln und danach weiter Dienstleistungen über den ganzen Lebenszyklus des Geschäftsbereiches eines Kunden anzubieten. Der VAR sollte sich also auf das Lösungsangebot spezialisieren. Eine weitere Empfehlung ist, sich nicht zu stark zu fragmentieren, Bereiche auszuwählen, in denen das Wissen vertieft werden soll.

ITR: In welchen Bereichen wird der Security-Markt Ihrer Meinung nach in Zukunft interessant?

Dunkelberger: Da muss man eigentlich nur die Geräte anschauen, auf denen Daten gespeichert werden können und auch wie sich die Speicherkapazitäten verändert haben. Weitere Stichworte sind USB-Sticks oder PDAs. In einigen Jahren werden die Leute hunderte Terrabytes an Daten mit sich herumtragen können. Es geht also auch um Sicherheit für Storage, Mobilität, RFID oder auch Datenbanken, die zunehmend über die Unternehmen verteilt werden.

ITR: PGP hat eine lange Geschichte und ist gemäss Ihren Aussagen zurzeit sehr erfolgreich – wann kommt ein Merger, der IPO oder eine Übernahme?

Dunkelberger: Aufgrund unseres Wachstums werden wir oft gefragt, was die Zukunft bringen wird. Die Zukunft ist aber schwierig abzuschätzen. Wir bauen diese Firma auf jeden Fall für eine lange Zukunft. Im nächsten Jahr werden wir viel in die Ausbildung unserer Mitarbeiter und unserer Reseller investieren. Wenn wir all diese Dinge richtig machen, werden wir nicht zu einem Übernahmeopfer werden.

ITR: Aber der Zeitpunkt wäre nicht schlecht für einen Börsengang.

Dunkelberger: Für einen IPO braucht es viel GAAP-Umsatz, die Prozesse müssen in Ordnung sein, man muss Sarbanes-Oxley-konform sein – das sind viele Hürden, die es vor fünf Jahren noch nicht gab.

ITR: Das sollte aber wirklich kein Problem sein.

Dunkelberger: Wir verfolgen zurzeit den Plan, Sarbanes-Oxley-konform zu werden. Unsere Lizenz-, Umsatz- und Support-Policies sind schon ausgearbeitet. Wir beginnen also damit, die Strukturen zu schaffen für ein börsenkotiertes Unternehmen. Aber wir haben die Firma nicht gegründet, um sie an jemand anderen weiterzugeben. Wenn eine kleine IT-Firma an eine grosse verkauft wird, verliert man Innovationskraft und die Leute, die für den Erfolg des Unternehmens verantwortlich waren. Wir wollen nicht verlieren, was uns erfolgreich gemacht hat. (map)


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