Man kann sich mit Robert «Röbi» Weiss über sehr vieles unterhalten, doch am liebsten spricht er schon über Informationstechnologien, deren Geschichte, Einsatzmöglichkeiten und auch über die Herausforderungen der IT-Branche im allgemeinen.
«Wotsch e chli iPhönle?», sagt Weiss gleich zu Beginn des Gesprächs, das (wie könnte es anders sein) während eines Essens stattfindet. Er legt sein Apple-Telefon, das er letzten Sommer in den USA gekauft und selbstverständlich selbst «geknackt» hat, auf den Tisch und zeigt begeistert und mit überraschender Fingerfertigkeit ein paar Funktionen, zieht Bilder auf und zu, bewegt sie von der Horizontalen in die Vertikale, erklärt dazu die Funktionsweise der eingebauten Sensoren und lässt Kurzfilme anlaufen. Dabei funkeln seine Augen wie die eines kleinen, von einem neuen Spielzeug faszinierten Kindes.
Faszination Gadget
Keine Ahnung, wie viele Mobiltelefone und Taschencomputer Weiss in der Vergangenheit aus seinen Jackentaschen bereits hervorzauberte. Es waren sehr viele, und es waren auf jeden Fall immer die allerneuesten und ganz sicher immer mehrere auf einmal. «Mich interessiert vor allem die Vergangenheit und die Zukunft der IT-Anwendungen», sagt Weiss, und meint damit vor allem die Dinge, die man mit Händen greifen oder in Händen halten kann. Denn der heute 60-Jährige, der als studierter Chemiker in den 70er Jahren bei der früheren Alusuisse zunächst mit einem Team für angewandte Mathematik sämtliche Computeraktivitäten verantwortete und später als Leiter Operation Research Optimierungsmodelle entwickelte und eines der ersten Management-Information-Systeme programmierte, sammelt seit Jahrzehnten Handware aller Art. Sein Computermuseum, mit dem er zuweilen an Messen und Kundenveranstaltungen auf Wanderschaft geht, ist entsprechend voll mit allen möglichen Spezialschaltungen, Leiterplatten, Prozessoren, Taschenrechnern, PCs und Monitoren und allen denkbaren und undenkbaren Teilen, die, von der Öffentlichkeit bemerkt oder im Innern der Maschinen unbemerkt Geschichte geschrieben haben oder als Eintagsfliegen heute nur noch Leuten wie Robert Weiss ein Begriff sind.
Hobby als Beruf
Doch wie kam Weiss als Chemiker eigentlich zur IT? «Elektronik war neben Sport schon sehr früh eins meiner grossen Hobbys», sagt er, «und als Student habe ich in den Ferien zum Beispiel bei Faselec in Zürich gearbeitet.» Damals begann Weiss denn auch, sein heute immenses Computermuseum aufzubauen, denn es kam schon ab und zu vor, dass der junge Mann in den späten 60er Jahren das eine oder andere Stück aus der Produktion der Philips-Tochter hat mitlaufen lassen.
Jahre später, es war 1983, organisierte er auf der ersten «Swissdata»-Messe in Basel eine Sonderschau unter dem Namen «Kleincomputer, mein Computer» und gehörte spätestens nach der zweiten Durchführung dieses Konzepts an der Muba 1984 zu den Glücklichen, die, dank ihrer Begeisterung für die Computertechnik und nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, zur rechten Zeit am richtigen Ort gewesen zu sein, von den goldenen Zeiten der IT-Industrie profitierten und sich ein schönes Stück vom lange Jahre sehr einträglichen Schweizer Messekuchen abschneiden konnten.
Bekannt aus Funk und Fernsehen
Doch Weiss hat noch sehr viel mehr gemacht als das. Er ist in diversten Branchenvereinen tätig, moderiert regelmässig Kundenanlässe für IT-Unternehmen, schreibt für diverse Zeitungen und Zeitschriften und ist oft am Radio zu hören oder am Fernsehen zu sehen, wenn es um das Thema Computer geht. Anfang der 80er Jahre hatte er seinen ersten Fernsehauftritt in der Sendung «Karussell» des Schweizer Fernsehens anlässlich der Swissdata. 1984 führte er sein erstes Computer-Camp durch, in dem er 50 Kindern den Comodore-64-Heimcomputer näher brachte und von dem aus das Fernsehen täglich mit Live-Sendungen berichtete. Auch hatte Weiss ein Jahr lang eine eigene Fernsehsendung zusammen mit der ebenfalls unverwüstlichen Ursi Spaltenstein. «Mittlerweile habe ich ca. in 500 Fernsehsendungen mitgewirkt. Es gibt kaum ein Gefäss ausser dem Wort zum Sonntag in dem ich noch nicht aufgetreten bin», schmunzelt er.
Zu seiner Haupttätigkeit gehört aber seit 19 Jahren die Herausgabe des jährlich erscheinenden «Weissbuch», eine minutiöse, mittlerweile über 250 Seiten umfassende Auflistung von IT-Hardware in der Schweiz, das offenbar auch heute immer noch nachgefragt wird. «Marktforscher wie IDC haben das Schweizer Geschäft nicht im Griff», sagt Weiss, «denn sie sind von London aus nicht in der Lage, die Verkäufe von lokalen Assemblierern zu untersuchen, wenn sie schon nicht in der Lage sind, Consumer- und Business-IT bei den A-Brands zahlenmässig richtig aufzusplitten.»
Weiss führt aber nicht nur ein abwechslungs- sondern auch ein genussreiches Leben: Seit Jahren leistet er sich in der Zürcher Innenstadt einen Weinkeller, in dem er sich gerne mit Freunden trifft. Und als leidenschaftlicher Koch verwöhnt er des öfteren Familie und Freunde mit kulinarischen Leckereien. Selbstverständlich gehört danach dazu eine gute Zigarre.
Robert Weiss
Robert Weiss ist 1947 in Zürich geboren und aufgewachsen. Er absolvierte eine Lehre als Chemielaborant an der ETH Zürich und studierte anschliessend Chemie an der Fachhochschule Winterthur. Danach arbeitete er zehn Jahre als Chemiker und Computerspezialist bei Alusuisse (heute Alcan), davon war er sieben Jahre forschend tätig. Er leitete eine Gruppe, die sich mit angewandter Mathematik um alle Computeraktivitäten innerhalb der Forschung von Alusuisse kümmerte.
1980 machte er sich als Programmierer selbständig, unter anderem baute er Systeme für Frequenz-Messungen und für den Seelisberg-Autobahntunnel. Seit 1989 betätigt er sich mit der Herausgabe des «Weissbuch» als Marktforscher für die Schweizer IT-Branche. Überdies ist er als Berater, Moderator, Computerexperte für Medien, Seminar- und Ausstellungsorganisator, Betreiber des Computermuseums und Buchautor und Journalist bekannt und Mitglied in verschiedenen IT-Fachgremien.
Weiss ist seit 38 Jahren glücklich verheiratet, lebt mit seiner Frau in Männedorf ZH und hat zwei erwachsene Kinder. Er war lange Jahre Handball-Spieler (Nat. A und B). Heute spielt er Tennis, fährt Ski, pflegt einen auserlesenen Weinkeller, kocht gern und isst noch lieber.(Markus Häfliger)