Bei allen TV-Herstellern sinken generell die Reparaturvolumen. Einerseits nimmt die Qualität der Produkte ständig zu, andererseits überschreiten Reparaturen aufgrund von Preiserosionen immer öfter die Herstellungskosten, und die Produkte werden nicht mehr repariert, sondern besser gleich entsorgt und ausgetauscht. Trotzdem müssen immer wieder auch hochkomplexe LCD- und Plasma-TVs repariert werden. Doch wer erledigt diese Arbeit, die früher dem Fernsehmechaniker oder dem TV-Händler oblag? Und lässt sich mit Reparaturservices überhaupt noch Geld verdienen?
Auslagerung zum Spezialisten
Um das Risiko bei sinkender Reparatur-Auslastung zu minimieren und Fixkosten tief zu halten, entscheiden sich die Hersteller heute vermehrt für ein Outsourcing zu unabhängigen Spezialisten an wenigen europäischen Standorten. Geräte selbst zu reparieren und womöglich an den Herstellungsort nach Taiwan, China oder Japan zu schicken, macht wenig Sinn. Der Transport der hochsensiblen Geräte ist schwierig und teuer. Besonders Plasma-Bildschirme würden einen unsachgemässen Transport nicht überstehen. Zudem wären aufgrund der langen Transportwege die Reparaturzeiten viel zu lang. Der Hersteller muss einen unkomplizierten und schnellen Reparaturdienst bereitstellen. Das geschieht entweder über ein grosses Servicecenter im Ausland, das aufgrund grosser Volumina sehr günstig arbeiten kann, oder über ein im Lande befindliches spezialisiertes Serviceunternehmen, das vielleicht etwas teurer, dafür näher am Kunden ist. Sony beispielsweise arbeitet mit der Firma Sertronics in Spreitenbach zusammen. Das regionale, autorisierte Reparaturzentrum verfüge über ein aktuelles Produkt-Know-how und garantiere eine effiziente Abwicklung, erklärt Marie-Francoise Ruesch, Manager Corporate Communications,
Sony. Auch
Samsung und Philips arbeiten mit Sertronics zusammen. «Auch nach der Garantie übernimmt Sertronics für uns die Reparaturarbeiten», sagt Raphael Wermuth, Corporate Communications bei
Philips.
John Lay Electronics, Generalimporteur für
Panasonic, vereint Reparaturservice, technische Schulung für den Fachhandel, Ersatzteillager und -verkauf unter eigenem Dach. «Händler mit eigenem Servicecenter nutzen unser Ausbildungsprogramm rege», sagt Gert Schröder, General Manager Corporate Communications bei John Lay. «Gewisse Reparaturen können sie so wie bis dato in ihren Serviceräumen oder vor Ort ausführen.» Reparaturen an Plasma-Geräten werden aber weitgehend durch John-Lay-Spezialisten erbracht, sagt Schröder.
Grosses Reparaturvolumen gefragt
Um Reparatur-Dienstleistung anbieten zu können, ist in jedem Fall ein gewisses Reparaturvolumen erforderlich. Deshalb untersagen immer mehr Hersteller ihren Händlern, Garantiereparaturen durchzuführen. «Garantiereparaturen dürfen unsere Händler nicht durchführen», sagt Daniel Trüb, Regional Service Coordinator Schweiz bei
Samsung. «Bei Reparaturen ausserhalb der Garantie können wir es weder verbieten noch kontrollieren.» Für kostenpflichtige Reparaturen werden Händler weder mit Ersatzteilen noch technischen Unterlagen von Samsung unterstützt. Die müssen sie über Drittfirmen beschaffen. «Es ist mir nicht bekannt, dass wir von einem Lieferanten nicht mit Ersatzteilen zu Flachbild-TVs beliefert werden», widerspricht Markus Wolf, Chef der CE-Fachgeschäfte W. Albrecht und
A. Windlin. «Wir erhalten immer wieder Einladungen von verschiedenen Lieferanten, an Technikerseminaren teilzunehmen, um diese Geräte selber reparieren zu können, und haben auch schon davon Gebrauch gemacht.» Der Unterschied zu Reparaturen von CRT-TVs liege jedoch darin, dass nicht mehr das defekte Teil, sondern nur noch die defekte Stufe bzw. das Modul repariert wird. Es müssen also ganze Module ersetzt werden, was die Reparaturkosten in die Höhe treibt. «Lieferanten, die ihre Reparaturen an Drittfirmen outsourcen, sind natürlich nicht daran interessiert, dass die Fachhändler selbst die Reparaturen ausführen können», sagt Wolf.
