Heiter - so oder ähnlich könnte man die derzeit herrschende Stimmung in der IT-Branche bezeichnen. Die Auftragslage ist hervorragend, zumindest im Dienstleistungsgeschäft. Dieser Bereich allerdings muss nun mit den Versäumnissen der Vergangenheit leben: Man hat es in weiten Teilen verpasst, genügend Spezialisten «nachzuzüchten».
Was hat man in der Vergangenheit nicht schon alles für «Anstrengungen» unternommen, die Position der IT-Industrie zu stärken?! Hier ein Grüppchen im Ständerat, da eine Seilschaft im Nationalrat, Initiativen einzelner Anbieter zusammen mit Verbänden und Politikern; allesamt haben sich die auf «Aktionitis» ausgelegten Programme mit wohlklingenden Namen zur Stärkung als heisse Luft entpuppt, als Ideen, bei denen höchstens der Wunsch der Vater des Gedankens war, mehr aber auch nicht.
Den geregelten Fortbestand der Branche zu sichern hat man aber leider verpasst. Kaum ein Bildungsthema wird so stiefmütterlich behandelt wie die Informatikerausbildung. Lieber jagt man sich gegenseitig die Spezialisten ab und zahlt den Headhuntern dafür horrende Summen. Die Branche hat im besten Fall eine neue Art von Nomaden hervorgebracht, und zwar sowohl auf Verkäufer- als auch auf Ingenieursseite.
Einverstanden, es haben einige Unternehmen damit begonnen, die Lehrlingsausbildung und die Mitarbeiterpflege wieder ernster zu nehmen. Aber seien wir ehrlich: Wer weiss schon, ob uns nicht längst die Rezession überrollt hat, bis diese Massnahmen greifen. Es liegt wohl in der Natur der Sache: Wenn es schlecht läuft, gibt es keinen Grund und kein Geld für Nachwuchsförderung. Und wenn es gut läuft, hat man sowieso alle Hände voll zu tun und macht nur, was Geld einbringt. Zu dumm, so hat man immer entweder zu viel oder zu wenig Personal, aber nie so viel, wie man wirklich braucht. Bleibt zu hoffen, dass das eben angelaufene «Jahr der Informatik» sich nicht auf Selbstmittleid und gegenseitiges Schulterklopfen beschränkt. (Markus Haefliger, Chefredaktor)