Die Welt von Open-Systems-CEO Martin Bosshardt liegt am Fusse des zürcherischen Uetlibergs, im ehemaligen Industriequartier Binz. Da, wo mittlerweile vornehmlich Dienstleistungs-Unternehmen arbeiten, liegt auch das Hauptquartier des Managed-Security-Dienstleisters Open Systems in einem auf den ersten Blick unspektakulären Betonbau. Die Büros von Open Systems selbst liegen hinter einer milchig-glasigen Eingangstür, die sich für die 40 Mitarbeiter per Iris-Scan öffnen lässt. Martin Bosshardt leitet die Geschicke des Unternehmens seit dem Platzen der IT-Blase, also seit sechs Jahren, als CEO.
«Ich war immer fasziniert von Technik, ausserdem wollte ich in einem Bereich arbeiten, in dem ich nicht geografisch gebunden bin», sagt er zu seiner Studienwahl. Noch während seinem Studium sollte sich diese strategische Überlegung auszahlen, als ihn der japanische Telekommunikationsanbieter KDD im Rahmen eines Praktikums für eine Forschungsarbeit engagierte. Die Arbeit sei spannend gewesen, auch kulturell, und trotz fehlender Japanisch-Kenntnisse seien ihm erstaunlich viele Türen offengestanden.
An den anderen Enden der Welt
Sein Diplom als Elektroingenieur schloss er an der renommierten University of Tokyo ab. Kurz darauf kam er für die ABB in die Schweiz, wo er aber nur sporadisch verweilen sollte: «Ich war als IC-Lead-Ingenieur zuständig für die Inbetriebnahme von Kontrollsystemen in Gas-Kombi-Kraftwerken und vorallem in Malaysia und Indonesien tätig», erzählt er. Dabei hatte er ein Schlüsselerlebnis, das ihn noch bis heute fasziniert: «Messungen aus Asien mailten wir in die Schweiz, dort berechneten Spezialisten verbesserte Reglereinstellungen und mailten uns die Anweisungen zurück um die Welt. So konnten wir die Leistung eines 1-Gigawatt-Kraftwerkes jeweils pro Durchgang um einige Megawatt steigern», erzählt er mit leuchtenden Augen. Aus der Schweiz heraus die Effizienz von Geräten am anderen Ende der Welt steigern zu können, das fasziniert ihn bis heute.
Nach über drei Jahren bei ABB wurde Bosshardt von der Internet-Agentur Futurecom als Head of Consulting in die Geschäftsleitung berufen, womit er wieder hauptsächlich in der Schweiz tätig war: Es war denn auch die Tätigkeit bei Futurecom, die Bosshardt mit Open Systems zusammenbrachte. Die 1991 von Florian Gutzwiller gegründete Open Systems verfügte mit «Mission Control» über eine neuartige, standardisierte Perimeterschutz-Lösung. Gutzwiller, heute Verwaltungsratspräsident, zog sich 2002 aus dem operativen Geschäft zurück und suchte nach einem Nachfolger. «Wir hatten die aussergewöhnliche Möglichkeit, im Rahmen eines Sabbaticals während einem ganzen Monat die Zukunft von Open Systems zwischen Kite-Schirmen und Surfboards in Maui in allen Details zu besprechen. Als ich bei Open Systems startete, kannte ich also die Stärken des Unternehmens schon sehr gut.»
Manche Aufträge sind chancenlos
Der Reiz bei Open Systems liegt für Bosshardt primär in der Nähe zur Technik und seinem Metier, der Ingenieurskunst. Open Systems betreibt heute von Zürich aus in über 90 Ländern mehr als 1000 standardisierte Sicherheitsinstallationen - rund um die Uhr. Im Mission-Control-Center, das aussieht wie die berühmte Einsatzzentrale der Nasa, überwachen Techniker sämtliche Anlagen. An der Wand hängen sechs Weltzeituhren, auf einem Monitor flimmert
Google Earth. «Das hilft uns, bewusst zu halten, dass unser Auftrag auch physisch durchaus in realen Umgebungen erbracht wird», erklärt Bosshardt. In Bälde soll ein weiterer Raum in Zürich eröffnet werden, ein zusätzlicher in Australien. «Das bringt uns diverse Vorteile. Besseres Zeitzonenhandling, ein verbessertes Client Management rund um die Uhr, noch zufriedenere Mitarbeiter sowie weniger Nachtarbeit und somit eine deutliche Kostenreduktion im Betrieb.»
Zu den Kunden gehören global tätige Konzerne, internationale Organisationen wie Terre des Hommes, Medienunternehmen wie der Spiegel oder Stellen des Bundes, wie die nationale Alarmzentrale des Departements für Bevölkerungsschutz. Manche Aufträge kommen für Bosshardt hingegen erst gar nicht in Betracht: Geheimdienste zum Beispiel: «Der Schutz von Kunden wirft immer auch die Frage auf, wen man eigentlich vor wem schützt.»
Die Frage nach Integrität, Vertrauenswürdigkeit und Unabhängigkeit beschäftigt Bosshardt denn auch privat: «In solchen Fragen lässt sich Arbeit und Freizeit unmöglich trennen. Integrität, Sicherheit und Freiheit stehen in einem komplexen Spannungsverhältnis zueinander. Das ist im Privaten, in der Familie, im Beruflichen oder als Teil eines Staates letztendlich immer das Gleiche», meint Bosshardt und verweist auf sein Hobby. Manchmal baut er in seiner Freizeit an Drohnen, unbemannten Flugobjekten, ausgerüstet mit Videokameras und GPS. Ein typisches Ingenieurhobby, bei dem die Freude an der Technik im Mittelpunkt steht. In den USA müssen solche Geräte aus Gründen der Terrorangst registriert werden. Durchaus verständlich, findet Bosshardt. Auch E-Mails können für gefährliche Zwecke genutzt werden. «Nur diskutieren wir jetzt Pressefreiheit, Postgeheimnis und demokratische Grundrechte. Werte, die aktuell rasend schnell durch einen Überwachungs-Trend bedroht werden.» Bosshardt ist aber zuversichtlich für seine Branche am Standort Schweiz. «Denn in den letzten 700 Jahren wurden ähnliche Probleme immer wieder sehr gut gelöst. Schliesslich stellt das Zeitalter unserer Branche keine neuen Fragen, sondern lediglich die alten in neuer Form.»
Martin Bosshardt
Martin Bosshardt ist 1968 in Wädenswil zur Welt gekommen. Noch während seinem Ingenieursstudium an der ETH Zürich reiste er nach Japan, um für den grössten Telekommunikationsanbieter des Landes zu arbeiten. Seine weiteren Stationen waren ABB und Futurecom. Seit sechs Jahren führt er als CEO das auf Perimeterschutz spezialisierte Unternehmen Open Systems. Bosshardt bezeichnet Open Systems als Industrialisierer im Perimeterschutz. Kaum ein anderer Anbieter weltweit hat dermassen standardisierte Ausrüstung und Konzepte im Angebot. Bosshardt lebt mit seinen beiden Söhnen und seiner Frau in Zürich. (Claudio De Boni)