Jedes Center kostet
Jedes zusätzliche Servicecenter bringt für den Hersteller zusätzliche Kosten für die Betreuung, Reporting, Kontrolle, Abrechnung, Auditierung, Know-how-Transfer. Die meisten Hersteller trauen ihren Händlern zudem nicht zu, die neuen Geräte selbst zu reparieren. «Garantiereparaturen müssen zwingend von einer autorisierten Pioneer-Werkstatt ausgeführt werden, da bei unsachgemässer Reparatur die Garantie verfällt», sagt Rosmarie Saner, Marketingchefin von
Sacom, der Schweizer Generalvertretung für
Pioneer und
Sanyo. «Kleinere Reparaturen ausserhalb der Garantiezeit, wie der Wechsel eines Netzteils, machen einzelne Händler noch selber.» Sacom ist von Pioneer autorisiert, sämtliche Reparaturen durchzuführen. Das passiert in der eigenen Service-Abteilung SAM Service & More im Hause Sacom. «Während der Garantiezeit erlauben einige Hersteller den Händlern, die Reparatur auszuführen, setzen aber voraus, dass der Händler sein Personal vorgängig schult und ein Ersatzteillager für die von ihm reparierten Geräte führt», erklärt Eric Hubacher, Geschäftsführer von Esag, dem offiziellen Servicecenter für die Marken Eizo,
Epson,
IBM, Teklogix, Samsung und Chippc. «Garantiereparaturen dürfen nur geschulte, autorisierte Partner durchführen», sagt auch Trüb von
Samsung. «Nur so kann vermieden werden, dass selbsternannte "Spezialisten" unsaubere Reparaturen durchführen und somit unseren Ruf schädigen.» Der Aufwand für die Schulungen, die meistens im Ausland stattfinden, sei aber so gross, dass er sich meist nicht kostendeckend auf vereinzelte Reparaturen umlegen lasse. «Praktisch alle Hersteller schränken zudem die Erlaubnis für die Reparatur auf die Geräte ein, die der Händler selbst verkauft hat», so Hubacher. So sollen Konkurrenzsituationen sowie Abwerbungen im Händlernetz vermieden werden. Das bringt aber mit sich, dass das Volumen nochmals begrenzt wird. «Unsere autorisierten Händler dürfen kleine, kosmetische Reparaturen wie den Ersatz von Kleinteilen am Gehäuse und Ersatz von Leiterplatten im Rahmen ihrer Kompetenzen ausführen», sagt Ruesch von
Sony.
Nicht nur die einfachen
Erledigt ein Händler Garantiereparaturen selbst, dann muss er normalerweise alle Garantiereparaturen erbringen. «Nur die einfachen Reparaturen selbst zu machen und die komplexen an das Servicecenter zu senden, das geht nicht, da dann das Servicecenter mit der Ausführung nur komplexer Reparaturen Geld verlieren und sich wehren würde», erklärt Hubacher von Esag. Der Hersteller könnte zudem die Kosten nicht reduzieren, sie würden sich tendenziell sogar eher erhöhen, da die Betreuungskosten für mehrere Servicestellen gesamthaft höher sind. Ein Reparaturcenter erhält während der Garantiezeit eine einheitliche Reparaturpauschale pro repariertes Gerät. Unabhängig vom Reparaturaufwand. Diese Pauschale ist ein Kostenmix aus einfachen und komplexen Reparaturen. «Vereinfacht gesagt deckt die Reparaturpauschale die Kosten einfacher Reparaturen gut, komplexe Reparaturen jedoch sind normalerweise nicht kostendeckend», so Hubacher. «Grundsätzlich soll die Reparatur möglichst nah beim Kunden erfolgen. Es kommt immer auch auf die Art der Reparatur an, die ein entsprechendes Know-how erfordert», sagt Ruesch von
Sony. Je nach Reparaturart und Kompetenz des Händlers ergibt sich also der passende Reparaturort, damit der Kunde den optimalsten Service erhält. «Unsere Kunden konzentrieren sich auf ihre Kernkompetenzen, den Rest lassen sie besser und günstiger vom Spezialisten erledigen», fügt Saner von
Sacom an.
