Microsoft verspielt den Vorsprung

Microsoft hat abseits von Nordamerika grosse Probleme, die Xbox 360 zu verkaufen. Die Spielkonsole ist zu sehr auf Hardcore-Gamer ausgerichtet.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2008/03

     

Microsofts Probleme mit der Spielkonsole Xbox 360 nehmen kein Ende. Neben Qualitätsproblemen mit der Hardware (Garantie-Abschreiber von einer Milliarde Dollar im Sommer 2007) läuft das Europageschäft schwach. Der Vorsprung von 15 Monaten auf Sony und die Playstation 3 (PS3) schwindet in rasendem Tempo. In Frankreich, Deutschland, Spanien und Italien ist Konkurrent Sony bereits im Januar vorbeigezogen, wie SCEE (Sony Computer Entertainment Europe)-Präsident und CEO David Reeves gegenüber dem Branchenmagazin «MCV» erklärte. Reeves erwartet die PS3 ab diesem Sommer in Grossbritannien und Europa vor der Xbox 360.

Verkauf läuft seit langem schlecht

Auch kleinere Länder wie die Schweiz sind zwei Jahre nach Start der Xbox 360 bereits wieder Sony-Gebiet. Der wiederauferstandene Dominator Nintendo spielt mit der Heimkonsole Wii ausser Konkurrenz (und dank der Familien- und Massenmarkt-Strategie in einer eigenen Liga). «Dass die Xbox 360 schlecht läuft, ist kein Geheimnis», sagt auch der Chefeinkäufer von Media Markt Beny Hochspach. Seit Oktober 2007 verkauft sich jede andere Konsole besser, sogar die veraltete Playstation 2. «Nach dem Hype um den Spielhit Halo-3 im September sei nichts mehr gekommen. Sie hat sich Ende 2007 derart schlecht verkauft, wie es sich Microsoft auf Dauer nicht erlauben kann, wenn sie die Konsole fortführen wollen.»

Strategie zielt am Markt vorbei

Trotz der mächtigen Budgets für Marketing und aggressiver Werbung gewinnt Microsoft seit dem Start der Playstation 3 keinen Blumentopf mehr. Die europäischen Verkaufszahlen zeigen einen klaren Trend seit März 2007: Der Abstand zwischen Xbox 360 und PS3 verkleinert sich. Laut Hochspach sind auch die Marketing-Verantwortlichen in der Schweiz zurückhaltend. «Die Strategie ist zu sehr auf Nordamerika ausgerichtet. Microsoft macht einen schäbigen Job für Europa; die Verantwortlichen hier sind sich dessen bewusst; sie wissen, dass ihre Munition nicht scharf ist.» Hochspach sagt, dass jetzt eine Marketing-Gruppe das Problem anpacke.
In Nordamerika hingegen läuft es besser. Die Verkaufszahlen zeigen einen klaren Trend, dass sich der Abstand zur PS3 vergrössert. Sony hat es dort seinerseits schwer, den Trend umzukehren. In Japan teilen sich die einheimischen Unternehmen Sony und Nintendo den Marktanteil. Microsoft ist dort kaum existent: Die PS3 hat die japanischen Xbox360-Gesamtverkäufe bereits in ihren ersten Verkaufswochen übertroffen, Nintendo mit Wii sogar pulverisiert.

IT Reseller kommentiert

Bevor die Xbox-360-Fahnen bei Spielentwicklern komplett eingezogen werden (eher früher als später wird es dazu kommen), müssen die Redmonder die eigene Software-Strategie hinterfragen. Wieso bringt man es nicht fertig, ein Spiel-Lineup nach lokalem Geschmack zu kreieren, sprich: Rennspiele für Europa und Rollenspiele für Japan? Die Auswahl ist qualitativ sehr gut, aber zu klein, um das Schicksal der ersten Xbox abzuwenden, die dasselbe Problem von 2001 bis 2005 teilte. (Marco Rohner)


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