Reparieren, nein danke
Es gibt inzwischen viele Händler, die gar nicht selbst reparieren wollen: «Wir reparieren nicht selbst, alles geht über die Hersteller», sagt Christoph Klein von C&I Comtec, Arlesheim. «Mit Reparaturen hat man nur Ärger, mit den Kunden oder den Herstellern, und es bringt kaum Geld», fügt ein nicht genannt werden wollender Händler an. Diesen Trend bestätigt auch Saner: «Wir schätzen, dass 70 bis 80 Prozent unserer Kunden keine Reparaturen mehr ausführen und auch keine Techniker im Team beschäftigen.» Da die Geräte so komplex sind und jedes Jahr neue Modelle in den Handel kommen, hat der Händler kaum Zeit, sich die nötige Fachkompetenz immer wieder neu anzueignen. Er wendet sich gern an den Spezialisten und konzentriert sich aufs Verkaufen und Installieren. Die meisten Plasma-TVs kommen zurück zu
Sacom. «Die Kernkompetenz des Händlers liegt in der Beratung und im Verkauf von UE-Geräten. Mit unserem Reparatursystem haben wir bisher sehr gute Erfahrungen gemacht», ergänzt Wermuth von
Philips.
Und wie ist es nach der Garantie?
Die vorher genannten Regelungen gelten natürlich immer nur für Reparaturen, die innerhalb der Garantiezeit eines Gerätes geleistet werden. Ausserhalb der Garantiezeit kann der Händler grundsätzlich machen, was er will, und selbst Reparaturen vornehmen. Esag beispielsweise betreibt in Wädenswil ein Ersatzteillager im Wert von über einer Million Franken. «Wir beliefern die Händler gerne mit Ersatzteilen», sagt Hubacher. Esag macht mit der Mehrzahl der Schweizer IT-Händler Geschäfte und erledigt für diese viele Reparaturen an LCD- und Plasmabildschirmen der Marken
Eizo,
NEC und
Samsung. Der Anteil an TV-Reparaturen sei momentan noch klein, sagt Hubacher, die dahinter stehenden Techniken und Problematiken seien aber weitgehend die gleichen.
Kundenbindung durch Service
Im Bereich von Geräten unter 1000 Franken erhält Hubacher keine Anfragen für das Erbringen von Serviceleistungen. Anders sähe es bei den teureren Geräten aus, wo immer wieder Abklärungen und Testläufe gemacht werden müssen. «Bis jetzt sind alle Aufträge nach einer Weile zu uns zurückgekommen. Früher hatten wir kostenpflichtige Reparaturkurse für Händler angeboten, mussten diese aber mangels Interesse wieder einstellen.» Diverse Händler verkaufen aber die Leistungen von Esag als Garantieverlängerungen und erweiterte Wartungsverträge an ihre Kunden. Ein umfassender Service ist für den Händler ein ganz gewichtiger Faktor der Kundenbindung und wahrscheinlich auch der primäre Antrieb, Reparaturen direkt und vor Ort vorzunehmen. «Ein Händler, der die vollen Kosten und Arbeitszeit einkalkuliert, kommt mit den Garantiepauschalen für vereinzelte Reparaturen vermutlich nicht auf die Gewinnspur», sagt Hubacher. Ersatzteile sind im Verhältnis zum Neugerät eher teuer, da Verpackungs-, Transport-, Administrations- und Lagerkosten auf den Einstandspreis kalkuliert werden müssen und an den Service-Partner weitergegeben werden. Dazu sagt Daniel Trüb von
Samsung abschliessend: «Wenn hier der Service-Partner und der Händler ebenfalls noch eine Marge draufschlagen, werden Ersatzteile so teuer, dass eine zahlungspflichtige Reparatur schnell einmal uninteressant wird.» (sk)